Spanien: Bildung und Wissenschaft

Studierende am Rednerpult ihrer Dozentin.

Inhalt 

DAAD-Regionalinformationen
Hochschulsystem
Studiengänge
Hochschulzugang
Bildungsausgaben
Personal
Studiengebühren
Hochschulrankings
Forschungsausgaben
Forschungsstandort
Perspektiven
Individuelle Beratung zu Wissenschaftskooperationen mit Spanien
Für weitere Informationen

Laut Angaben des spanischen Ministeriums für Forschung, und Innovation und des Ministeriums für Universitäten (MCIN bzw. MIU) waren im Studienjahr 2018/2019 insgesamt 1.595.039 Studierende eingeschrieben (Bachelor: 81 Prozent, Master: 14 Prozent, Promotion: 5 Prozent). Das entspricht insgesamt einer Steigerung von 1,24 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die aktuellen Zahlen für die Jahre 2015 bis 2019 zeigen einen steilen Aufwärtstrend der Promotionszahlen von 32.062 (2014/2015) auf 86.619.303 (2018/2019).

Hochschulsystem

Alle 83 Universitäten (50 öffentliche und 33 private) in Spanien sind vollwertige Universitäten, zum Teil mit technischem Schwerpunkt (Universidades Politécnicas), in die mitunter fachhochschulähnliche Escuelas Superiores integriert sind. Die wichtigsten Fernuniversitäten Spaniens sind die Universidad Nacional de Educación a Distancia (UNED) in Madrid und die Universitat Oberta de Catalunya (UOC) in Barcelona. Zu den privaten Hochschulen zählen auch einige international sehr renommierte spanische Business Schools (IESE Business School Barcelona, IE Business School Madrid, ESADE Barcelona/Madrid) sowie Ableger ausländischer Hochschulen (z.B. Schiller International University).

Studiengänge

Im Rahmen der Bologna-Reform wurde in Spanien zunächst ein vierjähriges Bachelor- und ein einjähriges Master-Studium zum Standard. Seit März 2015 ist den Universitäten die Einführung dreijähriger Bachelor- und zweijähriger Masterstudiengänge rechtlich freigestellt. Die spanische Hochschulrektorenkonferenz (CRUE) hat sich allerdings für die Regelung entschieden, erst ab dem 1. Januar 2017 eine dreijährige Bachelor- und zweijährige Masterstruktur nur für neu eingerichtete Studiengänge einzuführen und keine Umstellung der alten Studiengänge zu fördern. Auf längere Sicht ist aber von einer Zunahme dreijähriger Bachelor-Studiengänge auszugehen. Die meisten Studiengänge können über die Online-Plattform der spanischen Regierung „Qué estudiar y dónde en la universidad (QEDU)“ gesucht werden.

Hochschulzugang

Der Hochschulzugang wird durch die Studienzugangsnote geregelt, die sich zu 60 Prozent aus der Note des spanischen Abiturs (bachillerato) und zu 40 Prozent aus der Note einer Studieneingangsprüfung (EBAU, früher selectividad und PAU) zusammensetzt. Diese Note kann noch durch eine freiwillige Prüfungsphase um weitere 40 Prozent verbessert werden. Ausländische Studierende müssen keine zweite Prüfung absolvieren. Die Hochschulzulassung von EU-Ausländern in Spanien bearbeitet UNEDassis.

Bildungsausgaben

Die öffentlichen Ausgaben für tertiäre Bildung sind in Spanien seit Jahren niedrig. Die letzten OECD-Daten aus dem Jahr 2016 (0,8 Prozent des BIP) liegen unter dem OECD-Durchschnitt (0,9 Prozent des BIP). Bei den öffentichen Ausgaben für den tertiären Bildungsbereich Bildung lag Spanien 2016 laut EURO-STAT mit 4,08 Prozent des BIP auf Platz 20 von 27 (Deutschland mit 4,45 Prozent auf Platz 19).

Personal

Vor allem die Sparmaßnahmen der spanischen Regierung aufgrund der Finanzkrise haben zu einer Umstrukturierung beim wissenschaftlichen Personal in den spanischen Hochschulen geführt. So gibt es drei Tendenzen:

  1. Verbeamtungsstopp: Zwischen 2011/2012 und 2017/2018 sind 12,7 Prozent (6.218) aller Beamtenstellen verloren gegangen. Dagegen wurden 17 Prozent (11.550) neue Angestelltenstellen geschaffen. Insgesamt gibt es heute 4,6 Prozent mehr Beschäftigte.
     
  2. Teilzeit statt Vollzeit: Diese Zahlen täuschen über die eigentliche Entwicklung hinweg, denn zwischen 2011/2012 und 2017/2018 sind in den öffentlichen Hochschulen 4,7 Prozent (3.192) aller Vollzeitstellen des wissenschftlichen Personals abgeschafft worden und 8,7 Prozent (3.161) neue Teilzeitstellen entstanden. Im gleichen Zeitraum sind dagegen in den privaten Universitäten 24,5 Prozent (1.406) neue Vollzeit- und 50,7 Prozent (4.008) neue Teilzeitstellen entstanden.
     
  3. Überalterung: Die Altersverteilung aller wissenschaftlichen Beschäftigten an öffentlichen Hochschulen hat sich zwischen 2011/2012 und 2017/2018 um 2,1 Jahre (49,8) verschoben, bei den Beamtenstellen um 3,3 Jahre (54,9). So sind 2017/2018 nur 34 Prozent der Wissenschaftler jünger als 45 Jahre – im Vergleich zu 42 Prozent im Jahr 2011/2012; gleichzeitig ist die Zahl der Beschäftigten, die in den nächsten zehn Jahren das Rentenalter erreichen von 24,5 Prozent (28.820) auf 31,5 Prozent (39.577) gestiegen.

Studiengebühren

Die Studiengebühren stiegen an den öffentlichen Hochschulen zwischen 2008 und 2013 durchschnittlich um 40 Prozent, in Madrid sogar um 100 Prozent. Trotz der Umkehr dieses Trends zwischen 2014/2015 und 2019/2020 und eines Rückgangs von 7,9 Prozent für Bachelor- und 20 Prozent für Master-Programme ist das Studium in Spanien im europäischen Vergleich noch immer eines der teuersten. An öffentlichen Universitäten kostet ein grundständiges Studium von vier Jahren – abhängig von der Autonomen Gemeinschaft und der benötigten Ausstattung – zwischen 2.100 (Asturien) und 9.500 Euro (Katalonien). Muss ein Kurs wiederholt werden, verdoppelt sich der Preis pro Credit und steigt beim vierten Versuch sogar auf das Fünf- bis Sechsfache. Dies kann vor allem für die große Zahl arbeitender Studierender schnell zur Kostenfalle werden.

Für außereuropäische Studierende werden von Beginn an die höchsten Credit-Preisstufen angesetzt. Im Masterstudium ist die Varianz noch größer und liegt zwischen 591 Euro pro Jahr in Galizien und 3.152 Euro in Katalonien, das teuerste Masterprogramm in Höhe von 13.500 Euro ist der in Business Administration (MBA) der Universität Carlos III in Madrid.

Hochschulrankings

Die spanischen Universitäten mit den höchsten Positionen in den einschlägigen internationalen Rankings 2019 sind: Universidad de Barcelona, Universidad Pompeu Fabra/ Barcelona, Universidad Autónoma de Madrid, Universidad Complutense de Madrid, Universidad de Granada, Universidad Politécnica de Valencia, Universidad de Santiago de Compostela, Universidad del País Vasco, Universidad de Navarra, Universidad Politécnica de Cataluña/ Barcelona, Universidad Carlos III/ Madrid, Universidad de Zaragoza, Universidad Politécnica de Madrid, Universidad de Salamanca, Universidad de Sevilla, Universidad Jaume I / Castellón de la Plana, Universidad Rovira i Virgili/ Tarragona, Universidad de Valencia, Universidad de Alcalá de Henares, Universidad de Jaén, Universidad Rey Juan Carlos/ Madrid, Universidad de La Laguna/ Tenerife, Universidad de Murcia, Universidad de Oviedo, Universidad de Vigo, Universidad de La Coruña, Universidad de Alicante, Universidad de Almería, Universidad de Castilla-La Mancha.

In nationalen Rankings (U-Ranking, El Mundo, ScimagoIR) finden sich die folgenden Universitäten unter den bestplatzierten: Universidad Pompeu Fabra/ Barcelona, Universidad Politécnica de Cataluña/ Barcelona, Universidad Carlos III/ Madrid, Universidad Politécnica de Valencia, Universidad Rovira i Virgili/ Tarragona, Universidad Autónoma de Madrid, Universidad de Cantabria/ Santander, Universidad Autónoma de Barcelona.

Eine starke Rolle spielen in Spanien vor allem die jungen forschungsorientierten Universitäten, wie sie in den Rankings des QS50U50 (2020: vier spanische Hochschulen) oder des The Young University Ranking (2019: 22 spanische und elf deutsche Hochschulen) aufgelistet werden. 2008 schlossen sich die damals einzigen vier spanischen QS 50-Universitäten zur Alianza4Unidades (A4U) zusammen, um gemeinsam für ihre Interessen einzutreten. Aus diesem Kern entstand 2015 der europäische Verbund der Young European Research Universities (YERUN), zu dem heute u.a. auch die Universitäten Bremen, Konstanz und Ulm gehören.

Forschungsausgaben

Die spanischen Investitionen in Forschung und Entwicklung (FuE) sind von 2009 bis 2017 um 3,6 Prozent gesunken. Seit Beginn der Krise (2008) entwickelt sich der Anteil des BIP, den die Regierung für FuE ausgibt, in Spanien vom Durchschnitt der EU-28 weg und liegt derzeit bei nur noch 58 Prozent. Im Jahr 2018 betrugen die Ausgaben für FuE 14.945 Mrd. Euro, 1,24 Prozent des BIP, dies entspricht einem Anstieg von 6,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr (14.063 Mrd. Euro) und von 12,7 im Vergleich zu 2016 (13.260 Mrd. Euro). Der Anteil der Zuwesungen vom spanischen Gesamthaushalt für FuE beträgt 2018 lediglich 1,25 Prozent. Die spanische Vorgängerregierung wurde dafür bereits von der Europäischen Kommission gerügt, da zu befürchten ist, dass Spanien auch 2020 die Ziele um 60 Prozent unterschreiten wird.

Forschungsstandort

Spanische Forschungslandschaft ist im globalen Vergleich nach wie vor interessant. Laut Scimago-Länderranking ist Spanien 2019 weltweit auf Platz 12 des wissenschaftlichen Outputs und hat damit in einem Jahr einen Platz verloren. Die Gesamtanzahl der wissenschaftlichen Publikationen steigt jedoch seit 2015 stetig an, vor allem im Bereich Medizin, Biochemie, Genetik, Molekularbiologie, Physik und Astronomie sowie in den Ingenieur- und Sozialwissenschaften. Besonders auffallend ist der steigende Anteil der internationalen Kooperationen, 2011 lag er bei 40 Prozent, 2019 waren es 50 Prozent; im gleichen Zeitraum geht die Anzahl der externen wie auch der Eigenzitierungen drastisch zurück.

Perspektiven

Mithilfe eines konstruktiven Misstrauensvotums hat die sozialistische Partei Spaniens (PSOE) am 2. Juni 2018 wieder die Regierung übernommen und befand sich nach den Wahlen im April 2019 im Prozess der Regierungsbildung, dieser scheiterte allerdings und im November 2019 kam es zu Neuwahlen. Nach einer Reihe von Wahlen in den Jahren 2015 und 2016 und der generellen Umverteilung der politischen Macht im Land durch die Gründung der neuen Parteien ‚Podemos‘ und ‚Ciudadanos‘ regierte zuletzt die konservative spanische Volkspartei ‚Partido Popular‘ (PP) in einer Minderheitsregierung. Diese hatte es ein Jahr lang nicht geschafft, einen Haushalt zu verabschieden und ist über eine Reihe von weitreichenden und massiven Korruptionsfällen („Fall Gürtel“) gestürzt, in denen die gesamte Regierungspartei für ihre systematisch kriminelle Tätigkeit verurteilt wurde. Nach dem Regierungswechsel präsentiert sich Spanien wieder als ein Land mit vorausschauenden Repräsentanten und Ideen. Der – auch krisenbedingte – Stillstand beziehungsweise Rückschritt in den Regierungsjahren der PP könnte überwunden werden. Erstes Anzeichen war 2018 die Ernennung des (bis zuletzt in Deutschland bei der ESA in Darmstadt beschäftigten) spanischen Ex-Astronauten Pedro Duque zum Minister für Wissenschaft, Innovation und Universitäten. Gleichzeitig wurde die in der wissenschaftlichen Community vielfach als unproduktiv empfundene Kompetenzverteilung zwischen den Ministerien rückgängig gemacht, so dass Forschung, Entwicklung und Universitäten wieder in einer Hand lagen, während Bildung im Primär- und Sekundarbereich ein eigenes Ministerium erhalten. Seit der Regierunsgbildung im Januar 2020 wurde das Ministerium für Wissenschaft, Innovation und Universitäten weiter aufgeteilt, seitdem ist Minister Pedro Duque zuständig für Wissenschaft und Innovation und Manuel Castells Minister für Universitäten.

Wie sich dieser neue Rückenwind für die Wissenschaft auf die Kooperation mit Deutschland auswirken wird, hängt vom Erfolg der neuen Regierung ab. Die schwierigen Zukunftsperspektiven für Studierende und Nachwuchswissenschaftler in Spanien sind der neuen Regierung sehr bewusst. Minister Pedro Duque, bis vor Kurzem Mitglied der Vereinigung spanischer Wissenschaftler in Deutschland (CERFA), war eng in die Netzwerke ausgewanderter spanischer Nachwuchsforscher eingebunden und weiß, welche Veränderungen nötig sind, um die geschätzten 12.000 spanischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Ausland wieder für Spanien zurückzugewinnen. Dies wird umso wichtiger, als das derzeitige Personaltableau immer älter wird.

Trotzdem bleibt Deutschland für diese Wissenschaftler auch in Zukunft ein sehr attraktives Land, denn ungeachtet der allgemein großen Bereitschaft zurückzukehren sind die Anforderungen an die Forschungs- und Beschäftigungsbedingungen in Spanien weiterhin hoch. Dass bisher gerade bei den besten spanischen Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern die USA und Großbritannien die erste Wahl waren, könnte sich in Folge des Brexits und der Forschungsfeindlichkeit der Trump-Regierung zugunsten Deutschlands ändern.

Auch dürfte die sich in Spanien abzeichnende Öffnung der Bachelor- und Master-Studiengangstruktur für das unter anderem in Deutschland gängige „3+2-Modell“ in den kommenden Jahren die Einrichtung von Doppelabschluss-Studiengängen deutlich einfacher machen.


Verfasser: Kristina Medjedović und Marc Reznicek, kommissarische Leiterin bzw. Leiter des DAAD-Informationszentrums Madrid

Der DAAD ist in Spanien mit einem Informationszentrum in Madrid und weiteren acht Lektoraten in Barcelona, Valencia, Granada, Sevilla (2x), Salamanca, Santiago de Compostela und Vitoria vertreten, die von fünf DAAD-Sprachassistenten unterstützt werden.