Science Diplomacy für eine neue Welt(un)ordnung

Außenwissenschaftspolitik

Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) hat zu den massiven Umwälzungen in der Weltpolitik ein Positionspapier zur Weiterentwicklung deutscher Außenwissenschaftspolitik veröffentlicht. Er plädiert darin für Gestaltung und Ausbau einer realpolitisch basierten „Science Diplomacy“, die sich bewusst den globalen Krisen, Verwerfungen und Systemrivalitäten stellt.

Globus

„Die Aufgaben und Herausforderungen der deutschen Außenwissenschaftspolitik sind seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine nochmals gestiegen. Wir leben in einer neuen ‚Welt-Unordnung‘, und dies erfordert einen neuen Angang an die Gestaltung der außenwissenschaftspolitischen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland. In unserer multipolaren Welt brauchen wir heute mehr denn je eine strategisch aufgestellte ‚Science Diplomacy‘, die auch in Zeiten zunehmender Konflikte und eines harten globalen Wettbewerbs Verständigung, Dialog und Aushandlung von Konflikten im wissenschaftlichen Raum ermöglicht. Eine Science Diplomacy für die 2020er Jahre muss dabei auch Risiken in den Blick nehmen, Deutschlands Interessen definieren und diese dialogbereit und partnerschaftlich vertreten“, sagte DAAD-Präsident Prof. Dr. Joybrato Mukherjee.

In der neuen Welt-Unordnung gelte es für alle Institutionen der deutschen Außenwissenschaftspolitik, für demokratische Werte einzustehen, Verantwortung zu übernehmen und das Instrumentarium der Science Diplomacy weiterzuentwickeln. Das vorgelegte Positionspapier des DAAD sei daher auch ein Angebot an Bundes- und Landespolitik, Hochschulen und Wissenschaftsorganisationen für eine gemeinsame Gestaltung einer realpolitisch basierten Science Diplomacy.

Außenwissenschaftspolitik für eine multipolare Welt

Unter dem Titel „Außenwissenschaftspolitik für eine multipolare Welt: Systemrivalität, Konfrontation und globale Krisen“ benennt das DAAD-Papier fünf Prinzipen für eine Weiterentwicklung deutscher Science Diplomacy nach der „Zeitenwende“ vom 24. Februar. Es schlägt eine wertebasierte, verantwortungsorientierte, interessengeleitete, regional differenzierte und risikoreflexive Außenwissenschaftspolitik vor. Eine solche Außenwissenschaftspolitik sei in der derzeitigen Phase globaler Systemauseinandersetzungen unerlässlich, damit die Wissenschaft eine globale Verantwortungsgemeinschaft zur Lösung der planetaren Herausforderungen des Anthropozäns zusammenführen und mobilisieren könne. Eine Science Diplomacy auf Basis der fünf Prinzipien ermögliche auch in Zeiten zunehmender weltweiter Konflikte Aushandlungen von akademischen, wissenschaftlichen und wissenschaftspolitischen Positionen zwischen Partnerinstitutionen oder Konkurrenten. Erste Überlegungen zu einer solchen Außenwissenschafts-Realpolitik hatte der DAAD bereits im Oktober 2021 vorgestellt.

Für wissenschaftlichen Fortschritt und Einlösung deutscher Interessen

„Wir stehen in der Science Diplomacy vor immensen Herausforderungen, die ihr aufgrund wissenschaftsfremder machtpolitischer Entwicklungen auferlegt werden. Sie kann jedoch, klug weiterentwickelt, heute und zukünftig weitreichende Wirkung entfalten, um zivilgesellschaftlichen Dialog, wissenschaftlichen Fortschritt und eine nachhaltige Entwicklung von Gesellschaft und Wirtschaft zu ermöglichen und zur Einlösung deutscher Interessen beizutragen. Die Chance zu einer solchen Weiterentwicklung der Science Diplomacy müssen wir in Deutschland gemeinschaftlich nutzen“, so DAAD-Präsident Mukherjee weiter.