Ein Projekt, das Frauen mutig machen soll
Voneinander lernen: Wie das DAAD-Projekt Women and diversity within Islamic contexts die Perspektiven muslimischer Frauen in mehreren Ländern untersucht.
Vorurteile gegen den Islam und insbesondere gegen muslimische Frauen seien weltweit verbreitet, sagt Dr. Saba Al-Kaseasbeh von der Technischen Universität Tafila (TTU) in Jordanien. Sie selbst habe während ihres Promotionsstudiums in den USA erlebt, „wie schwer es dort ist, als Trägerin eines Hijabs Kontakte zu knüpfen“. Die Mathematikerin arbeitet in dem Projekt Women and Diversity within Islamic Contexts (Frauen und Vielfalt in islamischen Kontexten) mit Lehrenden der Frankfurt University of Applied Sciences (UAS), der Nationalen Universität Malaysia (UKM) in Bangi und der Ibnou Zohr Universität (UIZ) in Agadir, Marokko, zusammen. Im Mittelpunkt stehen die vielfältigen Erfahrungen muslimischer Frauen in unterschiedlichen Lebensbereichen – von Kultur und Religion über Beruf und Familie bis zur Konfrontation mit Gewalt und Krisen. „Ich hoffe, dass das Projekt dazu beiträgt, Frauen mehr Mut zu machen“, sagt Saba Al-Kaseasbeh. Besonders im ländlichen Süden Jordaniens, wo die TTU angesiedelt ist, hätten viele Frauen nur ein geringes Selbstbewusstsein.
Mays Abusal, die an der TTU „Intelligent Systems Engineering“ studiert, freut sich schon auf die abschließende Summer School des Projekts im Juli 2024, an der sie zusammen mit je vier bis sechs Studierenden von jeder Hochschule teilnehmen wird: „Durch das Projekt kann ich Menschen aus anderen Ländern und Kulturen kennenlernen, ohne für längere Zeit ins Ausland zu gehen.“ Die Winter School in Agadir im Dezember 2023, bei der unter anderem Familienrecht ein Thema war, fand Mays Abusal hochinteressant: „Die Unterschiede zwischen den Ländern haben mich überrascht. Zum Beispiel dürfen Männer in Marokko nur mit einer Frau verheiratet sein, in Jordanien mit bis zu vier Frauen.“
Fatima Kamboua, Studentin im Masterprogramm „Psychosoziale Beratung und Recht“ an der Frankfurt UAS, war bei den Präsenztreffen des Projekts in Frankfurt 2023 und Bangi 2024 dabei. „Für mich war es prägend, die diversen Ansichten in einem multidisziplinären Austausch kennenzulernen, in diesem Kontext starken feministischen Frauen zu begegnen und gemeinsam patriarchalische Strukturen zu hinterfragen und zu reflektieren“, sagt Kamboua. „Diese Vielfalt an Zugängen und diese Authentizität hätte ich aus akademischen Kontexten niemals erfahren können, da es hierfür enorm wichtig ist, die Länder zu besuchen und sich die gesellschaftlichen Systeme vor Ort anzuschauen.“
Das Projekt wird durch das DAAD-Programm Hochschuldialog mit der islamischen Welt gefördert. Angestoßen hat es Chaitali Das, Professorin für transnationale und internationale Soziale Arbeit an der Frankfurt UAS. „Wir wollten unsere Ressourcen nutzen, um unsere Partner im Globalen Süden auch miteinander ins Gespräch zu bringen und gemeinsam herauszufinden, wie wir alle voneinander lernen können“, sagt sie. Die Beteiligten entwickeln unter anderem gemeinsam Lehrmaterial zu Frauenthemen. „Die Studierenden sind sehr stark involviert und bringen viele eigene Ideen ein, etwa bei der Produktion von Lehrvideos“, sagt Chaitali Das. Den Partnerhochschulen der Frankfurt UAS hilft das Projekt dabei, ihre strategischen Internationalisierungsziele zu erreichen. „Wir können uns dadurch weiterentwickeln und über den Tellerrand schauen“, sagt Dr. Nazirah Hassan, Dozentin für Soziale Arbeit an der UKM in Malaysia.
Die Projektpartner wollen ihr Netzwerk künftig um Hochschulen in weiteren islamischen Ländern erweitern. Eingebunden sind schon jetzt auch außeruniversitäre Organisationen, die sich für Frauen einsetzen: An den Präsenztreffen und Summer Schools sind jeweils Nichtregierungsorganisationen (NGOs) aus allen vier Ländern beteiligt. Die Bachelorstudentin Aqilah Fairuz von der Nationalen Universität Malaysia sieht darin auch einen praktischen Nutzen. „Ich habe einerseits neue Konzepte und Perspektiven kennengelernt, andererseits Initiativen und NGOs, die ich vorher nicht kannte und die mir später in meinem Beruf als Sozialarbeiterin nützen können.“ Vor allem aber habe das Projekt ihr ermöglicht, die Rollen muslimischer Frauen und ihre Probleme in verschiedenen Ländern besser zu verstehen.
Miriam Hoffmeyer (11. Juni 2024)