Psychisches Wohlbefinden
Ein Studium ist immer eine Herausforderung, vor allem in einer fremden Umgebung: Sich in einer Fremdsprache unterhalten zu müssen und so weit von Freunden und Familie entfernt zu sein, kann oft überfordernd sein. Das kann zu Schwierigkeiten im Ressourcen- und Zeitmanagement führen, Prüfungsangst auslösen und sogar in eine depressive Verstimmung münden. Wir alle reagieren unterschiedlich, wenn wir unsere gewohnte Umgebung verlassen: Womöglich sind diese Reaktionen und Gefühle ganz untypisch für Sie und es kann schwerfallen, die ersten Warnzeichen richtig einzuordnen.
Zu Hause kennen Sie die ungeschriebenen Gesetze, die Bräuche und Umgangsformen – all das muss in einem fremden Land erst einmal neu erlernt werden: Wem gebe ich zur Begrüßung die Hand? Warum tragen meine Mitbewohner Hausschuhe? Warum finde ich keinen Zugang zum Humor meiner neuen Freunde? Diese Unsicherheit, wie man sich selbst verhalten soll und wie das Verhalten der anderen zu interpretieren ist, kann – wenn auch nur unterbewusst – zu einer Belastung werden und auch Heimweh auslösen. Dabei ist es ganz normal, dass wir nach der anfänglichen Begeisterung für all das Neue Heimweh bekommen. Vielleicht hilft es Ihnen, sich dieses Gefühl einfach zuzugestehen und es als notwendig für Ihre Persönlichkeitsbildung anzuerkennen. Wenn Sie jedoch den Eindruck haben, dass Ihre Gesundheit beeinträchtigt wird oder Ihr Studium darunter leidet, ist es an der Zeit, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Welche Arten von professioneller Hilfe gibt es?
- Ein Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt kann ein erster Schritt sein. Wenn Sie noch keine Hausärztin oder keinen Hausarzt in Deutschland gefunden haben, können Sie auf der Webseite der Kassenärztlichen Bundesvereinigung Ihre Suche starten. Wählen Sie dafür einfach Ihre Region aus und danach öffnet sich eine neue Registerkarte mit ärztlichem oder therapeutischem Fachpersonal in Ihrer Umgebung.
- Sie können sich auch direkt an eine Psychotherapeutin bzw. einen Psychotherapeuten wenden, um eine erste Einschätzung Ihrer Situation zu erhalten. Auch ohne eine Überweisung von Ihrer Hausärztin oder Ihrem Hausarzt können Sie bis zu fünf Termine wahrnehmen, in denen Sie gemeinsam die für Sie besten Behandlungsoptionen identifizieren. Allerdings sind die meisten psychotherapeutischen Praxen stark ausgelastet und haben nur selten kurzfristig Termine frei. Beachten Sie außerdem, dass die Versicherungen die Behandlung nicht in allen psychotherapeutischen Praxen abdecken; das sollten Sie also im Voraus mit Ihrer Versicherung abklären.
Tipp: Wenn das für Sie ein sensibles Thema ist und Sie nicht möchten, dass der Besuch bei einer Psychologin bzw. einem Psychologen in den Unterlagen Ihrer Krankenkasse auftaucht, dann können Sie den Termin auch immer privat bezahlen.
Psychotherapeutinnen und -therapeuten in Deutschland finden Sie ebenfalls auf der Website der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. - Darüber hinaus haben viele Hochschuleinrichtungen eigene Ambulanzen und/oder bieten psychologische Beratung an. Hierfür können Sie Einzelsitzungen vereinbaren oder z. B. an einem Workshop zu Themen wie Zeitmanagement oder Entspannung teilnehmen. Diese Beratung wird meistens von den Fakultäten für Psychologie oder Sozialwissenschaften, von der Zentralen Studienberatung oder vom angeboten. Im Vergleich zu niedergelassenen Therapeutinnen und Therapeuten ist es hier möglicherweise einfacher, einen Termin zu bekommen. Außerdem sind dort auch die spezifischen Probleme von Studierenden ggf. besser bekannt.
- Auch verschiedene Studierendenwerke bzw. Studentenwerke bieten psychologische Beratungen an. Sie müssen sich übrigens keine Sorgen machen, dass die Lehrkräfte an Ihrer Hochschule davon erfahren könnten. Die Beratung wird von professionellen Psychologinnen und Psychologen durchgeführt, die maximale Vertraulichkeit gewährleisten.
- Zusätzlich existiert die gemeinnützige Organisation "Irrsinnig Menschlich", die Präventionskurse zur psychischen Gesundheit im Programm hat.
Erste Schritte für die schnelle Selbsthilfe
- Bereiten Sie sich vor. Sammeln Sie vorab Informationen über eine bestimmte Kultur, über eine Stadt oder eine Hochschule. Wenn Sie eine Präsentation halten müssen, üben Sie den Vortrag zuvor. Das Gefühl, gut informiert und vorbereitet zu sein, kann Ihr Selbstvertrauen stärken und Ihnen helfen, sich zu entspannen.
- Nehmen Sie sich Zeit. Reflektieren Sie Ihre Gefühle und denken Sie daran, ein paar Mal tief durchzuatmen. Wenn Sie gerne meditieren, wäre jetzt ein guter Moment dafür.
- Stoppen Sie negative Gedanken. Lassen Sie nicht zu, dass Ihre innere Stimme Sie verurteilt und allzu hart kritisiert. Denken Sie positiv.
- Schaffen Sie eine (neue) Routine. Mit ein bisschen Struktur im Alltag können Sie eventuell leichter entspannen. Wichtig ist auch, dass Sie etwas in Ihren Alltag einbauen, was Ihnen Freude bereitet. Egal ob Sie schreiben, Sport treiben oder Ihr Lieblingslied auflegen und wild dazu tanzen – alles kann helfen.
- Seien Sie aktiv. An Ihrer Hochschule gibt es sicherlich Organisationen, Vereine oder Veranstaltungen und Events, die Sie interessieren. Zögern Sie nicht, sich zu informieren und nach für Sie passenden Angeboten zu schauen. Übrigens ist das auch eine gute Möglichkeit, um neue Leute kennenzulernen.
- Seien Sie weniger in sozialen Medien unterwegs. Soziale Medien können bereits vorhandene negative Gefühle und Selbstzweifel verstärken. Schließen Sie sich doch stattdessen einer Lerngruppe an oder fragen Sie Freunde um Rat.
- Am wichtigsten ist, dass Sie sich nicht isolieren. Schon allein der Austausch mit anderen über das eigene psychische Wohlbefinden kann helfen.