Internationalisierung strategisch verankern

Teilnehmende der Programmtagung HAW.International vom 23. bis 26. November 2022 in Berlin

Seit 2019 fördert der DAAD mit HAW.International den Ausbau der Internationalisierung an Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW). Mit Erfolg auf allen Programmebenen, wie eine aktuelle Studie zeigt. 

Das deutsche Modell der angewandten und praxisnahen Lehre und Forschung gewinnt im Ausland zunehmend an Ansehen – und die deutschen Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW) werden für internationale Studierende immer attraktiver. Wesentlichen Anteil daran hat auch das Programm HAW.International, mit dem der DAAD deutsche HAW dabei unterstützt, ihr internationales Profil zu schärfen und auszubauen. „Der Internationalisierungsgrad der einzelnen HAW ist sehr unterschiedlich“, sagt Nicole Ohlemüller, DAAD-Referatsleiterin für Internationalisierung digital, Hochschulen für Angewandte Wissenschaften. „Forschungsorientierte HAW sind beispielsweise in der Regel bereits stärker international ausgerichtet als kleinere Hochschulen im ländlichen Raum.“ 

HAW.International besteht deshalb aus verschiedenen Förderangeboten, die je nach Bedarf einzeln genutzt werden können und einander ergänzen. „Unser Ziel ist es, den Internationalisierungsprozess auf allen Hochschulebenen strategisch zu verankern“, erklärt Ohlemüller. „Neben Studierenden sowie Lehrenden und Forschenden schließen wir auch das Verwaltungspersonal in unsere Förderung ein.“ Zum Programm gehören Individualstipendien für Studien- und Praktikumsaufenthalte, aber auch die Unterstützung von internationalen Kooperationsprojekten mit Hochschulen und Praxispartnern sowie das Angebot zur Beratung, Fortbildung und zum Dialog.  

Strukturelle Besonderheiten

HAW.International bietet eine gute Möglichkeit für Hochschulen für Angewandte Wissenschaften, sich angesichts einer globalisierten Welt auf dem internationalen und europäischen Hochschulmarkt noch besser zu positionieren. „Im Unterschied zu den Universitäten spielt der Regionalbezug bei den HAW eine wichtige Rolle, da sie klassischerweise Fachkräfte für den regionalen Arbeitsmarkt ausbilden“, erklärt Dr. Joachim Metzner, emeritierter Professor für Sprach- und Literaturpädagogik und ehemaliger Präsident der Technischen Hochschule Köln. Für viele von ihnen sei es in den letzten Jahrzehnten eine Herausforderung gewesen, die regionale Ausrichtung beizubehalten und zugleich interkulturelle Kompetenzen zu vermitteln – auch kleine und mittlere Unternehmen benötigen für weltweite Absatzmärkte und Standorte rund um den Globus Fachkräfte mit internationaler Erfahrung. „Die HAW haben aber erkannt, dass Regionalbezug und Internationalität keine Gegensätze bilden, sondern in einer globalisierten Welt und einer international verflochtenen Unternehmenslandschaft zwingend zusammengehören“, sagt Metzner. 

Neben der regionalen und anwendungsnahen Ausrichtung gehören ein straffes Curriculum, das den Studierenden wenig Zeit für einen Auslandsaufenthalt lässt, sowie geringere personelle Ressourcen und hohe Lehrverpflichtungen zu den Besonderheiten der HAW. „Mit dem Programm reagieren wir auf diese speziellen Herausforderungen“, erläutert Ohlemüller. „Studierende haben beispielsweise die Möglichkeit, für ein Semester oder für eine Abschlussarbeit ins Ausland zu gehen.“ Zudem spiele die Einbindung von Praxispartnern schon bei der Antragsstellung eine wichtige Rolle: für gemeinsame Projekte und Praktika, aber auch die Lehre an den Hochschulen. 

Teilnehmende eines Workshops im Rahmen der Programmtagung HAW.International vom 23. bis 26. November 2022 in Berlin

Ausblickstudie zu HAW.International

Damit bringt das DAAD-Programm die Internationalisierung der HAW auf allen Ebenen voran, wie eine aktuelle Studie belegt: Von 2019 bis 2022 nutzten über 6.600 Personen die Möglichkeit zum Auslandsaufenthalt – und erweiterten damit maßgeblich ihre interkulturellen, fremdsprachlichen, praktischen und fachlichen Fertigkeiten. „Darüber hinaus ist es den Hochschulen mithilfe des Programms gelungen, in Verwaltung, Forschung und Lehre Internationalisierungskompetenzen aufzubauen. Zahlreiche HAW haben ihre Strategien neu konzipiert oder weiterentwickelt“, sagt Ohlemüller. Auch die Fort- und Weiterbildungen entfalteten Wirkung: Eine deutliche Mehrheit der Teilnehmenden stuften das Angebot als nützlich für ihre Arbeit ein. Positiven Einfluss nahm das Programm zudem auf den Auf- und Ausbau internationaler Projekte und Netzwerke, beispielsweise in Form einer internationalen Unternehmenspartner-Datenbank, in der die Studierenden nach Plätzen für Auslandspraktika suchen können. 

Um die zukünftige Internationalisierung an HAW noch zielgerichteter zu gestalten, fragte die Studie auch nach Trends an den deutschen Hochschulen: Die Gewinnung von Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern aus dem Ausland, Fachkräften für die deutsche Wirtschaft und die Integration internationaler Studierender wird demnach künftig noch stärker im Vordergrund stehen. „Zudem erkennen wir die Notwendigkeit, angesichts weltpolitischer Veränderungen die HAW in größerem Umfang zu potenziellen ausländischen Partnern zu beraten“, sagt Ohlemüller. 

Auch Professor Joachim Metzner sieht in dem DAAD-Programm ein bewährtes Instrument, das den HAW zukünftig in erweiterter Form zur Verfügung stehen sollte. „In den nächsten Jahren wird sowohl die Anzahl der Double-Degree-Studiengänge als auch der Promotionsvorhaben an HAW zunehmen, die mit internationalem Austausch oder binationaler Betreuung verbunden sind“, sagt er. „Die Förderung solcher Projekte würde sich auch auf die Qualität der Internationalisierung der beteiligten Hochschulen auswirken.“ Zudem erwarteten Politik und Unternehmen, dass die HAW sich verstärkt um eine berufliche Anbindung internationaler Absolventinnen und Absolventen über ihren Abschluss hinaus bemühen. „In vielen HAW hat deshalb eine Internationalisierung der Career-Center begonnen, auch hier wäre eine Unterstützung bei der Entwicklung von Konzepten und Etablierung neuer Formate wichtig.“

Christina Pfänder (30. November 2023)


 

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