DAAD-Klimaportfolio (1/3): Klimawissen fördern
Internationale Wissenschaftskooperationen erweitern das Wissen über Ursachen und Lösungen des Klimawandels und spielen damit eine zentrale Rolle für die Erreichung der klima- und umweltpolitischen Ziele der Agenda 2030 der Vereinten Nationen. Das DAAD-Klimaportfolio zeigt, wie der DAAD mit seinem Förderangebot die internationale Zusammenarbeit stärkt und für Individuen und Institutionen über Fachdisziplinen und Ländergrenzen hinweg in drei Handlungsfeldern aktiv ist: die Förderung von Wissenserwerb (1), Stärkung von Klimaforschung (2) und Anwendung von Klimawissen (3).
Der vorliegende Beitrag ist der erste Teil einer dreiteiligen Artikelserie und widmet sich dem ersten Handlungsfeld: der Förderung von Wissenserwerb. Ein gelungenes Beispiel hierfür ist die Kooperation der Technischen Hochschule Köln und der Universität Costa Rica. Im interdisziplinären Masterprogramm „Integrated Water Resources Management with focus on Latin America and the Caribbean“ (IWRM – LAC) lernen Studierende aus Deutschland und Lateinamerika die Grundlagen des Wassermanagements von morgen. Gefördert wird IWRM – LAC durch das DAAD-Programm Transnationale Bildung – Studienangebote deutscher Hochschulen.
Wenn die Hydrologin Dr. Alexandra Nauditt an der Technischen Hochschule (TH) Köln um 17 Uhr ihre Vorlesung hält, ist es in Costa Rica erst 9 Uhr morgens. Ein gutes Dutzend Studierende an der University Costa Rica (UCR) schaltet sich per Zoom zu, um virtuell in Köln mit dabei zu sein. Es geht um Themen, die angesichts von klimawandelbedingten Wasserkrisen von existenzieller Bedeutung sind: Wassernutzung, Wasserverfügbarkeit, Dürrerisiken, Klimamodelle.
Die Lehrveranstaltung ist Teil des internationalen Masterstudiengangs „Integrated Water Resources Management with focus on Latin America and the Caribbean“ (IWRM – LAC) an der Universität Costa Rica. Sie ist eigens auf den späten Nachmittag terminiert, um den Studierenden die Teilnahme über Kontinente und Zeitzonen hinweg zu ermöglichen. Auch in Lateinamerika und der Karibik soll die Ausbildung von Fachkräften , die nachhaltig mit den Herausforderungen rund um die kostbare Ressource Wasser umgehen können, gefördert werden. „Es geht darum, die Studierenden in einem internationalen Kontext mit möglichst breiter Sicht im Bereich des Wasserressourcenmanagements auszubilden“, sagt Nauditt. Diese Fachkräfte werden dringend gebraucht, überall auf der Welt.
Umfangreiches Klimaportfolio
Gefördert wird IWRM – LAC im DAAD-Programm Transnationale Bildung – Studienangebote deutscher Hochschulen (TNB-Studienangebote) mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). „Hier geht es darum, dass deutsche Hochschulen im Ausland gezielt Studiengänge aufbauen, die dort gemeinsam mit den ausländischen Partnern an die lokalen Bedürfnisse angepasst werden“, sagt Petra Bogenschneider, die beim DAAD als Leiterin des Referats für Studienangebote in Nahost, Afrika und Lateinamerika zuständig ist. „Wichtig ist der Austausch, sodass beide Seiten profitieren. Die Hochschule im Ausland kann neue Studienmodule ausprobieren, und das wirkt dann auch auf die Lehre in Deutschland zurück. Damit fördert unser Programm auch die Internationalisierung der deutschen Hochschulen.“
Das Programm ist Teil eines umfassenden Förderportfolios, mit dem der DAAD klimabezogene Kooperationsprojekte weltweit unterstützt. Das Förderhandeln wird von drei Zielsetzungen geleitet, die im Klimaportfolio mit konkreten Programmen, Aktivitäten und Wirkungen vorgestellt werden. Zum einen wird das Wissen über den Klimawandel ausgebaut und insbesondere junge Generationen von Forscherinnen und Forschern für das Thema sensibilisiert. Darüber hinaus wird die globale Klimaforschung gestärkt sowie drittens der Transfer und die Nutzung der Erkenntnisse in Gesellschaft und Politik unterstützt. „Junge Studierende und Nachwuchsforschende für das Forschungsfeld zu begeistern, ist ganz entscheidend“, erklärt Dr. Caroline Felske, Leiterin des Referats Strategieentwicklung und Hochschulpolitik, in dem auch das Team Nachhaltige Entwicklung im DAAD verortet ist. „Denn sie können als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren wirken und als Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger von morgen nachhaltige Prozesse in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gestalten.“
Vernetztes Denken und Handeln
Um den Wissenserwerb zu fördern, ist IWRM – LAC ein wichtiges Beispiel. „Wasserressourcen wurden schon immer geplant, auch bereits vor 2.000 Jahren“, sagt Nauditt, „aber es gibt nicht viele Studiengänge, die eine integrierte Betrachtung anstreben.“ Zwar steigt weltweit der Bedarf an interdisziplinär ausgebildeten Fachkräften im Wassersektor. Doch bislang findet die Ausbildung überwiegend in traditionellen Studiengängen wie Bauingenieurwesen, Verfahrenstechnik, Chemie oder Geographie statt. Mit dem IWRM-Konzept wird diese Lücke geschlossen und eine Ausbildung angeboten, die vernetztes Denken und Handeln fördert. „IWRM ist wichtig für jedes Land auf der Welt, für jede Region, für jedes Dorf“, so Nauditt. „Deshalb haben wir ein Interesse, das Konzept in der Welt zu verbreiten. Gerade im Kontext des Klimawandels, der zu mehr Extremen wie Dürren und Starkniederschlägen führt, ist es wichtig, das Wassermanagement an die Veränderungen anzupassen.“
Bereits seit 2006 bietet das ITT regional angepasste Masterstudiengänge an, die auf dem IWRM-Ansatz beruhen. Entsprechende Kooperationen bestehen mit den Ländern Mexiko, Jordanien, Ägypten und Vietnam. Auf Basis der seit 2015 bestehenden Kooperation der beiden Partnerinstitutionen wird der gemeinsame Studiengang mit der Universität Costa Rica im Rahmen von IWRM-LAC seit August 2020 angeboten. „Pro Jahr nehmen etwa 15 Studierende in Costa Rica teil“, sagt Justyna Sycz, die an der TH Köln das Programm koordiniert. „Und jedes Jahr kommen vier bis sechs Studierende zu uns an die Hochschule.“ Mit einem Stipendium des DAAD können sie für ein Semester oder länger in Köln studieren und hier wertvolle Erfahrungen sammeln.
Sommerschulen, Kurse, Kongresse
Von den Studierenden ist viel Lob zu hören. „Es ist ein großartiges Programm“, sagt Valentina Rodriguez Fallas aus Costa Rica. Sie hat einen Bachelor-Abschluss in Environmental Health mit Schwerpunkt Wasserwirtschaft und wurde durch einen Freund auf den Masterstudiengang aufmerksam. „Es war eine große Chance für mich“, sagt sie. „Ich habe sowohl beruflich als auch persönlich eine sehr bereichernde Erfahrung gemacht. Bei meinem Semester in Deutschland habe ich Menschen aus der ganzen Welt kennengelernt – und einen anderen Lehrstil, der mir sehr gefällt. Ich empfehle den Studiengang jedem, der sich beruflich und im Leben weiterentwickeln möchte.“
„Köln ist ein Ort, der einem sehr ans Herz wächst“, erzählt Juan Miguel Víquez von seinem Deutschlandaufenthalt. „Es fühlt sich jeden Tag ein bisschen mehr wie zu Hause an. Auch die vielen Vernetzungsmöglichkeiten und die verschiedenen Erfahrungen in einer multikulturellen Stadt haben mir sehr geholfen.“ Mithilfe der TH Köln uns des ITT hat Víquez auch Zugang zu anderen Universitäten bekommen und an Sommerschulen, Kursen und Kongressen teilnehmen können. „Man lernt nicht nur viel aus akademischer Sicht, sondern bekommt auch viel Gelegenheit, sich auf menschlicher Ebene intensiv auszutauschen“, sagt er. „Es ist ein besonders gutes Umfeld zum Lernen.“
Feldbesuche in Südspanien und Portugal
Auch Student Jorge Esteban Masis Aguilar lobt das Angebot der TH Köln. „Sie leisten großartige Arbeit“, sagt er. „Bevor ich nach Köln kam, habe ich an einigen Online- uns Hybrid-Kursen teilgenommen. In meiner Zeit in Deutschland hat mir die Hochschule geholfen, an zwei von der European Space Agency (ESA) organisierten Konferenzen teilzunehmen und mich im Bereich der Fernerkundung weiter professionell zu vernetzen. Durch die Teilnahme an Feldbesuchen in Nordrhein-Westfalen, Südspanien und Portugal konnte ich außerdem mit lokalen Akteuren aus der Wasserwirtschaft und der Landwirtschaft sowie mit anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in Kontakt treten.“
Das Programm richtet sich aber nicht nur an junge Forschende aus Costa Rica, sondern deckt ganz Lateinamerika und die Karibik ab. Julieta López beispielsweise kommt aus Mexiko. Sie hat einen Bachelor-Abschluss in Geowissenschaften und lernte das Programm kennen, als sie ein Forschungspraktikum an der Geografischen Fakultät der Universität von Costa Rica absolvierte. „Ich habe mich schon immer für Wasserressourcen interessiert, da es in Mexiko und weltweit viele Probleme in diesem Bereich gibt“, sagt sie. „Während des ersten Semesters in Costa Rica haben wir virtuelle Vorlesungen mit Professoren der TH Köln besucht, aber ich glaube, dass der direkte Kontakt und das persönliche Lernen mit ihnen in Köln eine große Chance für die berufliche Entwicklung sind.“ Auch López empfiehlt das Programm. „Es bietet einen umfassenden Lehrplan, der die Fähigkeiten und das Wissen abdeckt, die wir als Akademiker oder zukünftige Wasserressourcenmanager in Lateinamerika oder in jedem anderen Teil der Welt benötigen.“
Verena Kern (17. Januar 2024)