Tschechien: Bildung und Wissenschaft

Studierende am Rednerpult ihrer Dozentin.

Das Studium ist in Tschechien nach dem Bologna-Prozess dreistufig in Bachelor-, Master- und Doktorandenstudiengänge gegliedert, jedoch nicht modularisiert. Die Abschlussnoten werden daher in schriftlichen und mündlichen sogenannten Staatsprüfungen am Studienende sowie aus der Note der schriftlichen Abschlussarbeit ermittelt. Die in den absolvierten Lehrveranstaltungen erzielten Leistungen werden in einem „diploma supplement“ ausgewiesen, wirken sich aber nicht auf die Abschlussnote aus. Die Studienpläne unterscheiden Pflichtlehrveranstaltungen, Wahlpflichtlehrveranstaltungen sowie Wahlfächer, die Studierende zur Erreichung der notwendigen Anzahl von ECTS-Punkten belegen.
Das tschechische Hochschulsystem kennt nicht den Unterschied zwischen Universität und Fachhochschule. Die in tschechischen Hochschulnamen vorkommenden Bezeichnungen „univerzita“ (Universität) und „vysoká škola“ (wörtlich: Hochschule) werden weitgehend synonym verwendet.

Einige Hochschulen gehören jedoch, obwohl sie die Bezeichnung „vysoká škola“ im Namen führen, dem nichtuniversitären Typ an, da sie über kein Promotionsrecht verfügen und auch keine Gliederung in Fakultäten aufweisen (ISCED-Klassifizierung 5A). Sie sind am ehesten mit deutschen Fachhochschulen vergleichbar.
Von diesen Hochschulen nichtuniversitären Typs ist der Typ „Vyšší odborná škola“ (deutsch etwa: Höhere Fachschule) zu unterscheiden. Diese sind zwar im Bereich der tertiären Bildung angesiedelt, verlangen Abitur als Zugangsvoraussetzung, stellen aber keine Hochschule dar (ISCED-Klassifikation 5B). Sie bieten eine drei- bis dreieinhalb-jährige praktisch orientierte Ausbildung an und vergeben den Titel DiS (diplomovaný specialista, wörtlich: diplomierter Spezialist), der jedoch nicht als akademischer Abschluss gilt. Ähnlich einzustufen sind die Konservatorien („konzervator“), die eine praktisch orientierte künstlerische Ausbildung bieten.

Das tschechische Hochschulsystem kennt keinen Numerus clausus oder eine der ZVS vergleichbare Einrichtung. Die Hochschulzulassung erfolgt stattdessen in den meisten Studienfächern über Aufnahmeprüfungen, die stets im Monat Juni für das darauffolgende akademische Jahr stattfinden und in der Regel aus einem schriftlichen und häufig zusätzlich aus einem mündlichen Prüfungsteil bestehen. Diese werden als ein Mittel zur Qualitätssicherung und zur Begrenzung der Anzahl an Studienabbrechern oder Studienfachwechslern angesehen.
An vielen Hochschulen werden Aufnahmeprüfungen für alle drei Studienabschnitte (Bachelor, Master und Doktorat) durchgeführt. Die Zulassungen werden für jedes Fach einzeln vergeben. Viele Hochschulen bieten zusätzlich kostenpflichtige Vorbereitungskurse für die Aufnahmeprüfungen auf dem jeweiligen Niveau an.
An manchen Hochschulstandorten und in bestimmten Fächern (vor allem mit geringer Auslastung) wurden die Aufnahmeprüfungen jedoch zum Teil wieder abgeschafft. Die Fakultäten ohne Aufnahmeprüfung werden regelmäßig vor Beginn der Bewerbungsphase veröffentlicht.

An öffentlichen und staatlichen Hochschulen werden in der Regel keine Studiengebühren erhoben. An privaten Hochschulen, sowie auch an den meisten höheren Fachschulen zahlen Studierende Studiengebühren. An öffentlichen Hochschulen sind die meisten fremdsprachlichen (vor allem englischsprachigen) Studiengänge gebührenpflichtig.
Trotz der Erhebung von Studiengebühren gelten Privathochschulen in Tschechien nicht als Eliteuniversitäten. Aufgrund des stark eingeschränkten Spektrums an angebotenen Studienfächern lassen sie sich kaum mit öffentlichen Hochschulen vergleichen. In Hochschulrankings schneiden nur wenige sehr gut ab. Wie öffentlich-rechtliche und staatliche Hochschulen auch müssen Privathochschulen Akkreditierungsverfahren durchlaufen und werden staatlich gefördert.

Besondere Stärken in der Forschung:
Die tschechische Akademie der Wissenschaften (Akademie věd České republiky, AV ČR) stellt die größte direkt aus dem Staatshaushalt finanzierte Forschungseinrichtung dar. Sie gliedert sich in 57 Institute, und verfügt in Kooperation mit den Hochschulen über das Promotionsrecht. Daneben existieren Forschungszentren (výzkumná centra), die meist auf technisch-naturwissenschaftliche Fächer spezialisiert sind und nach dem Vorbild der deutschen Max-Planck-Institute ausgebaut werden sollen.
Auch die Hochschulen erleben derzeit einen Trend hin zu einem stärkeren Fokus auf der Forschungsleistung. Insbesondere ist die Finanzierung von Fakultäten und einzelnen Instituten sowie die Vergütung der Mitarbeiter zu einem erheblichen Teil von den Forschungsleistungen abhängig. Kooperationen zwischen Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen werden sowohl auf dem Gebiet der Doktorandenausbildung als auch im Bereich der Forschung staatlich gefördert.
Forschungsförderung an den Hochschulen ist durch die tschechische Förderagentur „Grantová agentura“ (vergleichbar der DFG in Deutschland) sowie (vor allem bei längeren Forschungsvorhaben) durch das Programm „výzkumný záměr“ (deutsch: Forschungsvorhaben) des Bildungsministeriums institutionalisiert.


Verfasser: Christof Heinz, Informationszentrum Prag
Der DAAD ist in Tschechien zurzeit mit einem Informationszentrum in Prag sowie elf Lektoraten an der Karls-Universität Prag, an der Masaryk-Universität Brünn, an der Südböhmischen Universität Budweis, an der Technischen Universität Liberec, an der Palacky-Universität Olmütz, an der Schlesischen Universität Opava, an der Universität Ostrava, an der Westböhmischen Universität Pilsen und an der J.E. Purkynĕ-Universität Usti nad Labem vertreten.