Estland: Bildung und Wissenschaft

Studierende am Rednerpult ihrer Dozentin.

Zwischen 2010 und 2018 ist die Gesamtzahl der Studierenden in Estland von rund 70.000 auf unter 50.000 zurückgegangen. Hauptgrund ist die demographische Entwicklung: die geburtenschwachen Jahrgänge der 1990er Jahre gehen jetzt an die Universitäten. In Estland gibt es sechs staatliche und eine private Universität, die analog zu deutschen Universitäten als Volluniversitäten alle Abschlüsse anbieten. Daneben gibt es acht staatliche und fünf private sogenannte „professionelle Hochschuleinrichtungen“, die überwiegend Bachelorabschlüsse anbieten. Dabei unterliegen die anwendungsorientierten und auf bestimmte Fächer spezialisierten „professionellen Hochschuleinrichtungen“ hinsichtlich ihrer Aktivitäten stärkeren gesetzlichen Regulierungen und Vorgaben durch das Bildungsministerium als die Universitäten.

Die estnischen staatlichen Universitäten und Akademien entsprechen nach den angebotenen Abschlüssen, den Verwaltungsstrukturen und der Studienorganisation in etwa den deutschen Universitäten und Akademien. Die Universität Tartu ist mit 12.618 Studierenden einschließlich circa 1000 ausländischen Studierenden aus 70 verschiedenen Ländern (https://ut.ee/et/otsing?search=university%20general) die größte und traditionsreichste (Voll-)Universität des Landes. An zweiter Stelle folgt die Technische Universität Tallinn mit 11.019 Studierenden, von denen circa 13 Prozent ausländische Studierende sind. Die Universität Tallinn (aktuell 7.300 Studierende1) war bis 2005 eine pädagogische Universität; seither differenziert sie ihr Fächerspektrum immer weiter aus. Daneben gibt es die Estnische Universität für Lebenswissenschaften und auch die Kunstakademie und die Akademie für Musik und Theater haben in Estland Universitätsrang. Einen guten Ruf hat daneben auch die Estonian Business School, die einzige Privatuniversität des Landes. 520 der circa 1.450 Studierenden kommen aus dem Ausland Seit dem Studienjahr 2002/2003 ist Estland im Zuge des Bologna-Prozesses Teil des Europäischen Hochschulraums

Das estnische Hochschulsystem ist in drei Zyklen aufgeteilt:

  1. Bakalaureus (Bachelor: 3-4 Jahre, 180-240 ECTS-Punkte) oder Rakenduskõrgharidusõppe diplom (Diplom an einer professionelle Hochschuleinrichtung: 3-4,5 Jahre, 180-270 ECTS-Punkte);
  2. Magister (Master: 1-2 Jahre, 60-120 ECTS-Punkte) und
  3. Doktor (PhD: 3-4 Jahre, 180-240 ECTS-Punkte).

Es gibt auch sogenannte integrierte Bachelor- und Masterprogramme, die Basis- und Vertiefungsstudien umfassen. Solche Langzeitprogramme werden in den Bereichen Human-, Veterinär- und Zahnmedizin, Pharmazie, Architektur, Bauingenieurwesen und Lehramt angeboten.

Der Zugang zu den Hochschulen und Studienprogrammen wird durch die Hochschule selbst geregelt. Ausländische Hochschulzugangsberechtigungen bzw. Studienabschlüsse werden durch das Nationale Anerkennungszentrum ENIC/NARIC anerkannt. Über die internationalen Studiengänge informiert das Internetportal www.studyinestonia.ee, das von der staatlichen Archimedes-Stiftung (www.archimedes.ee) betreut wird.
Seit dem akademischen Jahr 2012/2013 ist das Studium in Estland gebührenfrei. Dies gilt allerdings nur für Vollzeitstudien und für Studienfächer in estnischer Sprache. Für internationale Studienprogramme variieren die Gebühren stark, in der Regel zwischen 1.660 und 11.000 Euro pro Studienjahr.

In der Wissenschaft ist Estland besonders forschungsstark in den folgenden Bereichen:

  • Informationstechnologien;
  • Biotechnologie und Biomedizin;
  • Materialtechnologien;
  • Umwelttechnologien.

 Jeder estnische Wissenschaftler ist im zentralen Wissenschaftsportal ETIS (www.etis.ee) verzeichnet. Das Portal verlinkt zudem zu allen relevanten Forschungszentren und -institutionen.
Beispielhaft sei hier das estnische Genom-Projekt genannt, das als eines der international bekanntesten Projekte in der estnischen Wissenschaftslandschaft gelten kann. In den Bereichen e-voting, e-governance, e-business und e-communication forschen estnische Wissenschaftler sehr anwendungsorientiert. Die in diesen Bereichen entstehenden Anwendungen sind auch gemessen an weltweiten Standards sehr innovativ und zukunftsweisend.

Verfasser: Informationszentrum Riga

Der DAAD ist in Estland mit je einem Lektorat an den Universitäten in Tallinn und Tartu vertreten.