Europäische Hochschulallianzen: Vernetzung auch im dualen Studium
Die Duale Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) ist die einzige deutsche duale Hochschule unter den Mitgliedern der Europäischen Hochschulallianzen. Als Teil der Allianz EU4Dual zeigt sie, welche wertvollen Möglichkeiten die weitreichende europäische Vernetzung bietet.
In Deutschland und Europa wird das duale Studium immer beliebter. 2022 waren in dualen Studiengängen an deutschen Hochschulen rund 138.000 Studierende eingeschrieben – mehr als dreimal so viele wie vor zwanzig Jahren. Auch in anderen europäischen Ländern habe das duale Studium an Bedeutung gewonnen, sagt Sonja Bärwinkel, Referentin am Kompetenzzentrum Internationale Wissenschaftskooperationen (KIWi) des DAAD. Gerade angesichts des schnellen technologischen Fortschritts und des Fachkräftemangels biete dieses Studienmodell viele Vorteile: „Die Studierenden haben beste Chancen auf einen direkten Berufseinstieg. Die beteiligten Unternehmen gewinnen Absolventinnen und Absolventen, die sie sofort in der Praxis einsetzen können. Und den Hochschulen bieten duale Studiengänge die Möglichkeit ihr Profil weiterzuentwickeln.“
Neun europäische Hochschulen haben sich Anfang 2023 zur Allianz EU4Dual zusammengeschlossen. Mit insgesamt fast 75.000 Studierenden, 40 Campus und fast 600 Studiengängen ist das Konsortium unter Führung der Mondragon-Universität in Spanien und der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) der weltweit größte Zusammenschluss im Bereich der dualen Hochschulbildung. EU4 Dual hat zum Ziel, den internationalen Austausch zu intensivieren und mit gemeinsamen Projekten in Lehre, Forschung, Weiterbildung und Transfer dazu beizutragen, die großen gesellschaftlichen Herausforderungen für Europa zu bewältigen. Darüber hinaus will das Netzwerk weltweit eine Referenz für qualitativ hochwertige duale Studiengänge werden.
Teil der Initiative Europäische Hochschulen
EU4Dual ist Teil der Initiative Europäische Hochschulen, mit der die EU grenzüberschreitende Hochschulallianzen fördert, die neue Kooperationsmodelle auf allen Ebenen erproben. Die aus dem Erasmus+ Programm unterstützten Allianzen sollen den Hochschulen mehr Sichtbarkeit verleihen, ihre Qualität und Wettbewerbsfähigkeit erhöhen und auch das Gemeinschaftsgefühl in Europa stärken. „In unserer von Krisen und Konflikten geprägten Welt ist es wichtiger denn je, dass junge Menschen über Grenzen hinweg persönliche Kontakte knüpfen und Netzwerke schaffen“, sagt die DHBW-Vizepräsidentin Professorin Doris Nitsche-Ruhland. Die Vorläufer-Institutionen der DHBW boten schon vor fünfzig Jahren in Zusammenarbeit mit großen Unternehmen erste praxisnahe Alternativen zum herkömmlichen Studium an. Nach Änderungen im Hochschulrecht wurde 2009 die DHBW mit zwölf Standorten und Hauptsitz in Stuttgart gegründet. Duale Studiengänge, so die DAAD-Referentin Sabine Beißwenger vom KIWi, seien heute in vielen Ländern Europas mit den jeweiligen Hochschulgesetzen vereinbar, jedoch noch nicht überall implementiert: „Kooperationen mit deutschen Hochschulen können diese Entwicklung beschleunigen. Die DHBW mit ihrer langen Erfahrung in dem Bereich spielt hier eine wichtige Rolle.“
Zwischen bestehenden dualen Studienangeboten gibt es je nach Land teils große rechtliche und organisatorische Unterschiede. So ist in Deutschland die Voraussetzung für die Akkreditierung als dualer Studiengang, dass Hochschulen, Unternehmen und Studierende vertraglich miteinander verbunden sind. In einigen anderen Ländern gilt dies nicht. Zudem sind die Praxispartner der DHBW, anders als bei einigen Partnerhochschulen, auch in die Gestaltung der Curricula eingebunden. Trotz der Unterschiede hat sich die Europäische Hochschulallianz auf gemeinsame Grundsätze verständigt: „Wir haben uns darauf geeinigt, dass künftig schriftliche Agreements zwischen den drei beteiligten Parteien geschlossen werden. Außerdem haben wir gemeinsame Qualitätsstandards erarbeitet, für die eine enge Verzahnung von Theorie und Praxis das entscheidende Kriterium ist“, erläutert Nitsche-Ruhland. Verhandelt werde noch über Fragen der gegenseitigen Anerkennung von Abschlüssen, auch in der Weiterbildung: „Dazu gehören Microcredentials, die in Zeiten, in denen lebenslanges Lernen zur Norm wird, eine immer größere Rolle spielen werden.“
Auch bei der zeitlichen Organisation des Studiums gibt es innerhalb der Europäischen Hochschulallianz beträchtliche Unterschiede. Während sich im Blockmodell der DHBW Theorie- und Praxisphasen in der Regel alle drei Monate abwechseln, sind die Rhythmen bei einigen Partnerhochschulen deutlich kürzer. Internationaler Austausch sei trotzdem möglich – und in mancher Hinsicht sogar einfacher als im herkömmlichen Studium, sagt John Harris, Projektleiter für EU4Dual an der DHBW: „Wenn die Semesterzeiten nicht zueinander passen, findet der Auslandsaufenthalt eben in einer Praxisphase statt. An der DHBW haben wir damit viel Erfahrung. Gerade international ausgerichtete Unternehmenspartner können Praxisphasen im Ausland ohne viel Aufwand ermöglichen.“
Unterstützung durch das nationale Begleitprogramm
Deutsche Hochschulen, die Partner einer Europäischen Hochschulallianz sind, können eine zusätzliche Förderung aus dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanzierten Begleitprogramm Europäische Hochschulnetzwerke (EUN) – nationale Initiative des DAAD erhalten. Die DHBW wird unter anderem beim Aufbau einer gemeinsamen EU4Dual-Datenbank für Microcredentials sowie einer Intercampus-Plattform für Lehrende, Studierende und Mitarbeitende der neun Partnerhochschulen unterstützt. Auch Unternehmenspartner sollen die digitale Plattform nutzen können. „Darüber hinaus ermöglicht uns das nationale Begleitprogramm unser jährliches Netzwerktreffen. Für eine gute Zusammenarbeit sind persönliche Kontakte unerlässlich“, sagt Doris Nitsche-Ruhland.
Innerhalb des Netzwerks gibt es bereits einen Austausch von Lehrenden, Studierenden und Mitarbeitenden. Im Herbst 2024 wird die DHBW im Rahmen von EU4Dual eine ingenieurwissenschaftliche Summer School mit Microcredential-Abschluss ausrichten. 2025 soll ein erster Dual-Joint-Masterstudiengang „Digital and Sustainable Manufacturing“ starten, an dem vier Hochschulen der Allianz beteiligt sind. In Planung sind außerdem eine gemeinsame „Master Class Artificial Intelligence“ aller Partner sowie zwei weitere Joint-Master-Programme. Auch gemeinsame Forschungsprojekte seien in Vorbereitung, sagt DHBW-Vizepräsidentin Nitsche-Ruhland: „Im Mittelpunkt unserer Zusammenarbeit in Forschung und Lehre stehen drei große Herausforderungen für Europa, die uns alle beschäftigen: die Zukunft der Arbeit, Green Economy und Healthy Living.“
Miriam Hoffmeyer (21. August 2024)