Polen: Bildung und Wissenschaft

Studierende am Rednerpult ihrer Dozentin.

Die Mehrheit der polnischen Studierenden ist an staatlichen Einrichtungen eingeschrieben. Hier sind die 18 staatlichen Volluniversitäten zu nennen (2018/19: circa 29 Prozent aller Studierenden), 18 Technische Universitäten (2018/2019: 18 Prozent), 6 Landwirtschaftliche Universitäten (2018/19: 4,5 Prozent), sowie 5 Wirtschaftsuniversitäten (2018/19: 4,5 Prozent). Forschung wird in Polen vor allem an den staatlichen Hochschulen, an wenigen privaten Hochschulen, an den Forschungseinrichtungen der Polnischen Akademie der Wissenschaften (PAN) sowie an selbstständigen Forschungseinrichtungen (staatliche Ressortinstitute) betrieben. Die PAN finanziert rund 70 eigene Forschungsinstitute im Inland und darüber hinaus sechs im Ausland. Zudem gibt es ein Netzwerk von über hundert technischen selbstständigen Forschungseinrichtungen.

Die staatlichen Hochschulen werden in der Regel vom Ministerium für Wissenschaft und Hochschulen zentral finanziert; bestimmte fachlich gebundene Hochschulen (zum Beispiel die Medizinischen Universitäten) erhalten ihre Mittel vom jeweiligen Fachministerium; die Akademie der Wissenschaften und deren Institute haben einen eigenen Budgetansatz im Staatshaushalt.

2019 sind die Ausgaben für Wissenschaft und Hochschulen gegenüber dem Vorjahr um fast 8 Prozent gestiegen. Für 2020 wird eine Steigerung um etwa 7 Prozent für beide Bereiche erwartet. Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung steigen zwar ebenfalls kontinuierlich an, liegen aber mit 1,21 Prozent des BIP (2018) weit unter dem EU-Richtwert von drei Prozent.

Trotz massiver EU-Strukturhilfen – zwischen 2013 bis 2020 erhält Polen 72,9 Mrd. Euro aus Kohäsionsmitteln der EU – hat Polen im Bereich der Innovationsfähigkeit Nachholbedarf. Zu verzeichnen ist ein Zuwachs der Ausgaben der Wirtschaft in Forschung und Entwicklung (2015: 39 Prozent der Ausgaben; 2016: 53,1 Prozent der Ausgaben; Vergleich zu Deutschland: 2015: 65,8 Prozent; 2016: 65,2 Prozent). Potenzial liegt in dem hohen Ausbildungsstand der jungen Generation: 43,5 Prozent der 25 bis 34-jährigen haben einen Hochschulabschluss (Vergleich zu Deutschland 32,3 Prozent).

Das größte Problem für die polnischen Hochschulen ist der demografisch bedingte Rückgang der Studierendenzahlen. Seit 2005 ist die Zahl der Studienanfänger stark rückläufig.

Im ademischen Jahr 2018/2019 waren 1.230.254 Studierende eingeschrieben. Dies waren knapp fünf Prozent weniger als im Vorjahr. Die Immatrikulationsquote der Abiturienten ist relativ hoch und liegt den jüngsten vorliegenden Zahlen (2017) zufolge bei 68 Prozent (Deutschland 2017 70 Prozent). Während die Zahlen der Eingeschriebenen im BA- und MA-Bereich seit 2006 rückläufig sind, ist die Zahl der Doktoranden 2017/2018 zum ersten Mal seit Jahren zurückgegangen, auf 41.318 (von 43.181 im Vorjahr, - 4,3 Prozent), die rückläufige Tendez war auch im akademischen Jahr 2018/19 zu verzeichnen (39.269).

Das Hochschulsystem reagiert auf die rückläufigen Studierendenzahlen: Während die staatlichen Hochschulen Studiengänge streichen, Immatrikulationsfristen flexibilisieren oder Personal einsparen, müssen viele private Anbieter ihre Einrichtungen ganz schließen. Das Marketing zur Akquirierung ausländischer Studierender vor allem aus dem nichteuropäischen Ausland wurde verstärkt, professionalisiert und zeigt deutliche Erfolge.
Das Vollzeitstudium an öffentlichen Hochschulen ist für Europäische (EU)-Bürger kostenfrei. Das Studium an privaten Institutionen ist dagegen für alle Immatrikulierten kostenpflichtig: die Gebühren liegen zwischen 2.000 und 12.000 Euro pro Jahr. Ausländische Studierende von außerhalb der Europäische Union EU müssen auch an den staatlichen Hochschulen Studiengebühren in Höhe von 2.000 bis 3.000 Euro pro Jahr aufbringen. Für das Abend- und Fernstudium – eine in Polen sehr beliebte Form der tertiären Bildung – erheben auch die öffentlichen Einrichtungen Studiengebühren (zum Beispiel zwischen 1.000 und 3.500 Euro an der Universität Warschau). An vielen Hochschulen gibt es darüber hinaus kostenpflichtige englischsprachige Studiengänge, die pro Studienjahr bis zu 10.000 Euro kosten können (zum Beispiel an den Medizinischen Universitäten).

Für den Hochschulzugang ist in Polen die allgemeine Hochschulreife erforderlich, die mit dem Bestehen des Abiturs (polnisch „matura“) nachgewiesen ist. Die Zulassung zum grundständigen Studium erfolgt in Abhängigkeit von der Abiturnote; an bestimmten fachlich spezialisierten Hochschulen (zum Beispiel Kunst- und Musikhochschulen) gibt es Aufnahmeprüfungen. Entsprechend den Vorgaben des Bologna-Systems werden drei Studienzyklen unterschieden. Der erste Zyklus dauert 3 bis 3,5 Jahre und endet mit dem Bachelor-Abschluss (polnisch „licencjat“ oder, an Technischen Hochschulen, polnisch „inżynier“), der zweite Zyklus dauert 1,5 bis 2,5 Jahre und endet mit dem Master-Abschluss (polnisch „magister“). Ausnahmen sind die Rechtswissenschaften und die Medizin. Das Medizinstudium ist auf sechs Jahre angelegt und wird mit dem Grad ‚Arzt‘ (polnisch „lekarz“) abgeschlossen. Im Postgraduiertenbereich können die akademischen Titel Dr. (polnisch „doktor“) und Dr. habil. (polnisch „doktor habilitowany“) vergeben werden. Das akademische Jahr wird in zwei Semester unterteilt. Das Wintersemester beginnt zum 1. Oktober und endet Ende Januar/Anfang Februar, das Sommersemester beginnt Mitte Februar und endet im Juni. In der Prüfungszeit (polnisch „sesja“) Ende Januar/Anfang Februar s

Verfasser: Außenstelle Warschau 

Der DAAD ist in Polen durch eine Außenstelle in Warschau mit zurzeit sechs Mitarbeitern vertreten. Dazu gehören 18 Lektorate in Bromberg, Danzig, Kattowitz, Krakau, Łódź, Lublin, Allenstein, Posen, Thorn, Stettin, Warschau, Breslau und Grünberg.