EFFAL-Programm: Bildung, die Frauen sonst verwehrt bliebe

Absolventinnen des ersten EFFAL-Jahrgangs an der American University of Central Asia (AUCA) in Bischkek

Unter der Taliban-Herrschaft in Afghanistan dürfen Frauen seit Ende 2022 nicht mehr studieren. „Dass fünfzig Prozent der Bevölkerung von Hochschulbildung ausgeschlossen werden, ist nicht nur himmelschreiend ungerecht. Es bedeutet auch, dass dem Land ein riesiges Potenzial verloren geht“, sagt Natalie Bursinski vom DAAD. Sie ist für das Stipendienprogramm Empower Future Female Afghan Leaders (EFFAL) verantwortlich, das afghanischen Geflüchteten ein Studium an ausgewählten Hochschulen in Bangladesch, Kirgisistan und Pakistan ermöglicht. 

Anfang Juni 2025 fand die Feier zum erfolgreichen Masterabschluss des ersten EFFAL-Jahrgangs an der American University of Central Asia (AUCA) in Bischkek statt. „Viele geflüchtete Studierende waren in einer sehr schwierigen Situation“, sagt Aselia Umetalieva vom International Student Office der AUCA. „Wir sind sehr froh, dass sie ihre Ausbildung bei uns fortsetzen konnten.“ 

EFFAL ist eine gemeinsame Initiative des DAAD und des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Mit rund 180 Studierenden, vor allem in Masterprogrammen, ist die Gruppe der Geförderten an Hochschulen in Pakistan am größten. Hinzu kommen rund 25 Stipendiatinnen an der Asian University for Women in Chittagong in Bangladesch. Ein Grund für den Erfolg des Programms sei, dass die Geflüchteten schon in den betreffenden Ländern lebten, was einen reibungslosen Start ermöglicht habe, sagt Natalie Bursinski. Langfristig könnte EFFAL auch in Afghanistan selbst eine große Wirkung entfalten: „Wenn sich die Machtverhältnisse dort wieder ändern, könnten die Geförderten dank ihrer guten Qualifikation zum Wiederaufbau ihres Heimatlandes beitragen.“

Zwei afghanische Studentinnen, die in Kirgisistan einen Master absolvieren, berichten hier über ihre Erfahrungen – und wie sie selbst etwas zurückgeben wollen.  

Fatema Hosseini hat bereits zwei erfolgreiche Bildungsprojekte für afghanische Frauen mitkonzipiert.

Fatema Hosseini, 29, Masterstudentin an der AUCA in Bischkek

„Ich kam im September 2022 nach Bischkek, als sich die Lage für Frauen in Afghanistan immer weiter verschlechterte. Die ersten Monate allein in einem fremden Land ohne meine Eltern waren sehr schwierig. Aber jetzt habe ich mich gut eingelebt, auch weil die AUCA ihre afghanischen Studierenden hervorragend unterstützt. Ich habe Sozialwissenschaften an der Universität Kabul studiert und einen ersten Master-Abschluss in Betriebswirtschaftslehre an der AUCA erworben. Das EFFAL-Stipendium gab mir die Möglichkeit, mich weiterzuentwickeln und Neues zu lernen. Im Masterstudiengang ,Talent Management and Human Potential Development in Organizations‘ entwickeln wir Studierenden gemeinsame Projekte. Ich habe unter anderem zwei erfolgreiche Bildungsprojekte für afghanische Frauen mit konzipiert und geleitet. Das erste waren Kompetenztrainings für afghanische Frauen. Es war eine tolle Erfahrung zu sehen, wie die mehr als 20 jungen Teilnehmerinnen mehr Selbstvertrauen gewannen! Außerdem habe ich Online-Business-Trainings ins Leben gerufen, die afghanischen Frauen dabei helfen, ihre in Heimarbeit gefertigten Produkte besser zu vermarkten. Da Bildung für Frauen in Afghanistan ja verboten ist, konnten wir für keines der beiden Projekte werben, sondern haben potenzielle Teilnehmerinnen einzeln kontaktiert. 

Ich will eine Zukunft aufzubauen, in der afghanische Frauen frei lernen und arbeiten und ein Leben in Würde führen!
Fatema Hosseini

Nach meinem Masterabschluss im Jahr 2026 möchte ich mich für eine Promotion bewerben und untersuchen, wie politische Richtlinien in verschiedenen Ländern die Gleichstellung am Arbeitsplatz fördern und wie bessere Unterstützungssysteme für Frauen geschaffen werden können. Das ist ein Thema, das mir sehr am Herzen liegt. Später möchte ich in meine Heimat zurückkehren, um mein Wissen und meine Erfahrung dort weiterzugeben. Wenn sich die politische Lage ändert und die Taliban nicht mehr an der Macht sind, würde ich sehr gern Ausbildungsprogramme für afghanische Mädchen und Frauen leiten – vor allem für die, die zurückgelassen wurden und denen der Zugang zu Bildung und Chancen verwehrt wurde. Ich möchte dazu beitragen, eine Zukunft aufzubauen, in der afghanische Frauen frei lernen und arbeiten und ein Leben in Würde führen!“

Suhaila Reza Mohammad weiß, welche Chance das Stipendium für sie war.

Suhaila Reza Mohammad, 24, Masterstudentin an der AUCA in Bischkek

„In meiner Familie bin ich die erste Frau, die studiert und eine berufliche Karriere verfolgt. Wir sind aus Afghanistan nach Kirgistan geflüchtet, als ich vier Jahre alt war. Ich fühle mich in Bischkek zu Hause, aber leider kann ich nie sicher sein, dass ich auf Dauer hierbleiben darf. Diese ständige Unsicherheit ist für viele afghanische Geflüchtete eine große psychische Belastung. Auch die schlechteren Bildungs- und Arbeitsmöglichkeiten sind ein Problem, zum Beispiel stehen staatliche Förderprogramme nur den kirgisischen Studierenden offen. Das EFFAL-Programm ist deshalb eine große Chance für mich. Ohne dieses Stipendium hätte ich kein Masterstudium beginnen können. 

Das Masterprogramm ,Talent Management and Human Potential Development in Organizations‘ ermutigt die Studierenden, neues Wissen direkt praktisch anzuwenden. Davon habe ich sehr profitiert: Über ein Praktikum habe ich schon jetzt eine Stelle gefunden. Ich arbeite seit kurzem bei einer internationalen NGO als Assistentin der Finanz- und Personalabteilung. Für mich ist das die ideale Kombination: Ich habe schon in der Schule gern mit Zahlen gearbeitet, aber mir auch immer einen Beruf gewünscht, in dem ich viel mit Menschen zu tun habe.

Ohne dieses Stipendium hätte ich kein Masterstudium beginnen können.
Suhaila Reza Mohammad 

Weil ich weiterhin in Vollzeit studiere, arbeite ich jetzt sehr hart. Ich habe mit der Hochschule und meinem Vorgesetzten verabredet, dass ich nachmittags etwas früher mit der Arbeit aufhören darf, um danach noch Seminare zu besuchen. Meistens komme ich erst am späten Abend von der Hochschule nach Hause. 

Ein Thema für die Masterarbeit habe ich mir schon überlegt: Ich möchte über die intrinsische und extrinsische Motivation von Angestellten im öffentlichen Dienst Kirgistans forschen. Bis jetzt schaffe ich es gut, Arbeit und Studium unter einen Hut zu bringen, und in letzter Zeit bin ich beruflich und persönlich sehr gewachsen.“

Miriam Hoffmeyer (3. Juli 2025)

 

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