Nachhaltige Wege der Internationalisierung

Studierende der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) zusammen mit einer Studentin der Universität Panamericana in Mexiko bei der Projektarbeit

Die Internationalisierung ausbauen und gestalten – das ist für viele Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW) zu einem zentralen Anliegen geworden. Der DAAD unterstützt deutsche HAW deshalb mit seinem Programm HAW.International, von dem auch die Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen und die Technische Hochschule Wildau profitieren. 

Praxisnahe Lehre und Forschung mit guten Kontakten zu regionalen Unternehmen: Dafür stehen die Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW). Im Wettbewerb um kluge Köpfe und Sichtbarkeit auf dem globalen Hochschulmarkt wird es für deutsche HAW allerdings zunehmend wichtiger, sich international aufzustellen. „Das Thema Internationalisierung beschäftigt unsere Hochschule bereits seit 20 Jahren, wir kooperieren mit rund 160 ausländischen Hochschulen und bieten unter anderem englischsprachige Studiengänge sowie Austauschprogramme für Studierende an“, sagt Iris Ramme, Professorin für Marketing und Marktforschung sowie Direktorin für Internationale Hochschulangelegenheiten der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU). Zudem stellt sich die Hochschule einer zweiten Aufgabe unserer Zeit: Zum Leitbild der HfWU gehört die „Nachhaltige Entwicklung“, die im Sinne des globalen Diskurses der Vereinten Nationen ökologische, soziale und ökonomische Dimensionen umfasst. 

Prof. Dr. Iris Ramme, Direktorin für Internationale Hochschulangelegenheiten der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU)

Nachhaltigkeit und Internationalisierung zusammendenken

Das Projekt „SuPrHuman“ (Sustainability, Practical Studies and Humanities Double Degree Project), das der DAAD im Rahmen des Programms HAW.International fördert, bringt das Element der Nachhaltigkeit mit dem internationalen Profil der Hochschule zusammen: Zusätzlich zum Bachelor an der HfWU in wirtschaftswissenschaftlichen Fächern können die Studierenden einen universitären, geisteswissenschaftlichen Abschluss an einer der vier ausländischen Partneruniversitäten absolvieren. Studentinnen und Studenten der Partneruniversitäten profitieren von einem zusätzlichen praxisorientierten und am Gedanken der Nachhaltigkeit ausgerichteten Abschluss an der HfWU sowie einem Praktikum in Deutschland. „In den Unternehmen knüpfen die internationalen Studierenden wertvolle Kontakte und sammeln erste Berufserfahrungen“, erklärt Ramme. „Viele sehen darin einen guten Startpunkt für ihre Karriere.“ 

Zu den Partneruniversitäten der HfWU gehören die Linfield Universität in den USA, die Universität Pisa in Italien, die Dankook Universität in Südkorea und die Universität Panamericana in Mexiko. „Somit sind im Projekt drei verschiedene Kontinente und vier unterschiedliche Sprachen vertreten“, erläutert Ramme. „Die Hochschulen setzen darüber hinaus individuelle inhaltliche Schwerpunkte.“ Während zum Beispiel die Universität Panamericana Module in Philosophie und Theologie anbietet, vermittelt die Linfield Universität unter anderem literaturwissenschaftliche Kenntnisse. 

Die Unterstützung des DAAD ist für die Hochschule dabei in vielfacher Hinsicht gewinnbringend: „Wir haben eine zusätzliche Stelle geschaffen und finanzieren über das Stipendienprogramm die Aufenthalte der Studierenden an den Partneruniversitäten“, sagt Ramme.  Zudem war es dem SuPrHuman-Team mithilfe der DAAD-Förderung möglich, mehrfach zu den Partneruniversitäten zu reisen. „Das hat uns nicht nur fachlich, sondern auch auf der persönlichen Ebene nähergebracht. Der Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen funktioniert seitdem weitaus unkomplizierter.“ Damit lassen sich die Herausforderungen, die ein international angelegtes Projekt mit sich bringt, leichter überwinden. „Unterschiedliche Semesterzeiten und die Zeitverschiebung machen die Organisation von gemeinsamen Lehrveranstaltungen oder Sommerakademien zum Teil enorm schwierig“, erklärt Ramme. „Auch langwierige administrative Prozesse, die beispielsweise die Prüfungsordnungen an den jeweiligen Universitäten regeln, oder verschiedene Vorstellungen zu Curricula, Regelstudienzeiten und Praxissemestern gehören zu den Hürden, die wir überwinden müssen.“ Das ist der HfWU gemeinsam mit ihren Partnern gelungen: Erste Studierende sind mittlerweile mit einem Doppelabschluss aus Italien oder Südkorea zurückgekehrt. 

Projektverantwortliche der HfWU und Dankook Universität Südkorea im Doppelabschlussprogramm „Sustainability, Practical Studies and Humanities Double Degree Project“ (SuPrHuman). V.l.n.r.: Tim Kaiser (Dankook University), Prof. Dr. Erskin Blunck (HfWU), Prof. Dr. Iris Ramme (HfWU), Jiyoung Choi (Dankook University), Dr. Jaeil Kim (Dankook University).

Sustainable Mobility Academy

Auch die Technische Hochschule (TH) Wildau kombiniert Aspekte der Nachhaltigkeit mit Internationalität und hat sich mit dem Projekt „Sustainable Mobility Academy“ erfolgreich für das Programm HAW.International beworben. Bereits 2019 machte die Hochschule südlich von Berlin dabei die Erfahrung, dass sich das DAAD-Förderangebot lohnt: „Die TH Wildau hat seit Anfang der 2000-Jahre die Internationalisierung mit der Akquirierung von internationalen Studierenden und der Einrichtung von Doppelabschlussprogrammen stark vorangetrieben“, erläutert Karin Schmidt, Leiterin des International Office der TH Wildau. „Was allerdings fehlte, war ein auf allen Hochschulebenen verankertes Konzept.“ Die TH Wildau bewarb sich für das DAAD-Programm HAW.International – und entwickelte eine grundlegende Internationalisierungsstrategie, die die Bereiche Campus, Sprache, Netzwerk und Mobilität umfasst. Zusätzlich nutzte sie die finanzielle Unterstützung zum Kontaktaufbau mit Hochschulen in Subsahara Afrika. 

Mit dem aktuellen Projekt „Sustainable Mobility Academy“ setzt die TH Wildau ihr Internationalisierungskonzept um und verzahnt es mit zwei weiteren Schwerpunkten der Hochschule: Nachhaltigkeit und Mobilität. „Da die TH Wildau aus einem ehemaligen Lokomotivwerk hervorgegangen ist, bestimmt Mobilität unser akademisches Profil“, erläutert Schmidt. „Zudem spielt das Thema für die Region eine bedeutende Rolle; sowohl der neue Flughafen Berlin Brandenburg als auch international aufgestellte Unternehmen aus der Automobilindustrie befinden sich in unserer unmittelbaren Nähe.“ Im Rahmen der interdisziplinär angelegten „Sustainable Mobility Academy“ arbeitet die TH Wildau an einer Vernetzung mit internationalen Lehrstühlen sowie Unternehmen und Kommunen der Region – und bezieht Lehrende der Partnerhochschulen beispielsweise über Gastvorträge in ihre englischsprachige Summer-School mit ein. Damit bietet die zweiwöchige Veranstaltung Studierenden der TH Wildau die Möglichkeit, sich fachlich und sprachlich weiterzubilden; internationale Studierende erhalten wertvolle Impulse sowie die Möglichkeit, deutsche Unternehmen kennenzulernen. „Langfristig planen wir, die Sommerakademie zu verstetigen, zum Beispiel durch ein Zertifikatsmodell oder eine stärkere Integration in die Curricula“, sagt Schmidt.

Studierende bei einer praktischen Übung an der TH Wildau

Internationale Partnerschaften gestalten

Inhaltliche Expertise für die Seminare und Workshops liefert dabei Professor Christian Rudolph: Er leitet die Stiftungsprofessur „Radverkehr in intermodalen Verkehrsnetzen“ an der TH Wildau, die vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) als Anschubfinanzierung bis 2025 gefördert wird: „Mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Sommerakademie debattieren wir unter anderem die Frage, welchen Nutzen Städte aus der Ausweitung des Radverkehrs hinsichtlich des Umweltschutzes, der Sicherheit aller Bürgerinnen und Bürgern sowie der Inklusion von beeinträchtigten Menschen ziehen können“, sagt er. „Dabei diskutieren wir ein breites Spektrum nachhaltiger Mobilität. Uns interessiert, welche Wirkungen die Einführung eines guten ÖPNV, alternative Antriebe mit Elektromotor und Brennstoffzellenantrieb sowie die Einbeziehung von Bürgerinnen und Bürgern in Planungsprozesse entfalten können.“ 

Teilnehmende der Sommerakademie zum Thema „Nachhaltige Mobilität“ an der TH Wildau bei einer Exkursion

Zudem gelingt es der TH Wildau im Rahmen des Projekts, neue internationale Partnerschaften aufzubauen – und bereits bestehende Kooperationen zu intensivieren. „Im Sommer 2021 haben wir mit anderen Hochschulen die Europäische Nachbarschaftsinitiative gegründet, um die Mobilität unserer Studierenden und Mitarbeitenden zu erhöhen, gemeinsame internationale Projekte umzusetzen und eine interdisziplinäre digitale Infrastruktur zu entwickeln“, erläutert Schmidt. „Dank der Unterstützung des DAAD und mithilfe des europäischen Netzwerks können wir die Praktikamöglichkeiten für unsere Studierenden im Bereich der nachhaltigen Mobilität kontinuierlich ausbauen.“

Christina Pfänder (14.12.2023)

 

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