„Ein Großteil meiner Forschung wäre ohne den DAAD nicht möglich gewesen”
Die Historikerin Prof. Dr. Sara Elizabeth Pugach lehrt an der California State University in Los Angeles, USA.
Was ihnen ihre Förderung durch den DAAD bedeutet, haben viele DAAD-Alumnae und -Alumni seit Anfang Juli unter #IgotFundedByDAAD auf Twitter geteilt. Ein DAAD-Alumnus hatte den Hashtag initiiert, inzwischen finden sich dort dazu mehr als 1.800 Tweets. In ausführlicheren Statements bringen ehemalige Geförderte nun in einer DAAD-Aktuell-Serie genau dies zum Ausdruck: wie ein Stipendium des DAAD ihren Berufs- und Lebensweg beeinflusst hat, aber auch, welche Rolle der DAAD als Förderorganisation im Kontext des internationalen wissenschaftlichen Austauschs einnimmt. Lesen Sie hier einen Beitrag von Prof. Dr. Sara Elizabeth Pugach, die an der California State University in Los Angeles afrikanische, deutsche und Weltgeschichte lehrt.
Mein erstes DAAD-Stipendium erhielt ich 1995. Damals wurde ich in das Summer Language Programme der Universität Leipzig aufgenommen. Seitdem hat der DAAD meine Karriere als Historikerin ausschlaggebend gefördert und unterstützt. Von 1997 bis 1998 erhielt ich ein DAAD-Jahresstipendium, das um ein weiteres Semester bis Anfang 1999 verlängert wurde und mir erlaubte, die Forschungsarbeiten zu meiner Dissertation in Hamburg abzuschließen. Diese Forschung mündete schließlich in meine Dissertation über den Linguisten Carl Meinhof und in der Folge in mein Buch „Africa in Translation: A History of Colonial Linguistics in Germany and Beyond, 1814–1945“ (Michigan, 2012). Im Jahr 2013 förderte der DAAD meine Arbeit erneut, diesmal über eine dreimonatige Wiedereinladung für ehemalige Geförderte, sodass ich in Archiven in Berlin und Ostdeutschland zur Geschichte afrikanischer Studierender in der DDR forschen konnte. Das Buch, das aus diesem Projekt entstand, wurde erst kürzlich veröffentlicht: „African Students in East Germany, 1949–1975” (Michigan 2022).
Nachhall des deutschen Kolonialismus
Im vergangenen Sommer erhielt ich eine weitere Wiedereinladung des DAAD, um eine Forschungsarbeit über den ostdeutschen Kinderbuchautor Götz Richter zu beginnen. Während meiner Zeit in Berlin stieß ich auf Unterlagen, die dieses aktuelle Projekt schließlich über Richter hinausgehen ließen. Die Nachforschungen sind jetzt viel breiter angelegt und befassen sich damit, welche Rolle die Erinnerung an den deutschen Kolonialismus in der Bundesrepublik Deutschland sowie in den afrikanischen und pazifischen Ländern spielte, die einmal deutsche Kolonien waren, und zwar Kamerun, Tansania, Togo und Samoa. Die Arbeit über Richter wird in ein Kapitel zum Kolonialismus in der ostdeutschen Vorstellung einfließen. Weitere mögliche Kapitel beschäftigen sich unter anderem mit Themen, die erforschen, wie die deutsche Ära in Teilen des ehemaligen Überseereichs weiterwirkt. Der DAAD gab mir die Zeit und die finanzielle Unterstützung, die Beziehungen der verschiedenen Themen untereinander im Hinblick auf den steten Nachhall des deutschen Kolonialismus zu erforschen, was das Projekt und das Buch sehr bereichern wird.
Ich kann ohne Übertreibung sagen, dass ein Großteil meiner Forschung ohne den DAAD nicht möglich gewesen wäre. Die Fördermöglichkeiten im Bereich der Geisteswissenschaften sind dünn gesät, und der DAAD war für Generationen von Stipendiatinnen und Stipendiaten, denen nur wenige andere Optionen für finanzielle Unterstützung zur Verfügung standen, von unschätzbarem Wert. Zahllose äußerst wichtige Bücher und Artikel zur deutschen Geschichte, Literaturwissenschaft, Musik, Kunst und mehr wären ohne den DAAD nie erschienen. Er hat die Entwicklung einer Historiografie, die ansonsten gewaltige Lücken aufweisen würde, entscheidend geprägt. Die Nachricht über den deutlichen Aufwuchs im DAAD-Haushalt ist Anlass zu großer Freude und bietet heutigen und künftigen Stipendiatinnen und Stipendiaten die Aussicht, ihre Forschungen auch weiterhin durchzuführen und abzuschließen.
Sara Elizabeth Pugach (22. November 2022)