Bhutan: Bildung und Wissenschaft

Studierende am Rednerpult ihrer Dozentin.

Das unabhängige Königreich Bhutan ist seit 2008 eine konstitutionelle Monarchie und folgt dem politischen System Großbritanniens. Bhutan hat circa 750.000 Einwohner. Staatsoberhaupt ist der König (Druk Gyalpo) Jigme Khesar Namgyel Wangchuck. Er ist seit der Abdankung seines Vaters Jigme Singye Wangchuck im Jahr 2006 Amtsinhaber und wurde im Jahr 2008 gekrönt.

Bis in die 1950er Jahre war die Bildung in Bhutan vor allem ein klösterliches System. Alphabetisierung beschränkte sich auf die Klöster, und viele hervorragende bhutanische Gelehrte reisten nach Tibet, um buddhistische Schriften zu studieren. In den 1950er Jahren eröffnete Bhutan seine ersten Sekundarschulen die sich am indischen Curriculum orientierten mit der Unterrichtssprache Hindi. Erst in den 1960er Jahren unter dem dritten König Jigme Dorji Wangchuck wurde das Bildungswesen stärker vorangetrieben und Englisch zur Unterrichtssprache, die einheimische Landessprache Dzongkha ist Pflichtfach für alle. Diese Schritte führten zur Gründung des heutigen Systems der Vorschul-, Schul- und Hochschulausbildung. Der Mangel an Lehrern in Bhutan führte zunächst dazu, Lehrer aus dem Nachbarland Indien zu rekrutieren und bhutanische Schüler zu Missionsschulen in Darjeeling, Indien, zu senden.

Die Bhutanische Regierung unternahm in den 1960er und 1970er Jahren Bestrebungen Jesuiten und Nonnen nach Bhutan zu holen um ein Bhutanisches Schulsystem aufzubauen, das die ursprüngliche Kultur und die religiösen Traditionen des Landes stärkt, während es der Bevölkerung gleichzeitig bei der Modernisierung hilft. Seitdem hat das Bildungssystem wesentlich zur Entwicklung Bhutans beigetragen und ist im Einklang mit der Philosophie des Bruttonationalglücks.

Bildung besitzt einen wichtigen Stellenwert im Königreich. Seit Beginn des ersten Entwicklungsplans 1961 kommt dem Ausbau eines umfassenden Bildungssystems hohe Priorität zu, da ein dringender Bedarf an qualifizierten Mitarbeitern für den Aufbau einer effizienten Verwaltung sowie an gut ausgebildeten Fachkräften besteht. Die Schulbildung ist staatlich organisiert und kostenlos.

Heute besteht das Bildungssystem in Bhutan aus drei Elementen: allgemeine Bildung, klösterliche Erziehung und nicht-formale Bildung. Die allgemeine Bildung beginnt im Alter von sechs, die klösterliche Erziehung kann zu jeder Zeit begonnen werden. Nicht-formale Einrichtungen bieten grundlegende Lese- und Schreibfertigkeiten für jedes Alter an.

Die kostenfreie Grundbildung besteht aus zehn Jahren: sechs Jahre Grundschule (primary school), zwei Jahre Mittelschule (lower secondary school) und zwei Jahre weiterführende Schule (upper secondary school), die einem generellen Curriculum ohne Möglichkeit der Spezialisierung folgen. Die Regierung gibt Einschreibraten von 95 Prozent im Grundschulbereich und 85 Prozent im Mittelschulbereich an. Für die höhere Sekundarstufe (Klasse 11 und 12) liegt die Quote bei 27 Prozent. Wohlhabende Familien bringen ihre Kinder meist in ausländischen Privatschulen unter.

Bhutan verfügt mit der 2003 in Thimphu gegründeten Royal University of Bhutan (RUB) über eine Universität mit zehn angegliederten Colleges, die über das ganze Land verteilt sind. Die Fakultäten vergeben Abschlüsse in den Studiengängen Wissenschaft und Technologie, Wirtschaftswissenschaften, Sprache und Kultur, Bildung, Gesundheitswissenschaften, Rohstoffe und Management. Es werden bisher hauptsächlich Bachelorprogramme angeboten. Von den etwas mehr als 11.000 Schulabgängern nach Klasse 12 nimmt die RUB pro Jahr circa 4600 auf. Etwa 200 Schulabgänger werden mit einem Regierungsstipendium zum Bachelorstudium ins Ausland geschickt, hauptsächlich um Medizin und Jura zu studieren. Die meisten davon gehen nach Indien. Mit der kürzlichen Gründung einer eigenen Medizinischen Hochschule und eines Law Colleges will Bhutan langfristig selbst seine Mediziner und Juristen ausbilden.

1986 wurde die private Einrichtung Royal Institute of Management (RIM), mit dem Fokus auf Management und öffentlicher Verwaltung im öffentlichen sowie im privaten Sektor, in Simtokha gegründet. 1990 wurde das RIM als autonomes Institut unter Königlicher Satzung mit einem Vorstand als Verwaltungsautorität aufgenommen.
Das Royal Thimphu College (RTC) ist eines der ersten privaten Colleges in Bhutan und bietet seit 2009 generelle Studiengänge unter der Schirmherrschaft der Royal University of Bhutan.
Laut Annual Education Statistics 2017 des Ministry of Education gibt es 580 amtliche Schulen und Institutionen, 200 Klosterschulen und 668 nicht-formale Einrichtungen in Bhutan.

Verfasser: Anna Wornowski, Aktualisierung: Heike Mock, DAAD-Außenstelle Neu Delhi