Erasmus+: Kooperationsprojekte mit Tiefenwirkung

Zwei Männer blicken auf ein aufgeschlagenes Lehrbuch.

Erasmus+ ist das größte Bildungsprogramm der Europäischen Union mit einem breiten Spektrum an Unterstützungsangeboten. Neben der Mobilität von Einzelpersonen werden auch Kooperationsprojekte zwischen Bildungseinrichtungen in Europa und der Welt gefördert. Die Teilnahme an diesen Projekten trägt zur Internationalisierung der Institutionen bei. Welche Wirkungen an den deutschen Hochschulen darüber hinaus erzielt werden können, verdeutlichen neun Fallbeispiele aus einer Evaluationsstudie, die von der Nationalen Agentur für Erasmus+ Hochschulzusammenarbeit im DAAD beauftragt wurde. Drei davon stellen wir vor.

Die Internationalisierung der Hochschulen ist ein wichtiges Ziel der Europäischen Kommission. In diesem Zusammenhang spielen die Erasmus+ Kooperationsprojekte eine elementare Rolle. Die verschiedenen Förderlinien, die einander ergänzen und als Baukastensystem angelegt sind, fördern neben der Internationalisierung auch die Qualität der Lehre und tragen zur Vernetzung der Hochschulen untereinander sowie mit der Gesellschaft und der Wirtschaft bei. 

Deutsche Hochschulen und ihre Ziele bei der Beteiligung an Kooperationsprojekten
Wie werden die Kooperationsförderlinien von den deutschen Hochschulen genutzt? Welche Ziele verfolgen sie mit ihren Aktivitäten, und welche Wirkungen erreichen sie damit tatsächlich? In einer groß angelegten Evaluationsstudie wurden diese Fragestellungen mithilfe einer Kombination aus quantitativen und qualitativen Methoden untersucht.

Infografik zu Erasmus+-Kooperationsprojekten.

Neun Fallbeispiele machen in der Studie deutlich, welche vielfältigen Wirkungsmöglichkeiten die Erasmus+ Kooperationsprojekte auf die Internationalisierung von Hochschulen haben. Dass die kreative Nutzung des Erasmus+ Portfolios außerdem Synergieeffekte erzeugen kann, die zu mehr Zusammenarbeit führen, ist ebenfalls zu beobachten. Eine weitere Erkenntnis der Studie ist, dass die kooperationsbezogenen Förderlinien von Erasmus+ auch an der Schnittstelle von Lehre, Forschung und weiteren Themen wie etwa Entrepreneurship oder Digitalisierung für die Internationalisierung von Hochschulen genutzt werden können. Das zeigen auch die folgenden drei Fallbeispiele. 

Support-Strukturen für die Umsetzung von Erasmus+ Projekten
An der Fachhochschule (FH) Dortmund werden die verschiedenen Erasmus+ Förderlinien als eine Art Baukastensystem verstanden. Dadurch lassen sich Kompetenzen und Ressourcen ausbauen. Darüber hinaus kann engagiertes Personal aktiv involviert werden. Es besteht dementsprechend eine enge, teilweise strategische Verbindung zwischen den Erasmus+ Projekten und der Hochschulleitung, welche signifikante hochschuleigene Ressourcen für die Projekte mobilisiert. 

So werden zum Beispiel Ressourcen in die Begleitung von Antragsverfahren investiert und Anreize (wie Bonuszahlungen und die Erlassung von Semesterwochenstunden) dafür gesetzt, sich auf Projekte zu bewerben und diese umzusetzen. Somit soll eine Internationalisierungsförderung ähnlich der bestehenden Forschungsförderung geschaffen und der erhöhte Arbeitsaufwand anerkannt werden. Im Laufe dieser verschiedenen Entwicklungen hat sich an der FH Dortmund nicht nur ein breites Portfolio an Erasmus+ Projekten entwickelt; diese haben auch eine gewisse Struktur geschaffen, in deren Rahmen die Internationalisierungsstrategie begleitend entstanden ist.

Fakultätsübergreifende Zusammenarbeit
An der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) wurden besondere Aspekte und Themen der Strategischen Partnerschaft „Lokaler Wandel und Entrepreneurship“ zu fakultätsübergreifenden Querschnittsthemen entwickelt. Der erste Impuls kam dabei aus einem erfolgreichen Erasmus+ Projekt der Vorgängergeneration (Erasmus Thematic Network), in welchem fachspezifische internationale Onlinelehre an einem Fachbereich entwickelt wurde. Das Projekt hatte die Hochschulleitung dazu inspiriert, die Themen Internationalisierung und Digitalisierung der Lehre auch an anderen Fakultäten zu stärken und den Transfer im Fachbereich anzuregen, der bereits Erfahrungen mit Erasmus+ mitbrachte. Die Projektkoordinierenden wählten hierfür das Format der Strategischen Partnerschaften sowie das Querschnittsthema Social Entrepreneurship/Social Innovation aus. Diese Themenkombination wurde schließlich in einem neuen Projekt weiterentwickelt.

Außerdem sind im Zuge der Zusammenarbeit mit den Projektpartnern und auf Basis des Wissensaustauschs mit ihnen ein Living Lab sowie ein Entrepreneurship Center entstanden. Langfristig haben somit diese erste Partnerschaft sowie entsprechende Folgeprojekte, die fakultätsübergreifende Zusammenarbeit und die Involvierung der verschiedenen Studiengangsleitungen eine langfristige Anpassung der Strukturen, die Nutzung neuer Methoden und die Bildung übergreifender Kompetenzthemen angeregt.

Vom Projektpartner zum Masterstudiengangskoordinator
Die Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE) hat die Erasmus+ Kooperationsprojekte zunächst über die Anfrage einer österreichischen Hochschule zur Partnerschaft in einem Kapazitätsaufbauprojekt kennengelernt. Über eine DAAD-Veranstaltung in Bonn kam anschließend der Kontakt zu vietnamesischen Projektpartnern zustande, mit welchen ein weiteres Kapazitätsaufbauprojekt konzipiert wurde. Hier konnte auf den zuvor gewonnenen Erfahrungen insofern aufgebaut werden, als der ursprüngliche Projektpartner Eberswalde – mit wichtiger Antragsunterstützung der Nationalen Agentur für Erasmus+ Hochschulzusammenarbeit (NA DAAD) – zum Projektkoordinator eines Projektes der Erasmus+ Programmgeneration 2014 bis 2020 wurde.

Beate Körner, Leiterin des Referats „Erasmus+.

Wichtigste Lernerfahrung: Synergieeffekte nutzen
„Es ist schön zu sehen, wie viel aus ersten, zunächst vereinzelten Projekten erwachsen kann, wenn sie in einer Hochschule gut vernetzt und eingebunden werden“, sagt Beate Körner, die das Referat „Erasmus+ Partnerschaften und Kooperationsprojekte“ der NA DAAD leitet. Nicht nur ergäben sich im Kontext von laufenden Projekten weitere strategische Partnerschaften. Auf Basis der gesammelten Erfahrungen sei es auch einfacher, je nach Interesse weitere Förderlinien in Anspruch zu nehmen. Beate Körner fasst diese Herangehensweise so zusammen: „Werden die Kooperationsförderlinien als Baukastensystem strategisch genutzt, entstehen zusätzliche Synergieeffekte, die nach innen und nach außen wirken können und so die Internationalisierung voranbringen.“

Jasmin Shamsi (4. Oktober 2022)