Afrikanerinnen für den Klimaschutz

Mitglieder der climapAfrica Women’s Group beim DAAD climapAfrica Women’s Summit vom 27. bis 29. April 2023 an der Unicaf University Lusaka in Sambia

Aus dem DAAD-Programm climapAfrica bildete sich 2021 ein Netzwerk aus afrikanischen Klimaforscherinnen. Die climapAfrica Women’s Group möchte die Arbeits- und Lebensbedingungen für Wissenschaftlerinnen in Afrika verbessern, sie dort präsenter in der Klimawissenschaft machen und auch ihre Rolle als Betroffene des Klimawandels stärker in den Fokus rücken.

Im September 2021 wurde bei einem virtuellen PostDoc-Treffen des DAAD-Programms climapAfrica die climapAfrica Women’s Group gegründet. Bereits zuvor hatten Wissenschaftlerinnen aus vielen afrikanischen Ländern begonnen, sich in ihrer durch den DAAD geförderten PostDoc-Phase mit Kolleginnen zu vernetzen und sich über gemeinsame Projekte und Herausforderungen auszutauschen. Daraus entwickelt hat sich ein aktuell rund 40 Forscherinnen umfassendes Netzwerk aus Postdoktorandinnen und Alumnae, die sich gegenseitig unterstützen und dazu beitragen, die oft schwierige Situation für afrikanische Wissenschaftlerinnen zu verbessern. Der DAAD fördert die Women’s Group unter anderem mit externen Kontakten für Diskussionsrunden und Coaching-Angebote. „Das Engagement der Frauengruppe ist sehr beeindruckend, nicht nur für mich“, erklärt Gudrun Chazotte, programmverantwortliche Referatsleiterin im DAAD. „Ich konnte schon viele weibliche Führungskräfte dafür begeistern, ihre Erfahrungen mit den Wissenschaftlerinnen zu teilen.“  

Weitere Ziele der Women’s Group sind, die Repräsentanz von Frauen in den Klimawissenschaften zu erhöhen sowie die Forschungslage zur Rolle und Situation von Frauen zu verbessern. „Wir wissen inzwischen, dass Frauen in afrikanischen Ländern besonders vom Klimawandel betroffen sind, da ein großer Teil von ihnen in der Landwirtschaft tägig ist“, so Dr. Christian Schäfer, Referatsleiter Forschung und Studien im DAAD. „Aus diesem Grund ist der Transfer von Wissen von Frauen und für Frauen in diesem Kontext besonders wichtig.“ Man werde das Netzwerk auch nach dem Auslaufen des climapAfrica-Programms Ende Juli 2023 weiter fördern, bekräftigt Gudrun Chazotte. „Der DAAD wird auch in Zukunft mit Kontakten unterstützen.“

Dr. Catherine Oluwakemi Esuola und Jumoke Adesola Ogunrayi aus Nigeria, Dr. Faith Yesutor Agbozo aus Ghana sowie Dr. Anayawa Nyambe aus Sambia berichten von ihren bisherigen Erfahrungen und Plänen für die Zukunft. Frau Esuola hat die Gruppe von 2021 bis 2022 geleitet, seit 2023 ist Frau Nyambe in dieser Position.

Frau Dr. Esuola, Frau Agbozo, Frau Dr. Nyambe, Frau Dr. Ogunrayi, Sie alle sind Mitglieder der seit 2021 aktiven climapAfrica Women’s Group. Mit welchen Zielen wurde die Gruppe gegründet?

Catherine Oluwakemi Esuola: Unsere Initiative ist entstanden auf Basis des DAAD-Programms climapAfrica. Wir hatten da als kleine Gruppe von afrikanischen Forscherinnen schon zusammengefunden und uns dann gesagt, das wäre doch eine gute Gelegenheit, ein dauerhaftes Netzwerk gleichgesinnter Kolleginnen auf dem gesamten afrikanischen Kontinent aufzubauen. Unser Ziel ist es, Frauen Instrumente an die Hand zu geben, ihr Selbstvertrauen zu stärken und sie in ihrer akademischen Laufbahn zu unterstützen. Es ist nicht leicht, als Frau in Afrika eine wissenschaftliche Karriere einzuschlagen. Und gerade in den Klimawissenschaften sind wir im Augenblick noch stark unterrepräsentiert.

Dr. Catherine Oluwakemi Esuola ist Postdoktorandin am National Horticultural Research Institute (NIHORT), Ibadan, Nigeria

Anayawa Nyambe: Für mich war es spannend zu sehen, wie sehr sich diese Herausforderungen doch ähneln. Die Finanzierung ist überall ein großes Problem. Viele Wissenschaftlerinnen haben eine eigene Familie, um die sie sich parallel noch kümmern müssen. Oder sie haben wie ich noch keine Kinder und stehen unter dem Druck, sich für Karriere oder Familie entscheiden zu müssen. Viele sind unsicher, zweifeln vielleicht stärker an sich, als das Männer tun würden. Ohne Unterstützung fühlt man sich da schnell isoliert. Gerade, wenn man noch relativ jung ist und sich noch beweisen muss. Deshalb ist es auch wichtig für uns, Mentoring insbesondere für junge Akademikerinnen anzubieten.

Catherine Oluwakemi Esuola: Ein ganz wichtiger Punkt für uns! Wir hoffen, dass wir uns gegenseitig und die nächste Generation afrikanischer Frauen und Mädchen, die an einer Karriere in der Wissenschaft und angrenzenden Bereichen interessiert sind, unterstützen können. Letztendlich streben wir danach, die Repräsentation afrikanischer Frauen in den Klimawissenschaften und in der akademischen Welt zu verbessern.

Sie haben die schwierigen Bedingungen für Wissenschaftlerinnen in Afrika angesprochen. Was sind die Hauptherausforderungen?

Faith Yesutor Agbozo: Anayawa hat eine der größten Schwierigkeiten schon angesprochen: die Vereinbarkeit von Karriere und eigener Familie. Sobald Frauen in unseren Ländern Kinder bekommen, stehen sie unter einem enormen Druck, ihrer Rolle als Mutter gerecht zu werden. Sobald man verheiratet ist und Kinder hat, hat man vor allem für die Kindererziehung zu sorgen. Eine gute Frau und Mutter ist man vor allem dann, wenn die eigenen Kinder gehorsam sind und der gesellschaftlichen Norm entsprechen. Wenn man gleichzeitig noch eine Karriere anstrebt, ist das natürlich eine extreme Belastung. Für Männer ist das ganz anders: Die werden vor allem nach ihrem beruflichen Erfolg beurteilt. Wir aber müssen erfolgreich im Job und in unserer Rolle als Mütter sein.

Anayawa Nyambe: Und erschwerend kommt dazu, dass man bislang eben noch viel zu wenige weibliche Vorbilder hat. Man hat schlicht keine Ahnung, wie man diese Schwierigkeiten bewältigen kann. Das ist ja das Gute an unserer Frauengruppe: Es öffnet die Perspektive für mögliche Karrierewege. Mit hat das jedenfalls sehr geholfen. Man hört von Ministerinnen, Wissenschaftlerinnen, Diplomatinnen, die auf ihre Positionen gelangt sind, obwohl ihr Familienleben genau so anstrengend war wie für viele von uns. Man denkt dann: Gut, es ist also zu schaffen! Das motiviert natürlich ungemein.

Jumoke Adesola Ogunrayi ist Doktorandin im Bereich Meteorologie und Klimawissenschaft an der University of Cape Coast, Ghana

Wie haben Sie noch von der Frauengruppe profitiert?

Catherine Oluwakemi Esuola: Man hat plötzlich die Gelegenheit, sich intensiv über die eigene Forschung auszutauschen. In Nigeria sind wir inzwischen eine Gruppe von fünf Forscherinnen, die sich regelmäßig online trifft, gemeinsam überlegt, an welchen Stellen Forschungsbedarf für Klimafragen besteht. Und natürlich kann ich auch einfach Anayawa oder Faith kontaktieren, wenn ich die Idee habe, ein Forschungsprojekt in Sambia oder Ghana zu realisieren. Es ist die Frauengruppe, die so etwas möglich macht.

Jumoke Adesola Ogunrayi: Ich erinnere mich, wie ich Schwierigkeiten hatte, ein Paper fertigzustellen, und wie sehr mir meine Kontakte in der Women’s Group dabei halfen, den Artikel schließlich erfolgreich fertigzustellen. Im Augenblick führe ich meine Promotion in Ghana durch, und da ist es natürlich enorm hilfreich, Faith zu kennen. Wir hatten Ende April ja auch die Gelegenheit, uns alle persönlich in Sambia zu treffen.

Dr. Faith Yesutor Agbozo lehrt an der University of Health and Allied Sciences in Ho, Ghana

Sie sprechen den climapAfrica Women’s Summit an der Unicaf University in Lusaka an. Einer der zentralen Programmpunkte des Kongresses war es, die Forschung zur Vulnerabilität der weiblichen Bevölkerung Afrikas im Kontext des Klimawandels voranzubringen. Sind Sie dabei einen Schritt weitergekommen?

Jumoke Adesola Ogunrayi: Nach meinem Empfinden schon. Es wurde dort beispielsweise ein Projekt vorgestellt, das mich wirklich fasziniert hat: eine Plattform, die Frauen in der Landwirtschaft zusammenbringt und ihnen die Möglichkeit gibt, sich gegenseitig zu unterstützen, ihr Wissen über den Klimawandel zu verbessern und darüber, wie er sich auf die Landwirtschaft auswirkt und wie sie selbst mit den Auswirkungen des Klimawandels in Bezug auf Niederschläge und Temperaturen umgehen können.

Faith Yesutor Agbozo: Das ist deshalb so essenziell, da Afrika zum einen weitgehend von der Landwirtschaft abhängig ist – 70 Prozent der Menschen arbeiten dort. Und zum anderen sind es vor allem Frauen, die als Kleinbäuerinnen für die Ernährung der Familie zuständig sind. Die Frau ist diejenige, die das Wasser holt. Wenn man also zum Bach geht und dieser ausgetrocknet ist, bedeutet dies zusätzlichen Stress. Frauen in Afrika sind unverhältnismäßig stark vom Klimawandel betroffen.

Catherine Oluwakemi Esuola: Das ist auch einer der Gründe, warum wir eine Gesprächsrunde mit Frauen organisiert haben, in der wir Wissenschaftlerinnen mit Landwirtinnen zusammengebracht haben. Eines der wichtigsten Ziele für uns als Klimaforscherinnen ist es ja, unser Wissen an die Menschen zu bringen, die es vor Ort nutzen können, um ihre Situation zu verbessern. Für afrikanische Frauen in der Landwirtschaft wird es in Zukunft immer wichtiger sein, auf Wetterdaten zugreifen zu können. Diese helfen etwa bei der Entscheidung, welche Pflanzen man anbauen sollte. Oder welches vorhandene, traditionelle Erfahrungswissen, basierend auf diesen Daten, brauchbar wäre.

Dr. Anayawa Nyambe forscht an der University of Zambia zur Prävention von Hitzestress

Die Women’s Group gäbe es nicht ohne das climapAfrica-Programm. Inwiefern haben Sie von der Förderung des DAAD profitiert?

Catherine Oluwakemi Esuola: In meiner Forschung geht es um eine bestimmte Kulturpflanze, die zwar eine wichtige Rolle für die Ernährung in Nigeria spielt, deren Ertrag aber eher gering ausfällt. Mein Ziel ist es, diesen Ertrag zu steigern. Dazu brauchte ich vor allem am Anfang einen Zugang zu professionellen Laborgeräten. Das war in Nigeria aber nicht zu haben. Ich hätte also meine Proben für viel Geld ins Ausland schicken müssen. Über das climapAfrica-Programm konnte ich die Proben in deutschen Labors analysieren lassen.

Faith Yesutor Agbozo: Bei climapAfrica handelt es sich ja um ein PostDoc-Stipendium, und das finde ich wirklich fantastisch. Gerade die Phase nach der Promotion kann ziemlich schwierig sein. Es ist eine Übergangszeit, man muss zeigen, dass man sich als unabhängige Forscherin beweisen kann. Ghana und viele andere afrikanische Länder stellen dafür aber keine Gelder zur Verfügung. Da hilft eine finanzielle Unterstützung natürlich sehr. Auch die programminternen Coachings waren enorm hilfreich.

Catherine Oluwakemi Esuola: Ich möchte noch hinzufügen, wie schwierig es für uns vor Ort ist, an valide Daten zu kommen. Diese online zu recherchieren, kann enorm teuer sein, gerade wenn das eigene Institut bestimmte Fachzeitschriften nicht abonniert hat, was auch in anderen afrikanischen Ländern sehr oft vorkommt. Für mich war es also enorm hilfreich, für ein halbes Jahr in Deutschland forschen zu können und dort durch den Zugriff auf professionelles Equipment meine eigenen Daten generieren zu können.

Anayawa Nyambe: Und die Förderung wirkt natürlich auch durch die Gründung der Women’s Group weiter. Extrem hilfreich war die Entscheidung des DAAD, nicht nur aktuell Geförderte, sondern auch Alumnae weiterhin an Netzwerktreffen teilnehmen zu lassen. Das hat uns sehr geholfen, unseren Radius auszuweiten – aktuell sind wir immerhin schon rund 40 Mitglieder in der Gruppe. Meiner eigenen Karriere hat das auch einen Schub gegeben: Gerade bin ich auf einem Kongress in den USA zum Thema „Klimawandel und Gesundheit“. Dort wäre ich vielleicht nicht, wenn ich mir über climapAfrica nicht eine entsprechende Expertise hätte aneignen können.

Das Programm climapAfrica läuft Ende Juli 2023 aus. Wird es die Women’s Group weiterhin geben?

Catherine Oluwakemi Esuola: Auf jeden Fall! Wir wollen weiter wachsen und in Zukunft auch Klimaforscherinnen aus nichtafrikanischen Ländern in unser Netzwerk aufnehmen. Wahrscheinlich werden wir uns dann einen anderen Namen geben. „Women’s Association for Combating Climate Change“ lautet ein aktueller Vorschlag.

Jumoke Adesola Ogunrayi: Ich rechne ebenfalls damit, dass die Gruppe weiter expandiert. Wir denken auch darüber nach, in Zukunft noch stärker in den Bereich Mentoring einzusteigen. Und wir wollen uns dafür einsetzen, dass wir unter den Alumnae bekannter werden.

Interview: Klaus Lüber (15. Juni 2023)