Malaysia: Bildung und Wissenschaft

Studierende am Rednerpult ihrer Dozentin.

Malaysia, ein multiethnisches, multilinguales und multireligiöses Land (51 Prozent der Bevölkerung sind malayischer, 23 Prozent chinesischer, 12 Prozent indigener und 7 Prozent sind indischer Abstammung) hat in den vergangenen Jahrzehnten eine rasante wirtschaftliche Entwicklung vom agrarischen Rohstofflieferanten zum Industriestandort mit einem durchschnittlichen Einkommen im mittleren bis oberen Bereich genommen. In den vergangenen Jahren und Jahrzehnten hat Malaysia einen soliden und anhaltenden wirtschaftlichen Aufschwung erlebt (Wirtschaftswachstum 2019: 4,4%). Verglichen mit anderen Ländern in Südostasien verfügt Malaysia über eine hohe Wirtschaftskraft. 2019 betrug das BIP pro Kopf in KKP 32.881 US-Dollar (zum Vergleich: Indonesien 13.998 US-Dollar, Thailand 20.365 US-Dollar) und liegt damit weiterhin über dem Wert der EU-Mitglieder Rumänien, Kroatien und Bulgarien und etwa gleichauf mit Polen und Ungarn.

Der Ölpreisverfall, eine steigende Inflation (3,5 Prozent) sowie Korruption und Misswirtschaft der vorherigen Regierung setzten die wirtschaftliche Entwicklung jedoch seit 2014 unter Druck und haben unter anderem zu einem umfangreichen Stellenabbau bei der Government linked company (GLC) Petroliam Nasional Bhd (Petronas) geführt.

Malaysia ist eine gelenkte Marktwirtschaft und will bis zum Jahr 2020 den Status eines Landes mit hohem Einkommen erreichen („Vision 2020“). Wesentlich dafür ist die Transformation des Landes in eine Wissensgesellschaft. Demgemäß investiert Malaysia überdurchschnittlich in die Bildung (19,7 Prozent des Staatshaushalts). Während die ökonomischen Rahmenbedingungen die öffentlichen Hochschulen 2016 und 2017 mit Haushaltskürzungen von bis zu 31 Prozent massiv unter Druck setzten, lässt sich seit dem Regierungswechsel 2018 ein Paradigmenwechsel erkennen: 2020 betragen die staatlichen Zuwendungen für das Ministry of Education 64.1 Mrd. Ringgit (ca. 14 Mrd. €) und machen damit den mit Abstand größten Posten des Staatshaushalts aus (22,4%). Diese Position wurde im Vergleich zum Vorjahr um 3,9 Mrd. Ringgit (+6,45%) angehoben. Zusätzlich wurden 564 Mio Ringgit bereitgestellt, um Malaysias Rahmenbedingungen für Forschung und Entwicklung zu verbessern.

Zuständig für die Planung und Umsetzung der Hochschulpolitik ist das Ministry of Education (MoE). Das MoE steuert die Entwicklung der Hochschulen mittels Zehnjahresplänen; der aktuelle „Malaysia Education Blueprint (Higher Education) 2015-2025“ sieht unter anderem vor, dass einzelne Hochschulen in Zukunft mehr Autonomie von der zentralen Steuerung durch das MoE bekommen sollen. Für Forschung ist das Ministry of Energy, Science, Technology, Environment and Climate Change (MESTECC) relevant. Gegenwärtig ist die Gründung der Forschungsagentur Research Management Agency (RMA) mit einem vorläufigen Jahresbudget von 10 Mio. Ringgit geplant, die dann auch die Aktivitäten der an verschiedenen Ministerien angesiedelten Forschungsinstitute koordinieren wird.

Nach einem intensiven Ausbau des Hochschulsystems in den letzten 20 Jahren verfügt Malaysia heute über 20 staatliche Universitäten, 33 Politechnic und 67 private Universitäten und University Colleges, die akademische Grade verleihen. Die Zahl der eingeschriebenen Studierenden betrug 2018 nach Erhebungen des Ministry of Education (MoE) 538,555 (+3% zum Vorjahr) an den öffentlichen und 6668.689 (+18%) an den privaten Hochschulen mit einem Frauenanteil von 52 Prozent (UNESCO: 58%). Die öffentlichen Hochschulen sind bis zu 90 Prozent staatlich finanziert (wobei die Regierung diese Quote sukzessive senkt) und bieten zumeist ein breites Fächerangebot bis zur Promotion an. Die privaten Universitäten sind marktorientiert und haben deshalb oft nur ein eingeschränktes Fächerangebot. University Colleges konzentrieren sich auf das grundständige Studium und nicht-akademische „diploma“-Programme, die in Deutschland zur beruflichen Bildung zählen. Die Universitäten erheben Studiengebühren, die im öffentlichen Sektor moderat sind und bei circa 700 Euro pro Jahr beginnen und im privaten Sektor etwa zwischen 4.000 und 7.000 Euro pro Jahr liegen (nicht-medizinische Fächer). Niederlassungen internationaler Universitäten sind oft teurer.

Malaysia folgt dem dreigliedrigen angelsächsischen Studiensystem; die Bachelor-, Master- und Doktorgrade der staatlichen und führenden privaten Universitäten sind international (und auch in Deutschland) anerkannt. Sämtliche Studiengänge an staatlichen und privaten Hochschulen werden durch die Malaysian Qualifications Agency (MQA) im Hinblick auf definierte Qualitätskriterien geprüft und akkreditiert.

Englisch ist in Malaysia Zweitsprache und wird weithin als Unterrichtssprache an Hochschulen verwendet, was Zusammenarbeit und Austausch erheblich erleichtert.

Es gibt in Malaysia verschiedene Wege zum Hochschulstudium. Nach dem Abschluss der Sekundarstufe (11 Schuljahre) (SPM, äquivalent mit den britischen O-Levels) erwerben viele Malaysierinnen und Malaysier die britischen A-Levels oder deren malaysische Entsprechung, das STPM (beides 2-jährig). A-Levels und STPM berechtigen auch in Deutschland zum direkten Hochschulzugang. Alternativ können malayische Schülerinnen und Schüler nach dem SPM an vielen Hochschulen fachbezogene Foundation- oder Matriculation-Programme absolvieren (meist einjährig), die in Malaysia ebenfalls direkt zum BA-Studium führen, in Deutschland aber nicht. Insgesamt beträgt die Beteiligung an tertiärer Bildung in Malaysia 36 Prozent eines Jahrgangs (inklusive nicht-akademischer ‚diploma‘-Programme). Diese Zahl soll laut Education Blueprint (Higher Education) bis 2025 auf 53 Prozent (circa 2,5 Millionen Studierende) steigen.

Die malaysische Regierung verfolgt eine affirmative action-Politik entlang ethnischer Distinktionen, durch die die muslimischen Malaien besonders gefördert werden. Ihnen wird unter anderem der Zugang zu staatlichen Hochschulen und zu Stipendien erleichtert. Chinesische und indische Bürgerinnen und Bürger sind in höherem Maße auf kostspieligere private Hochschulen oder ein Auslandsstudium angewiesen. Einzelne Universitäten haben aber begonnen, die Vergabe von Stipendien und Studienplätzen nur noch an Leistungskriterien zu knüpfen.

Forschung gehört zu den Kernaufgaben der staatlichen Universitäten. Die malaysische Regierung hat das Ziel, international konkurrenzfähige Forschung aufzubauen. Zwei Spitzenuniversitäten sollten bis 2025 zu den besten 100 der Welt (laut QS-Ranking) gehören, was der UM bereits im Jahre 2018 gelungen ist. Für diese Ziele wurden erhebliche Mittel zur Verfügung gestellt. So werden fünf führende staatliche Universitäten als „Research Universities“ (RU) besonders gefördert. Die fünf Research Universities sind

Malaysia unternimmt große Anstrengungen, um in Forschung und Entwicklung zu den Industrieländern aufzuschließen. Dem weiteren Ausbau von Forschungskapazitäten kommt auch laut Malaysia Education Blueprint (Higher Education) 2015-2025 groβer Stellenwert zu. Staatlich besonders geförderte Forschungsbereiche sind Life Sciences, Klima, Energie, IT und Wirtschaft. Der Forschungsoutput Malaysias hat sich in den vergangenen Jahren sehr gut entwickelt: Von 2012 bis 2016 ist die Zahl der international bedeutsamen Publikationen nach ELSEVIER um 7,2% gestiegen, die höchste Steigerung weltweit. Parallel dazu vervierfachte sich die Zahl der Nennungen, während Patententanmeldungen im genannten Zeitraum um 11% zulegten.

Verfasser: Brian Trenaman, Leiter des DAAD-Informationszentrums Kuala Lumpur

Der DAAD ist in Malaysia mit einem Informationszentrum in Kuala Lumpur und einem Lektorat an der Universiti Malaya vertreten.