Global Disability Summit: Einsatz für Inklusion

Der DAAD setzt sich für die Rechte von Menschen mit Behinderungen ein. Auch am Global Disability Summit in Berlin ist er beteiligt. Vier Teilnehmende berichten.
Rund 1,3 Milliarden Menschen auf der Welt leben mit einer Behinderung, 80 Prozent von ihnen im Globalen Süden. Um die gleichberechtigte Teilhabe in allen Lebensbereichen zu fördern, veranstalten Deutschland, Jordanien und die International Disability Alliance (IDA) am 2. und 3. April in Berlin den dritten Global Disability Summit (GDS). Bei dem Treffen kommen rund 3.000 Stakeholder zusammen, die sich für die Rechte von Menschen mit Behinderungen und für Entwicklungszusammenarbeit engagieren. Beteiligt ist auch der DAAD, der sich seit Jahren für die Umsetzung der „UN Convention on the Rights of Persons with Disabilities“ einsetzt. Zusatzkosten, die DAAD-Geförderten aufgrund einer Behinderung oder chronischen Krankheit entstehen, können zum Beispiel auf Antrag erstattet werden. Im Rahmen des Gipfels hat der DAAD ein Kamingespräch zum Thema „Bridging the Inclusion Gap in international mobility and academic exchange“ organisiert. Wir stellen vier DAAD-Alumnae und -Alumni vor, die am Gipfel teilnehmen und hier von ihren Auslandserfahrungen, Erfolgen und Herausforderungen berichten.

Collins Losu, Masterstudent aus Ghana mit Sehbehinderung, studiert „Social Protection“ an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Beim DAAD-Kamingespräch ist Losu einer der Sprecher.
„Inklusion von Menschen mit Behinderungen und Entwicklungszusammenarbeit gehören grundsätzlich zusammen, denn nachhaltige Entwicklung ist nur gemeinsam zu erreichen. Der Global Disability Summit ist dafür eine Art Katalysator: Das Treffen kann Regierungen und Institutionen ermutigen, die Rechte von Menschen mit Behinderungen durchzusetzen und zu erweitern sowie die Finanzierung behindertengerechter Bildung, Beschäftigung und Gesundheitsversorgung zu sichern. Außerdem ist der Gipfel eine Gelegenheit, um sich über Best-Practice-Beispiele, Forschung und Innovation rund um Inklusion auszutauschen.
Bei der Förderung von behindertengerechter Hochschulbildung und akademischer Mobilität spielt der DAAD eine entscheidende Rolle und hat auch schon viel erreicht – zum Beispiel, indem er Studierende mit Behinderungen bei der Bewerbung für internationale Studiengänge unterstützt, mit Hochschulen bei der Entwicklung inklusiver Lernumgebungen zusammenarbeitet und indem er für politische Veränderungen eintritt, die Barrieren in der Hochschulbildung abbauen. Herausforderungen gibt es trotzdem noch. So bräuchte es mehr maßgeschneiderte Stipendien und zugängliche digitale Angebote, außerdem sollten die Partnereinrichtungen noch stärker sensibilisiert werden.
Ich engagiere mich beim GDS, weil ich mich aus tiefer Überzeugung für die Rechte von Menschen mit Behinderungen und ihre vollständige Teilhabe an Bildung, Beschäftigung und globalen Entwicklungsinitiativen einsetze. Meine Botschaft an die Teilnehmenden: Konzentriert euch auf das, was ihr trotz eurer Behinderung tun könnt – und sorgt euch nicht zu sehr. Habt keine Scheu, Unterstützung einzufordern und auf eure Bedürfnisse aufmerksam zu machen!“

Louisa Ebling ist Bachelorstudentin der Sozialen Arbeit an der Ostbayerisch Technischen Hochschule Regensburg. 2022/23 verbrachte sie ein Auslandssemester an der German Jordanian University (GJU) in Amman, Jordanien.
„Bei meinem Studium in Amman hatte ich neben ADHS auch Depressionen mit im Gepäck. Deshalb stellten sich mir in der Vorbereitungsphase viele Fragen: Sind die Medikamente, die ich brauche, in Jordanien verfügbar? Unter welchen Voraussetzungen und in welcher Menge darf ich sie einführen? Wie finde ich Ärzt*innen vor Ort? Welche Kosten fallen für die medizinische Behandlung im Ausland an und wie kann ich das finanzieren? Kann ich auch an der ausländischen Hochschule einen Nachteilsausgleich bekommen? All das herauszufinden, war eine echte Herausforderung. Deshalb habe ich einen Blog mit praktischen Tipps darüber veröffentlicht, wie Studierende mit psychischen Erkrankungen ein Auslandssemester meistern können, und freue mich, dass ich damit bereits anderen Betroffenen weiterhelfen konnte. Wünschen würde ich mir, dass in Deutschland eine zentrale Anlaufstelle geschaffen würde, die Informationen für und Erfahrungsberichte von Studierenden mit Behinderung/Chronischen Erkrankungen zum Thema „Studienaufenthalt im Ausland“ bündelt. In Jordanien konnte ich – dank der Unterstützung des DAAD – wertvolle Erfahrungen sammeln, sowohl persönlich als auch akademisch. Anderen Betroffenen möchte ich daher sagen: Traut euch!“

Idowu Adeyemi aus Nigeria studiert im Masterprogramm „Public Policy“ an der Willy Brandt School of Public Policy der Universität Erfurt.
„Die Kombination verschiedener und jeweils einzigartiger Perspektiven hat für die Wissenschaft einen großen Mehrwert. Ich habe eine Mobilitätseinschränkung. An der Brandt School genieße ich das Privileg einer umfassenden Unterstützung – vom Zugang zu sehr guten Dienstleistungen für Studierende bis hin zu rücksichtsvollen, engagierten Mitstudierenden und Lehrenden. Die Vielfalt der Studierendenschaft ist für mich sehr bereichernd.
Um die Chancengleichheit zu verbessern und internationale akademische Austauschprogramme zugänglicher zu machen, wären meiner Ansicht nach Mentorenprogramme oder Gruppen, an die man sich wenden kann, sehr hilfreich. Bei der Finanzierung von Stipendien sollte berücksichtigt werden, dass Menschen mit Behinderungen immer zusätzliche Ausgaben haben. Der DAAD hat in diesem Bereich schon große Fortschritte gemacht. Von entscheidender Bedeutung ist außerdem Feedback: Die Erfahrungen von Studierenden mit Behinderungen sollten laufend in ein System einfließen. Das würde Anpassungen ermöglichen, von denen alle profitieren.
Was der DAAD und deutsche Hochschulen von den Ländern des Globalen Südens lernen können: Inklusion ist mehr als der Aufbau von Infrastruktur. Es geht um soziale Akzeptanz, Unterstützung durch die Gemeinschaft und beständige Anpassungsfähigkeit. In Nigeria helfen starke soziale Netzwerke, die Lücken zu schließen, die durch die mangelhafte Infrastruktur verursacht werden. Deutschland kann das aufgreifen und Peer-Initiativen für mehr Barrierefreiheit unterstützen, die Menschen mit Behinderungen den Raum geben, politische Maßnahmen selbst zu gestalten.“

Sarah Stumpe ist Mitarbeiterin des Kulturamts der Stadt Erlangen. Ihren Masterabschluss in „Disability Studies“ machte sie 2023 an der Liverpool Hope University in Großbritannien.
„Ich habe schon während meines Bachelorstudiums Auslandserfahrung in Irland gesammelt. Das gab mir den Mut, mein gesamtes Masterstudium in Liverpool zu absolvieren, obwohl ich aufgrund einer neuromuskulären Behinderung auf 24-Stunden-Assistenz angewiesen bin. In Großbritannien ist der öffentliche Nahverkehr sehr gut zugänglich, selbst die kleinsten Pubs und Geschäfte haben eine Rampe, und die Theater bieten Aufführungen mit Audiodeskription an. Den Masterstudiengang ‘Disability Studies‘ mit kulturwissenschaftlichem Schwerpunkt gibt es in Deutschland nicht. Eine hohe Hürde war, dass der Bezirk Mittelfranken die Finanzierung meiner persönlichen Assistenz in Liverpool erst nach mehrjährigem Rechtsstreit genehmigt hat. Die hohen Kosten musste ich deshalb vorfinanzieren. Das DAAD-Stipendium hat geholfen, aber ohne private Rücklagen und die Unterstützung meiner Familie hätte ich nicht nach Liverpool gehen können. Dabei habe ich dort die Kompetenzen erworben, die ich heute im Beruf brauche. Ich arbeite beim Kulturamt Erlangen in der Festivalorganisation und leite nebenberuflich Seminare und Workshops zu Barrierefreiheit und Teilhabe. Die Möglichkeit, mein Masterstudium digital zu absolvieren, hatte ich nicht. Aber ich denke, dass solche Angebote für Studierende mit Behinderung eine große Hilfe sein können, Barrieren zu überwinden.“
Protokolle: Miriam Hoffmeyer (2. April 2025)