Serbien: Bildung und Wissenschaft

Studierende am Rednerpult ihrer Dozentin.

Serbien trat 2003 dem Bologna-Prozess bei und verabschiedete 2005 ein neues Gesetz zur höheren Bildung, auf dessen Grundlage das European Credit Transfer System, das dreizyklische Studiensystem und die Ausstellung von Diplomzusätzen eingeführt wurde. Gemäß der 2012 verabschiedeten und 2016 überarbeiteten „Strategy on Science and Technological Development of the Republic of Serbia for the period from 2016 to 2020“ sollen die staatlichen Ausgaben für Bildung erhöht werden, um die Qualität der Bildung zu verbessern und den Anschluss an den internationalen Hochschulraum nicht zu verlieren. Eine neue „Science and Education Strategy“, die bis 2030 reichen soll, ist in Vorbereitung. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird sie vor allem darauf ausgerichtet sein, die Transition der Schul- und Universitätsabsolventen in den Arbeitsmarkt zu verbessern.

Neben den Universitäten gibt es berufsbildende Hochschulen, die zwischen Berufs- und Fachhochschulen anzusiedeln sind und angewandte Studienfächer anbieten. Nach der Reform des Hochschulgesetzes von 2005 wird dieses System langfristig auslaufen. 2017 wurde ein Gesetz zur Einführung eines dualen Berufsbildungssystems verabschiedet.

Da die Fakultäten beziehungsweise Universitäten autonom sind, können diese ihr Studienjahr selbst strukturieren. Überwiegend erfolgt die Aufteilung in zwei Semester (Winter- und Sommersemester) mit je drei Monaten Vorlesungszeit und jeweils drei Prüfungszeiträumen. Das Wintersemester beginnt Ende September/Anfang Oktober und endet im Januar. Das Sommersemester beginnt Ende Februar beziehungsweise Anfang März und endet im Juni. Der Hochschulzugang setzt eine Hochschulzugangsberechtigung voraus. Dies ist in der Regel das Abitur (Matura). Zusätzlich werden häufig Eingangstests durchgeführt und ein Numerus Clausus festgelegt. Im Studienjahr 2018/19 waren knapp 250.000 Studierende immatrikuliert. Die Zahl der Doktoranden ist auf über 13.200 angestiegen. Etwa jeder dritte Lehrstuhl wird von einer Professorin geleitet.

Forschung findet in den circa 65 staatlichen Forschungsinstitutionen und Akademien und auch an den Universitäten statt. In manchen Fachbereichen ist Forschung aber aufgrund der Mangelfinanzierung nur eingeschränkt möglich. Um dieser Situation zu begegnen, wurde 2019 der Wissenschaftsfonds der Republik Serbien gegründet, mit dem Wissenschaft und Forschung in Serbien weiter entwickelt werden soll und der auch ein Nachwuchsprogramm beinhaltet. Um Forschung und Wirtschaft besser miteinander zu vernetzen, wurde bereits im Jahr 2018 ein Science Technology Park in Belgrad gegründet.

Herausragende Forschungseinrichtungen sind:

  • Institut für Physik (Belgrad)
  • Institut „Mihajlo Pupin“ (Informations- und Kommunikationstechnologie, Belgrad)
  • Institut für Nuklearwissenschaften „Vinca“ (Belgrad)
  • Institut für Acker- und Gemüsebau (Novi Sad)
  • Institut für Virologie „Torlak“ (Belgrad)
  • Institut für biologische Forschung „Sinisa Stankovic“ (Belgrad)
  • Biosense, Institut für Agrifood und Biosysteme (Novi Sad)

An den staatlichen Universitäten gab es bisher vier Germanistiken (Belgrad, Novi Sad, Kragujevac und Novi Pazar). An der Universität Nis wurde mit dem Studienjahr 2018/19 ein neues Germanistik-Studienprogramm mit dem Schwerpunkt Lehrerausbildung akkreditiert. An diesen nun insgesamt fünf Lehrstühlen studieren insgesamt circa 950 Studierende Deutsch. Außerdem bieten private Hochschulen in Nis und Novi Pazar Germanistik als Studienfach an.

An größeren Fakultäten wie der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät, der Juristischen und auch der Politikwissenschaftlichen Fakultät Belgrad wird Deutsch als Fremdsprache (DaF) als Wahl(pflicht)fach angeboten. An den privaten Universitäten wird DaF im studienfachbegleitenden Sprachunterricht angeboten. So lernen rund 800 Studierende an den Privatuniversitäten Deutsch als zweite Fremdsprache.

An Schulen und Hochschulen entwickelt sich Deutsch zur stärksten Fremdsprache nach Englisch. Sowohl im Hochschulbereich als auch im Bereich der privaten Sprachkursanbieter (inklusive GI) zeigt sich eine stabile respektive zunehmende Nachfrage nach DaF-Unterricht. Während es in Nordserbien (Vojvodina) seit jeher eine große kulturelle Nähe zum deutschen Sprachraum gibt, wird die steigende Nachfrage in Zentral- und Südserbien eher über Ansiedlungen von Firmen aus dem DACH-Raum und vor allem auch durch die zum Teil desolate Arbeitsmarktsituation in Serbien und den Fachkräftemangel in Deutschland (hier speziell im Bereich medizinisches Personal) hervorgerufen. Dieser Trend wird sich durch das im März 2020 in Kraft getretene Fachkräfteeinwanderungsgesetz sicherlich noch verstärken.


Verfasserin: Dr. Simone Heine, Leiterin des DAAD-Informationszentrums Belgrad

Der DAAD ist in Serbien mit einem Informationszentrum in Belgrad vertreten. Darüber hinaus gibt es jeweils ein Lektorat im Informationszentrum Belgrad, an der Universität Belgrad sowie an der Universität Novi Sad.