„Bereichernde Stipendien-Patenschaft“
Familie Giannakopoulos unterstützt die DAAD-Stiftung und finanziert zwei geflüchteten Afghaninnen ein Bachelorstudium in Bangladesch. Anastasia Giannakopoulos zum Wert von Bildung und dem guten Gefühl, Frauen den Weg in die Selbstständigkeit zu ebnen.
Frau Giannakopoulos, wieso engagieren Sie und Ihre Eltern sich als Förderer für die DAAD-Stiftung?
Bildung ist für den Werdegang eines Menschen zentral, doch in vielen Teilen der Welt wird Mädchen und Frauen der Zugang dazu nur eingeschränkt gewährt. Für meine Schwester und mich war es hingegen schon fast selbstverständlich, eine gute Schule und Universität zu besuchen – nun setzt meine Familie sich dafür ein, dass auch andere Frauen diese Möglichkeit bekommen. Mit unseren Stipendien unterstützen wir zwei geflüchtete Afghaninnen, denen in ihrem Heimatland ein Studium verweigert wird. Damit haben sie die Chance, in Bangladesch eine Universität zu besuchen und anschließend ihr Leben nach ihren Vorstellungen zu gestalten: mit einem eigenen Einkommen und der Möglichkeit zur gesellschaftlichen Partizipation.
Gemeinsam mit Ihren Eltern leiten Sie Ihr Familienunternehmen „Pflegewerk“. Spielt das Thema Frauenförderung auch in Ihrem Betrieb eine Rolle?
Der Pflegeberuf ist traditionell eine Frauendomäne, aber in unserem Unternehmen sind ebenso die Leitungsstellen hauptsächlich von Frauen besetzt. Wir achten sehr darauf, dass alle Angestellten Fortbildungen besuchen und sich weiterentwickeln können. Zahlreiche Mitarbeiterinnen haben bei uns als Pflegehelferinnen angefangen und sind zur Pflegedienst- oder Wohnbereichsleiterin avanciert.
Mit Ihren Stipendien unterstützen Sie ebenso den interkulturellen Austausch. Inwiefern ist Ihnen das wichtig?
Mit einem Auslandsaufenthalt ist es möglich, ein anderes Land sowie seine Menschen und Traditionen kennenzulernen und dabei eine andere Perspektive auf bestimmte Themen zu gewinnen. Ich selbst habe das elfte Schuljahr im County Limerick in Irland verbracht – das war eine großartige Erfahrung. In dieser Zeit habe ich mich stark persönlich weiterentwickelt, wurde eigenständiger und selbstbewusster.
Der Einsatz für die DAAD-Stiftung lohnt sich also aus vielen unterschiedlichen Gründen?
Ich kann nur jedem empfehlen, selbst Pate oder Patin für ein Stipendium zu werden und in Bildung, insbesondere von Mädchen und Frauen, zu investieren. Bildung und Wissen sind der Grundpfeiler gesellschaftlicher Entwicklungen und von Innovationen – und der Garant zur Lösung aktueller Herausforderungen. Auch auf persönlicher Ebene empfinde ich die Stipendien-Patenschaft als bereichernd: Wir sind mit den Stipendiatinnen in persönlichem Kontakt, und es ist einfach ein schönes Gefühl, sich mit den beiden auszutauschen und zu hören, welche Fortschritte sie im Studium machen.
„Ich möchte frei und erfolgreich sein!“
Die beiden Geförderten des Giannakopoulos-Stipendiums der DAAD-Stiftung erzählen, wie die Förderung ihren Lebensweg unterstützt.
Seit der Machtübernahme der Taliban bestimmen Diskriminierung und Unterdrückung den Alltag vor allem von Frauen in Afghanistan. Sie haben keinen Zugang mehr zu höherer Bildung, kaum Möglichkeiten zur Erwerbstätigkeit, keine Chance auf Selbstbestimmung, dazu herrschen Hunger, Armut und Gewalt. Die Afghanin Nasrin Kazemi* ist vor der repressiven Politik geflohen und lebt seit Oktober 2022 in Bangladesch. „Ich habe mein Land verlassen, weil ich mir ein besseres Leben wünsche“, sagt sie. „Ich möchte frei und erfolgreich sein, lernen und studieren können, Sport treiben und ohne Angst mit meinen Freunden nach draußen gehen.“
In Chittagong kommt Kazemi dabei der Umsetzung ihres Traums, einer Karriere als Softwareingenieurin, Schritt für Schritt näher: Seit Januar 2023 studiert sie mit dem Giannakopoulos-Stipendium der DAAD-Stiftung an der Asian University of Women (AUW) Informatik. „Ich liebe es, mit Computern zu arbeiten und kann technische Zusammenhänge leicht verstehen“, erklärt sie. „Das Stipendium ist dabei enorm wichtig für mich, es gibt mir die Möglichkeit, meine Zukunft positiv zu verändern.“ Die AUW biete ihr einen sicheren Ort zum Leben, Lernen und Kontakte knüpfen.
Zu ihren Zukunftsplänen gehört ein Masterstudium in Deutschland – und andere afghanische Mädchen und Frauen zu unterstützen. „Über eine Online-Plattform helfe ich seit acht Monaten afghanischen Schülerinnen beim Englischlernen“, erklärt sie. „Sobald ich in meinem Studium etwas weiter fortgeschritten bin und über genügend Kenntnisse verfüge, werde ich einen Online-Kurs zum Thema Programmieren erstellen.“ Frauen, denen in Afghanistan ein Studium verweigert wird, könnten sich damit weiterbilden und perspektivisch auf eigenen Beinen stehen. „Mir ist es wichtig, mich für die Gemeinschaft einzubringen, meine Eltern sollen stolz auf mich sein.“
Einsatz für das Recht auf Bildung
Den Wunsch, zum Wohl des Heimatlands und der eigenen Familie beizutragen, teilt sie mit Amina Zadran*, deren Leben sich mit der Machtergreifung der Taliban ebenso grundlegend änderte. „Wir Mädchen und Frauen wurden in unseren Häusern eingesperrt, das hat in mir ein schreckliches Gefühl der Dunkelheit und Hoffnungslosigkeit ausgelöst“, erzählt sie. „Die Taliban haben mir meine Wünsche und Träume weggenommen. Ich musste aufhören zu studieren und meinen Job aufgeben.“
Zadran beschloss, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen: Sie floh nach Bangladesch und setzt dort an der AUW ihr Bachelorstudium in Volkswirtschaft fort. Ebenso wie Kazemi wird sie dabei mit dem Giannakopoulos-Stipendium finanziell unterstützt. Eine dringend benötigte Förderung in einer schwierigen Zeit. „An der AUW kann ich ohne Hindernisse studieren, die Lehrkräfte helfen mir dabei, die beste Version meiner selbst zu werden“, erklärt Zadran. Durch das freundliche Umfeld habe sie neue Interessen entwickelt und die Kultur Bangladeschs erkundet. Ein weiteres Plus: Die freie Ausübung von Sportarten. „Radfahren, Boxen und Volleyballspielen, das ist für mich eine tolle Erfahrung.“
Um andere auf ihrem Weg zu Selbstbestimmung zu unterstützen und Menschen aus der Armut zu befreien, plant sie die Gründung eines Unternehmens, das sich auf die Verbesserung der Lebensumstände von afghanischen Mädchen und Frauen konzentriert. „Ich möchte mein Wissen an die nächste Generation weitergeben“, sagt Zadran. „Mein Ziel ist es, ein Vorbild für all jene Mädchen zu sein, die wie ich vor großen Herausforderungen stehen.“ Zudem werde sie sich für das Recht auf Bildung einsetzen – und andere dazu befähigen, selbst dafür einzutreten.
*Die Namen der beiden Stipendiatinnen wurden von der Redaktion geändert.
Christina Pfänder (16. Februar 2024)