Wissenschaft und Forschung sind der Schlüssel, um kreative und innovative Lösungsansätze für globale Herausforderungen zu entwickeln und die Ziele der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung zu erreichen. Für den wissenschaftliche Fortschritt ist es dabei unverzichtbar, dass das Potenzial aller genutzt wird. Trotz Fortschritten in den vergangenen Jahren bleiben Frauen insbesondere in Wissenschaft und Forschung oftmals außen vor: Laut UNESCO-Statistiken (UNESCO, 2019) sind weltweit nur 30% der Wissenschaftler*innen Frauen - in einkommensschwachen Ländern ist der Anteil oftmals noch geringer.
Wissenschaftlerinnen sind nicht nur wichtige Impulsgeberinnen für gesellschaftliche Weiterentwicklung. Sie nehmen auch eine Vorbildfunktion ein: Sie inspirieren Mädchen und junge Frauen, die Welt der Forschung für sich zu entdecken, und stärken somit den wissenschaftlichen Nachwuchs und die Fach- und Führungskräfte von morgen. Damit diese in ihrer wissenschaftlichen Karriere gleiche Chancen erhalten wie ihre männlichen Peers, braucht es in den Hochschulen entsprechend inklusive Strukturen.
Hier setzt auch das vom Projekt „Gleichstellung, Führung und Empowerment International" zwischen Universität Konstanz und der Wirtschaftsuniversität KNEU in Kiew an, das seit 2020 vom BMZ im Rahmen des DAAD-Programms „DIES-Partnerschaften mit Hochschulen in Entwicklungsländern“ gefördert wird. Denn obwohl die Ukraine im europäischen Vergleich bis 2022 eine der höchsten Frauenquoten in der Wissenschaft in Europa aufwies (45%), besteht der Bedarf einer Integration der Themen Geschlechtergerechtigkeit und Gender Mainstreaming an der Hochschule ebenso wie in der Wissenschaft, auch im Hinblick auf Professionalisierung und Modernisierung des Managements.
Ziel des Projekts ist die Schaffung von Gleichstellungstrukturen, die Sensibilisierung der Führungsebene, Förderung von Wissenschaftlerinnen für Führungspositionen und die Weiterbildung des Personals in der Hochschulverwaltung. Damit sollen Grundlagen für die Erfüllung europäischer Standards zu Gleichstellung und Antidiskriminierung gelegt werden. Trotz der durch den Krieg erschwerten Umstände und tiefen Einschnitte konnten viele Maßnahmen erfolgreich umgesetzt werden: digitale Trainings, individuelle Aufenthalte der Kiewer Verantwortlichen in Konstanz und auch ein Projektreffen in Warschau wurden realisiert. Auch das Hochschulmanagement wurde zum Beispiel durch die Konzeption eines Gleichstellungsplans und die Einrichtung eines Gleichstellungsbüros gestärkt.
Der größte Erfolg ist allerdings die Einsetzung einer weiblichen Dekanin an der KNEU. Diese ergänzt die in 2021 eingeführte Beraterin für Gleichstellung, Diversität und Inklusion und eine Expertin für Kriminalrecht mit Schwerpunkt Gewalt an Frauen. Alle drei stärken die Kontrollfunktion bei etwa Berufungsverfahren und achten darauf, dass der Anteil der Professorinnen sowie auch der Anteil von Frauen in Entscheidungspositionen ansteigt und geschlechtergerechte Strukturen in den Hochschulgremien vorangetrieben werden.
Mit dem Abbau diskriminierender Strukturen, der Stärkung gleichberechtigter Hochschulzugänge sowie der Förderung gleichberechtigter Repräsentanz und Einflussmöglichkeiten stärkt das Projekt die drei zentralen Bereiche feministischer Entwicklungspolitik. Diese gewinnt in Krisenkontexten wie der Ukraine an Relevanz, wo der kriegsbedingte Exodus von Millionen Ukrainerinnen und die allgemeine Mobilisierung noch unabsehbare Folgen für die Hochschullandschaft und die Gleichstellung von Wissenschaftlerinnen hat.