Gemeinsam auf dem europäischen Weg

In Athen: Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Abschlusskonferenz des Bologna Hub Peer Support

Persönliche Begegnungen, erfolgreicher Austausch: Mit dem vom DAAD koordinierten Format Bologna Hub Peer Support haben zahlreiche Hochschulen in den vergangenen Jahren wertvolle Fortschritte beim Zusammenwachsen des Europäischen Hochschulraums erzielt. Ein Blick auf diese besondere Form der europäischen Unterstützung.

Die vor 25 Jahren beschlossene Bologna-Reform entwickelt immer noch Strahlkraft. „Für uns ist es entscheidend, Teil des Europäischen Hochschulraums zu sein und uns nach den Bologna-Prinzipien auszurichten“, sagt Dr. Tetiana Konovalenko, Vize-Rektorin für Forschung an der Staatlichen Pädagogischen Universität Bohdan Chmelnyzkyj in Melitopol. Aufgrund der Besetzung Melitopols durch Russland muss die Hochschule aktuell von Saporischschja aus arbeiten. Die Orientierung der Universität am Europäischen Hochschulraum hat das nicht aufhalten können. So konnten zuletzt auch zwei digitale Beratungseinsätze im Rahmen des Projekts Bologna Hub Peer Support II stattfinden, das der DAAD koordiniert.

„Großer Vorteil weitreichender eigener Erfahrungen“

Peer Support bedeutet: Hilfe kommt von Hochschulvertreterinnen und -vertretern für die Angehörigen anderer Universitäten. Diese sollen vor allem beim Erfüllen der Bologna Key Commitments unterstützt werden: bei der Schaffung der dreistufigen Studienstruktur mit Bachelor, Master und Promotion, der grenzüberschreitenden Anerkennung von Studienleistungen und -abschlüssen sowie der Umsetzung von Maßnahmen zur Qualitätssicherung auf der Grundlage gemeinsamer Standards und Leitlinien. In zwei Projektphasen wurden seit 2020 rund 60 Hochschulen von 26 internationalen Bologna-Expertinnen und -Experten beraten. Diese waren im Tandem im Einsatz, haben die jeweiligen Hochschulen besucht oder die Beratungen digital durchgeführt. „Besonderes Interesse am Bologna Hub Peer Support ist uns zum Beispiel in Osteuropa begegnet“, berichtet David Akrami Flores, Leiter des Referats Politikunterstützung der Nationalen Agentur für Erasmus+ Hochschulzusammenarbeit. Er erläutert: „Die Expertinnen und Experten haben den großen Vorteil weitreichender eigener Erfahrungen mit dem Bologna-Prozess. Diese Erfahrungen konnten unmittelbar in die Beratungen einfließen.“

Einer dieser Experten ist Dr. Oliver Vettori, der als Dekan für Akkreditierung und Qualitätsmanagement an der Wirtschaftsuniversität Wien über entsprechend tiefgehendes Wissen verfügt und zudem Fachmann in Fragen der Anerkennung und Curriculumsentwicklung ist. Qualitätssicherung war zum Beispiel eines der zentralen Themen beim Beratungseinsatz von Vettori und seiner georgischen Kollegin Professorin Irma Grdzelidze an der Staatlichen Pädagogischen Universität in Melitopol. „Gerade im Bereich der Qualitätssicherung haben sich die politischen Rahmenbedingungen auf europäischer Ebene zuletzt wesentlich verändert“, so Vettori. „Wir haben der Universität in Melitopol die jüngsten Entwicklungen nähergebracht.“ Vettori macht deutlich, dass durch die Beratung der verschiedenen Universitäten ein Prozess angestoßen wurde. „Anfänglich standen zum Beispiel Fragen zu Qualitätssicherung und Anerkennung im Fokus, aber darauf aufbauend ist mit der Zeit das Interesse an Partnerschaften und der engeren Kooperation mit anderen europäischen Hochschulen gewachsen.“ Vettori hebt hervor, dass auch bei der großen Abschlusskonferenz des Bologna Hub Peer Support in Athen „eine große Vielfalt an Ideen“ ausgetauscht wurde.

Ein Zeichen für Europa

An der Konferenz in Athen haben auch Tetiana Konovalenko und Rektorin Natalia Falko von der Staatlichen Pädagogischen Universität in Melitopol teilgenommen. „Wir haben in Athen wertvolle Anregungen zur Einführung von Micro-Credentials bekommen“, erzählt Vize-Rektorin Konovalenko. Überhaupt war dieser Austausch für sie etwas Besonderes: „Durch den Krieg arbeitet unsere Universität aktuell ausschließlich online. Es war wunderbar, in Athen zu persönlichen Begegnungen zusammenzukommen.“ Zuvor hatte sich Konovalenko mit den Bologna-Fachleuten unter anderem intensiv zu Fragen der Qualitätssicherung ausgetauscht. Anknüpfend an die Situation in der Ukraine wurde dabei das institutionelle Management in den Blick genommen und die Frage aufgegriffen, wie die Einbeziehung verschiedener Akteure, etwa der Studierenden, gestaltet werden kann. Für Tetiana Konovalenko steht fest: „Der Bologona Hub Peer Support hat dazu beigetragen, dass wir als Hochschule den Krieg bisher überstanden haben. Inmitten der sehr schwierigen Situation haben wir auch für unsere Studierenden das Zeichen gesetzt, dass wir uns kontinuierlich verbessern wollen.“

„Es war sehr berührend, beim Bologna Hub Peer Support auch mit ukrainischen Universitäten zusammenzuarbeiten“, sagt Professorin Irma Grdzelidze von der Kaukasus Universität in Tbilissi, die zusammen mit Oliver Vettori im Austausch mit Tetiana Konovalenko war. Die Universität in Melitopol hat laut Grdzelidze „außergewöhnlich engagiert am Projekt teilgenommen“ – und sie profitierte von Grdzelidzes umfassender Bologna-Expertise. Die Professorin lenkt den Blick in die Zukunft: „Die Universität arbeitet Tag für Tag intensiv an Verbesserungen, etwa bei der Qualitätssicherung, aber zugleich entwickelt sie eine breite Perspektive für die Internationalisierung, die sich hoffentlich nach einem Ende des Kriegs voll entfalten kann.“

Erste Schritte in die Zukunft werden bereits gegangen. So konnte Irma Grdzelidze ihre ukrainische Kollegin Tetiana Konovalenko erst vor wenigen Wochen zu einer Konferenz der Kaukasus Universität in Tbilissi mit dem Schwerpunkt „Third Mission“ begrüßen. Die gezielte Verflechtung der Hochschulen mit Gesellschaft und Wirtschaft wurde auch schon während des Bologna Hub Peer Support thematisiert. Grdzelidze sagt: „Im Rahmen des Bologna Hub Peer Support sind zahlreiche Verbindungen entstanden. Davon werden die Hochschulen langfristig profitieren.“

Johannes Göbel (19. Dezember 2024)


 

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