USA: Bildung und Wissenschaft

Studierende am Rednerpult ihrer Dozentin.

Inhalt

DAAD-Regionalinformationen
Hochschultypen und Besonderheiten
Hochschulzugang
Angewandte Wissenschaften in den USA
Hochschulfinanzierung und Studiengebühren
Besondere Stärken in der Forschung
Individuelle Beratung zu Wissenschaftskooperationen mit den Vereinigten Staaten von Amerika

Im Jahr 2020 ist auch die Bildungs- und Hochschullandschaft der USA massiv von den weltweiten Folgen der COVID19-Pandemie betroffen. Kurzfristig sind so gut wie alle Hochschulen seit Mitte März 2020 für den Präsenzbetrieb geschlossen worden. Soweit wie möglich stellen die Hochschulen ihren Betrieb auf Online-Studium um. Neben den großen technischen und pädagogischen Herausforderungen wirft dies unter anderem die Frage auf, ob für ein Online-Studium die gleichen Gebühren erwartet werden können wie für ein Präsenzstudium. Auch ist die besondere Lern- und Wissenschaftskultur auf dem US-Campus, die nicht ohne weiteres durch Online-Angebote ersetzt werden kann, infrage gestellt. Im Frühsommer 2020 ist noch nicht absehbar, in welchem Umfang und mit welchen pandemiespezifischen Regelungen das Präsenzstudium zum Wintersemester 2020/2021 möglich sein wird. Es besteht große Sorge bei den Hochschulen, dass Studiengebühren in großem Umfang wegbrechen werden, auch durch die womöglich in größerer Zahl ausbleibenden ausländischen Studierenden.

Hochschulbildung hat in den USA eine ungebrochen hohe und entscheidende Bedeutung für den beruflichen und gesellschaftlichen Erfolg. Die hohe Zahl von über 19 Millionen Studierenden und die Bereitschaft, für das Studium hohe Studiengebühren zu zahlen, belegt dies eindrücklich. Seit den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts ist die Zahl der Studierenden in den USA stetig gewachsen und erreichte 2010 knapp über 21 Millionen, seither ist sie wieder abgesunken auf 19.645.918 im Jahr 2018, und die demographische Prognose geht von einer weitgehenden Stagnation für die nächsten Jahre aus.

2019 waren insgesamt 43 Prozent der Studierenden in einem vierjährigen Studium an einer öffentlichen Hochschule eingeschrieben, 21 Prozent in einer privaten Non-profit-Hochschule, 29 Prozent in einem zweijährigen Studium an einem Community College und weitere 750.000 Studierende an einer privaten For-profit-Hochschule. Die Zahl der Studentinnen übersteigt die ihrer männlichen Kommilitonen deutlich: Im grundständigen Studienbereich sind 50,3 Prozent weiblich, f dem Graduierten-Niveau sind es sogar 59,8 Prozent. Im akademischen Jahr 2018/2019 erwarben 3,9 Millionen Studierende einen Hochschulabschluss, davon 998.000 Studierende den „Associate’s Degree“, 1,9 Millionen einen Bachelor, 820.000 einen Master und rund 184.000 einen PhD.

Insgesamt studieren in den USA knapp 7 Prozent der Bevölkerung an Hochschulen und damit etwa ein doppelt so hoher Anteil wie in Deutschland. Diese hohe Quote der Studierenden insgesamt ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass es im Unterschied zu Deutschland viel weniger staatlich strukturierte und regulierte berufliche Bildung gibt. Dies führt zu einem Mangel an Facharbeitern und damit zu großen Schwierigkeiten bei der Stellenbesetzung, gerade in der Industrie (vergleiche hierzu auch die „Skills Initiative“ der Deutschen Botschaft in Washington, DC). Allerdings muss auch bedacht werden, dass viele Berufe, die in Deutschland im Rahmen einer Ausbildung gelernt werden können, in den USA einen Hochschulabschluss erfordern, beispielsweise die Krankenpflege.

In den USA waren 2017 insgesamt rund 1,54 Millionen Lehrkräfte an Hochschulen angestellt (Community Colleges, Colleges, Universitäten), wovon 821.168 vollbeschäftigt und 732.972 teilbeschäftigt waren. Die Vollzeitkräfte teilen sich auf in 184.023 „Professors“; 157.820 „Associate Professors“; 178.858 „Assistant Professors“; 98.793 „Instructors“; 42.866 „Lecturers“ sowie 158.808 andere Fakultätsangestellte.4 Insgesamt fielen 440.842 Stellen auf männliche und 380.326 auf weibliche Lehrkräfte. Von den Vollbeschäftigten identifizierten sich 573.560 als Weiße, 83.342 als Asiaten, 45.427 als Afro-Amerikaner und 39.099 als „Hispanics“. Im Vergleich zum Vorjahr gab es einen leichten Rückgang weißer Beschäftigter zugunsten von jeweils kleinen Steigerungen bei den ethnischen Minderheiten. Laut Open Doors waren im Jahr 2019 insgesamt rund 4.800 deutsche Hochschullehrer an US-Hochschulen tätig.

Hochschultypen und Besonderheiten

Das Hochschulwesen der USA lässt sich in vier Bereiche gliedern:

Staatlich – Dieser Hochschultyp reicht von regionalen staatlichen Universitäten bis hin zu großen Forschungseinrichtungen. Laut einer Veröffentlichung des Pew Charitable Trusts von 2019 setzte sich im Haushaltsjahr 2017 das Budget der staatlichen Colleges und Universitäten durchschnittlich wie folgt zusammen: 21 Prozent vom jeweiligen Bundesstaat; 13 Prozent von der Bundesregierung; 20 Prozent Studiengebühren; 23 Prozent aus dem operativen Geschäft (zum Beispiel Wohnheime); 9 Prozent Spenden und Stiftungseinkommen; 10 Prozent Sonstiges; 4 Prozent kommunale Einnahmen.

Durchschnittlich haben die Bundesstaaten 16 Prozent weniger pro Student im Jahr 2018 ausgegeben im Vergleich zu 2008. Viele staatliche Hochschulen hatten seit der Finanzkrise 2008 enorme Budgetkürzungen hinzunehmen, was sie durch Studiengebühren kompensieren mussten. Eine 2019 veröffentlichte Studie der Joyce Foundation zeigt, wie öffentliche Hochschulen versuchen, Geld einzunehmen: Sie werben überdurchschnittlich viele Studierende außerhalb ihres Staates an, da diese zum Teil erheblich mehr zahlen als Studierende, die im Staat ihren Wohnsitz angeben.

Community Colleges – Diese öffentlichen Einrichtungen bieten zweijährige Studiengänge an, welche zu einem sogenannten „Associate Degree“ führen. An Community Colleges studieren 45 Prozent aller Undergraduates in den USA, wobei die meisten aus Haushalten mit geringem Einkommen stammen. Laut der American Association of Community Colleges werden die meisten Abschlüsse an Community Colleges in den Geisteswissenschaften beziehungsweise in den „General Studies“, Wirtschaftsmanagement, Krankenpflege, Ingenieurwissenschaften und Computerwissenschaften vergeben. Besonders hervorzuheben ist, dass die Studierendenschaft an den Community Colleges immer vielfältiger wird (internationale Studierende eingeschlossen), da viele Studierende aufgrund der hohen Studienkosten ihr Studium an einem vergleichsweise günstigen Community College beginnen und nach einigen Semestern an eine Hochschule mit vierjährigen Studiengängen wechseln. Viele Hochschulen haben inzwischen auf diesen Trend reagiert und Partnerschaften mit bestimmten Community Colleges etabliert. In 23 Staaten können Community Colleges auch Bachelor-Abschlüsse erteilen.

Die Zulassungsvoraussetzungen an Community Colleges variieren, sind aber deutlich weniger streng als an Colleges oder Universitäten. Meist reicht ein High-School-Abschluss ohne „Scholastic Aptitude Test“ (SAT). Wer keinen High-School-Abschluss hat, kann stattdessen auch mit einem „General Equivalency Diploma“ (GED-Test) zugelassen werden. Community Colleges bieten in den USA eine wichtige soziale Aufstiegsfunktion: Fast 20 Prozent aller Universitäts-/ College-Master-Absolventen haben zunächst ein Community College besucht.

Privat (non-profit) – Diese Hochschulen reichen von kleinen Liberal Arts Colleges ab circa 1.000 Studierenden bishin zu den großen, namhaften Forschungsuniversitäten wie Stanford oder Harvard, die sich in der Regel durch teils erhebliche Stiftungsvermögen, Spenden sowie sehr hohe Studiengebühren finanzieren. Aufgrund der größeren finanziellen Unabhängigkeit sind die privaten Non-profit-Universitäten diejenigen mit der größten Autonomie. Sie erhalten keinerlei bundesstaatliche Grundförderung und können daher weitgehend eigenständig über Curricula und Budgetverteilung entscheiden. In den vergangenen Jahren gerieten insbesondere die kleinen Liberal Art Colleges erheblich unter Druck, viele mussten massiv an Personal kürzen und ihr Studienangebot stärker nachfrage- beziehungsweise arbeitsmarktorientiert umstellen. Zahlreiche kleinere und mittlere Liberal Art Colleges mussten schließen.Die COVID19-Pandemie könnte diesen Trend weiter verstärken.

Privat (for-profit) – Die For-profit-Hochschulen gelten als wenig selektiv und haben teilweise einen schlechten Ruf bezüglich der Qualität ihrer Ausbildung. Interessant ist: An den gewinnorientierten Hochschulen studieren zwar nur zwölf Prozent aller Studierenden, diese erhalten aber fast ein Viertel aller Pell Grants (staatliche Förderung für bedürftige Studierende). Dies führt im Ergebnis dazu, dass 285 dieser gewinnorientierten Einrichtungen mehr als 85 Prozent ihres Budgets indirekt aus Quellen der Bundesregierung beziehen, da Pell Grants vornehmlich für Studiengebühren ausgegeben werden.

Hochschulzugang

Jede Hochschule entscheidet eigenständig darüber, wen sie zum Studium zulässt und wie die Richtlinien für die Zulassung aussehen. Bewerberinnen und Bewerber müssen die High School abgeschlossen haben oder einen GED-Test vorweisen. Zudem müssen sie einen von zwei standardisierten Tests absolvieren, entweder den „Scholastic Aptitude Test“ (SAT) oder das „American College Testing“ (ACT). Standardisierte Testanforderungen können manchmal erlassen werden, zum Beispiel wenn ein Studierender von einem zweijährigen Programm an einem Community College zu einem vierjährigen Hochschulprogramm wechselt. Um an einem College zu studieren, muss man entweder einen High-School-Abschluss oder GED nachweisen, oder aber das 18. Lebensjahr vollendet haben. Die Hürde, an einem Community College zu studieren, ist insgesamt sehr niedrig.

Laut Inside Higher Ed wechselt nur einer von fünf Studierenden auf ein vierjähriges College, wobei die Abschlussrate mit einem Bachelor bei diesen Studierenden bei 60 Prozent liegt. Im Vergleich dazu lag die Abschlussquote insgesamt bei der 2011 gestarteten Kohorte nach fünf Jahren bei 56,5 Prozent. Seit einigen Jahren mehren sich kritische Stimmen zu den standardisierten Tests SAT und ACT. Diese würden soziale und ethnische Einseitigkeit und Verzerrung praktizieren und Minderheiten sowie einkommensschwache Bewerber benachteiligen. Deshalb hat das California State Public University System entschieden, dass ab 2020 die Einreichung von SAT- und ACT-Ergebnissen nur freiwillig geschieht, ein alternatives Zulassungssystem soll entwickelt werden.

Bewerber für ein Master- oder PhD-Studium müssen je nach Fachbereich und Universität die „Graduate Record Examinations“ (GRE-Test) absolvieren und ein ausführliches Motivationsschreiben beilegen. Wichtig für die Bewerbung sind des Weiteren zumeist drei Empfehlungsschreiben. Gerade für höhere Bildungsabschlüsse gibt es Unterschiede in den Bewerbungsvoraussetzungen, die jeder Fachbereich und jede Universität einzeln festlegen.

Hochschulfinanzierung und Studiengebühren

Die durchschnittlichen Jahresgebühren eines vierjährigen Bachelorstudiums an privaten Non-Profit-Colleges liegen derzeit bei durchschnittlich 36.880 US-Dollar, an öffentlichen Colleges im Schnitt bei 10.440 US-Dollar (für „Out-of-State“-Studierende bei rund 26.290 US-Dollar). Auf Grund der hohen Studiengebühren müssen zahlreiche Studierende ein Darlehen aufnehmen, was zu einer stetig steigenden Verschuldung der Graduierten führt. Die so entstandenen gesamten Studienschulden belaufen sich 2020 auf 1,6 Billionen US-Dollar (und damit rund 600 Mrd. US-Dollar mehr als die gesamten Kreditkartenschulden der Amerikaner). Die Studienschulden verteilen sich auf etwa 44,7 Millionen Kreditnehmer mit einem durchschnittlichen Saldo von 32.731 US-Dollar; die durchschnittliche monatliche Rückzahlungsrate beträgt 383 Dollar. In der Folge sind die Studiengebühren zu einem vieldiskutierten politischen Thema geworden.

Wie sehr die Studiengebühren gestiegen sind, zeigen folgende inflationsbereinigte Vergleichszahlen des College Board für jährliche Gebühren:

  • Öffentliche Universitäten (vier Jahre): Anstieg von 3.360 US-Dollar im akademischen Jahr 1988/1989 auf 10.230 US-Dollar im Jahr 2018/2019
  • Private Universitäten (vier Jahre): Anstieg von 17.010 auf 35.830 US-Dollar über denselben Zeitraum
  • Der größte Sprung nach oben fand nach der Finanzkrise im akademischen Jahr 2009/2010 statt.
  • Studienschulden und Geschlecht: Rund zwei Drittel der Schulden lasten auf den Schultern von Absolventinnen, die zudem auf Grund der ungleichen Bezahlung von Männern und Frauen länger brauchen, um ihre Studienschulden Dollar für Dollar zurückzubezahlen (laut New York Times). Unter den Frauen wiederum sind die Afro-Amerikanerinnen am stärksten belastet.

Ausländische Studierende haben einen vergleichsweise geringen Zugang zu öffentlichen Stipendien, aber viele Universitäten vergeben „tuition waiver“ (teilweiser oder voller Gebührenerlass) für besonders qualifizierte ausländische Bewerber. Außerdem gibt es Stipendien für hochqualifizierte Sportler oder wissenschaftliche Mitarbeiterstellen für Masterstudierende oder Doktoranden, denen eben der Zahlung eines Gehalts und des Angebots einer Krankenversicherung zusätzlich die Studiengebühren erlassen werden.

Besondere Stärken in der Forschung

Die USA investieren traditionell viel in Forschung und Entwicklung: 2018 waren es rund 580 Mrd. Dollar beziehungsweise 2,8 Prozent des BIP (Deutschland 3,1 Prozent, OECD-Durchschnitt: 2,4 Prozent). Die bei weitem größten Investitionen kommen dabei von Industrie und Wirtschaftsunternehmen, gefolgt von der Föderalen Regierung und wesentlich kleineren Anteilen von Bundesstaaten und Eigenmitteln privater Universitäten. Dabei setzt sich der seit den 1970er Jahren bestehende Trend fort, dass der Anteil der Forschungsausgaben von Unternehmen steigt, während der Anteil des Staates sinkt.

Im Hochschulbereich findet Forschung prinzipiell an allen etablierten Colleges und Universitäten statt. Darüber hinaus listet die „Carnegie Classification of Institutions of Higher Education“ Hochschulen auf, die als besonders starke Forschungsuniversitäten eingestuft werden (derzeit 108).

Die Investitionen in F&E an Hochschulen in den USA beliefen sich 2018 auf rund 74,7 Mrd. US-Dollar (Deutschland: rund 25 Mrd.) Ein zunehmender Anteil der Ausgaben für Forschung wird daei durch Eigenmittel der Hochschulen (aus Stiftungen und von privaten Sponsoren beziehungsweise von der Wirtschaft und Non-Profit-Organisationen) eingeworben. Besondere Stärken der Forschung in den USA sind die exzellente Forschungsinfrastruktur und die ausgezeichneten Kooperationsmöglichkeiten in praktisch jedem Fachgebiet. An der Spitze der Förderung stehen die Grundlagenforschung sowie die angewandte Forschung in den Gebieten Medizin, Biochemie, Genetik, Molekularwissenschaften und Ingenieurwissenschaften.

Verfasserin: Benedikt Brisch, Außenstelle New York

Der DAAD ist in den USA mit einem Informationspunkt in San Francisco, einer Außenstelle in New York und einem Lektorat an der University of Rhode Island in Kingston vertreten.