Moldau: Bildung und Wissenschaft

Studierende am Rednerpult ihrer Dozentin.

Der Bevölkerungsrückgang betrifft vor allem die junge Generation und hat große Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung der Moldau. Der Konflikt der bis zum heutigen Tage die Republik Moldau spaltet, entzündete sich Ende der 1980-Jahre an den Forderungen der moldauischen/rumänischen Nationalbewegung in der sowjetischen Moldau – besonders an der Einführung des Rumänischen (in Lateinschrift) als Landessprache –, die den Widerstand der privilegierten russischsprachigen Nomenklatura so wie der hauptsächlich urbanen russischsprachigen Bevölkerung hervorriefen, die sich einer Loslösung aus der Sowjetunion und einem Verlust ihrer Privilegien widersetzten. Dementsprechend sah sich der junge Staat auch früh starken separatistischen Bewegungen in den von Gagausen bewohnten Gebieten im Süden des Landes so wie in Transnistrien ausgesetzt. In deren Folge verlor die junge Republik 1992 nach einem kurzen aber blutigen Konflikt die Kontrolle über die meisten Gebiete am östlichen Ufer des Dnjestr sowie über die Stadt Bender (Tighina) am westlichen Ufer des Flusses an die so genannte „Pridnestrowische Moldauische“ (Transnistrien), einem de facto Regime, das zwar von Russland unterstützt, internati-onal aber von keinem Staat – selbst von der Russländischen Föderation nicht – anerkannt wird.

Offizielle Amtssprache ist seit der Unabhängigkeit Rumänisch. Obwohl die Verfassung von 1994 (Art. 13) Moldauisch als offizielle Landessprache festlegt, wies der Verfassungsgerichtshof in einem Urteil aus dem Jahr 2013 – unter Verweis auf die Unabhängigkeitserklärung von 1991 – diese Rolle dem Rumänischen zu. In sprachwissenschaftlicher Sicht ist der Fall eindeutig: die Muttersprache der meisten Moldauer ist eine regionale Varietät des Standardrumänischen, welche große Ähnlichkeiten mit dem in der rumänischen Moldau gesprochenen Rumänisch aufweist. Russisch wird nach wie vor in vielen Bereichen gesprochen und hat in der Verfassung den Status der Sprache der „interethnischen Kommunikation“. In der Fremdsprachenausbildung hat Englisch das jahrzehntelang vorherrschende Französisch abgelöst. Deutsch nimmt unter den Fremdsprachen zurzeit den dritten Platz ein.

In der Republik Moldau gibt es insgesamt 32 Hochschulinstitutionen, von denen 19 staatlich sind. Laut offiziellen Statistiken sind im Studienjahr 2017/2018 ungefähr 65.500 Studierende immatrikuliert. Ausländische Studierende sind hier nicht eingeschlossen. Die Zahl sank um 9.200 im Vergleich zum Vorjahr. Dies entspricht 12,3 Prozent. 49.000 studieren derzeit im grundständigen Bachelorstudium sowie 12.000 in Masterstudiengängen. Mehr als 4.300 studierten in anderen Studiengängen wie z.B. Medizin, Architektur oder Pharmazie. Die Zahl der Doktoranden ist von 1.485 im Jahr 2012 auf 1.622 im Jahr 2017 gestiegen. 84,4 Prozent beziehungsweise 55.300 Studierende studieren an öffentlichen Hochschulen. Die Zahl der weiblichen Studierenden liegt mit 58,1 Prozent deutlich über der der Studenten.

An staatlichen Hochschulen zahlen Studierende im Grundstudium im Durchschnitt 5.500 Leu (circa 244 Euro) Studiengebühren während Studierende aus dem Ausland im Bachelor beziehungsweise Master zwischen 600 und 800 Euro an Studiengebühren aufbringen müssen. Die Hochschulen legen die Studiengebühren im Rahmen gesetzlicher Vorgaben fest. Circa 30 Prozent der Studierenden erhalten staatliche Zuschüsse. Der Anteil variiert jedoch zwischen den einzelnen Fächern.
Im Munizipium Chişinău befinden sich die überwiegende Mehrheit der Institutionen. Die einzige Hochschule mit einem erweiterten Fächerspektrum ist die Staatliche Universität Moldau (USM) in Chişinău. Darüber hinaus gibt es eine Reihe von Hochschulen mit fachlicher Spezialisierung wie die Technische Universität Moldau (UTM), die Staatliche Pädagogische Ion Creangǎ Universität (UPSC), die Staatliche Medizinisch-Pharmazeutische Nicolae Testemiţanu Universität (USFM), die Akademie für Wirtschaftsstudien Moldau (ASEM) sowie die Staatliche Agraruniversität Moldau (UASM). Größte Privathochschule ist die Freie Internationale Universität Moldau (ULIM).
Staatliche Hochschulen gibt es auch in den Städten Bălţi, Comrat, Cahul und Taraclia. Einen Sonderfall bildet die einzige im separatistischen Landesteil Transnistrien befindliche Transnistrische „Taras Schewtschenko”-Universität Tiraspol mit Filialen in Rîbniţa und Bender (Tighina), welche die einzige Hochschule in der völkerrechtlich nicht anerkannten „Pridnestrowischen Moldauischen Republik“ ist.

Die Republik Moldau ist 2005 dem Bologna Prozess beigetreten. Die Umsetzung ist uneinheitlich. Für einen Großteil der Studiengänge wurde vom alten Diplomabschluss (nach fünf Jahren) auf ein zweistufiges System mit dem Zeitschema 3+2 gewechselt. Für einige Fachrichtungen wie zum Beispiel die Lehrerausbildung gilt hingegen das Schema 4+1. Für das Doktorandenstudium sind grundsätzlich drei Jahre vorgesehen. In Transnistrien wiederum orientiert man sich an der Bildungspolitik der Russländischen Föderation; die Bestimmungen des Bologna-Prozesses werden dort nur langsam und in ausgewählten Fächern umgesetzt. Nach dem Austritt der Liberalen Partei aus der moldauischen Regierungskoalition im Mai 2017 wurde das Bildungsministerium mit dem Kulturministerium zum Ministerium für Bildung, Kultur und Wissenschaft zusammengelegt. Das Ministerium wird nun von Monica Babuc geleitet.

Verfasser: Dr. Josef Sallanz, Lektorat Chişinău und DAAD Bonn

Der DAAD ist in Moldau mit einem Lektorat an der Staatlichen Pädagogischen Ion Creangă-Universität zu Chişinău vertreten.