100 Jahre DAAD – Erasmus und internationale Kooperationen

Ein älterer Mann mit grauen Haaren steht lächelnd vor einem bunten Roll-Up-Banner zum 30-jährigen Jubiläum von Erasmus+ im Jahr 2017, das Porträts von Menschen in Pop-Art-Stil zeigt.

Der ehemalige deutsch-britische EU-Beamte Alan Smith gilt als Mitbegründer des Erasmus-Programms. Während seiner Arbeit im Bereich der internationalen Bildungskooperation war der DAAD ein ständiger Wegbegleiter. 

Herr Smith, im Video zu unserer 100-Jahr-Feier sagten Sie, dass Ihre Karriere von zahlreichen Begegnungen mit dem DAAD geprägt war. Können Sie das näher erläutern?

Sehr gerne. Während meiner gesamten Laufbahn im Bereich der internationalen Bildungszusammenarbeit und auch schon davor war der DAAD stets eine Quelle der persönlichen Unterstützung und fachlichen Expertise. Und meine Geschichte veranschaulicht auch die verschiedenen Facetten der heute so selbstverständlich erscheinenden Rolle des DAAD bei der Gestaltung des „Europas der Hochschulen“.

Wo hat die Geschichte begonnen?

Am University College in London. Ich schloss dort 1971 mein Germanistikstudium ab und der DAAD gewährte mir freundlicherweise ein Postgraduiertenstipendium an der Universität Marburg, wo ich zuvor zwei Studienjahre verbracht hatte, beginnend im prägenden Jahr der „Studentenrevolution“ 1968. Ich habe diese Forschung nie abgeschlossen, aber ich bin mir sicher, dass die Unterstützung des DAAD wesentlich dazu beigetragen hat, meine erste Stelle in der internationalen Abteilung der Westdeutschen Rektorenkonferenz (WRK) zu finden.

Und in dieser Funktion sind Sie wieder mit dem DAAD in Kontakt gekommen?

Ja, ich habe die WRK zum Beispiel in verschiedenen Auswahlgremien des DAAD vertreten, aber der wichtigste Kontakt war der zu den DAAD-Außenstellen in Paris und London, die in enger Zusammenarbeit mit uns versucht haben, ein System von Äquivalenzen zu schaffen, um die gegenseitige Anerkennung von Studienleistungen und Abschlüssen zwischen Deutschland und anderen Ländern zu verbessern. Der DAAD hat sich diesem Ziel nach wie vor verschrieben, wie seine Rolle bei der Förderung des Europäischen Systems zur Anrechnung von Studienleistungen ECTS zeigt.

Aber damit war die Geschichte noch nicht zu Ende?

Genau, 1978 wechselte ich zum Europäischen Institut für Bildungs- und Sozialpolitik in Paris, wo ich insbesondere für das operative Management des „Joint Study Programme Scheme“ (JSP) der EU zuständig war – rückblickend der Vorläufer von Erasmus. Bald darauf startete der DAAD ein ähnliches Programm für Integrierte Studienaufenthalte im Ausland (IAS). Anfangs waren einige im DAAD etwas skeptisch, was die Beteiligung der EU an der Förderung der internationalen Hochschulkooperation und -mobilität anging, doch bald erkannte man, dass dies große Chancen für Synergien und eine aktive Zusammenarbeit bot.

Mitgestalter des Erasmus-Programms

Und dann wechselten Sie nach Brüssel?

Ja, als Leiter des Brüsseler Büros des Europäischen Instituts, und von dort aus haben wir sowohl das „Joint Study Programme Scheme“ als auch Mitte der 1980er Jahre das „Study Abroad Evaluation Project (SAEP)“ geleitet, das erste große internationale Projekt zur Evaluierung von Auslandsstudienprogrammen und deren Auswirkungen. Sowohl JSP- als auch IAS-Projekte wurden für die Analyse ausgewählt, und dieses Engagement für Forschung und Analyse im Bereich der internationalen Bildung ist ein weiterer kontinuierlicher Aspekt der DAAD-Aktivitäten, der Anerkennung verdient.

Dann kam Erasmus ...

In der Tat! Ende 1985 änderte sich alles mit dem Vorschlag der Kommission, Erasmus als vollwertiges Stipendienprogramm für die Mobilität von Studierenden und Hochschulmitarbeitern einzuführen, das auf der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit von Hochschulen beruht. Ich hatte das Privileg, an der Gestaltung des Programms mitzuwirken und das Erasmus-Büro während der ersten fünf Jahre zu leiten. Eine unserer ersten großen Aufgaben bei der Umsetzung war der Aufbau eines Netzes von Nationalen Agenturen. In Deutschland war der DAAD unser natürlicher Partner, und er ist seither eine hoch angesehene Nationale Agentur geblieben – von den kleinen Anfängen bis zu der großen DAAD-Abteilung, die wir heute sehen. 

Doch kurz nach dem Start von Erasmus fiel die Berliner Mauer ...

Aufregende Zeiten! Eine der größten Herausforderungen bestand darin, die Hochschulen in der ehemaligen DDR in Erasmus zu integrieren, und auch hier arbeiteten wir Hand in Hand mit dem DAAD, um dies zu erreichen.

Gründung der Academic Cooperation Association (ACA)

Der DAAD war also als Nationale Erasmus-Agentur in Deutschland etabliert, aber überall in Europa gab es Organisationen, die vor der gleichen Herausforderung standen?

Genau, und in dieser Situation lernte ich eine weitere Dimension des DAAD-Beitrags zur internationalen Hochschulzusammenarbeit kennen und schätzen. Anfang der 1990er Jahre – vor allem durch die zunehmende Dynamik von Erasmus und in Mittel- und Osteuropa durch den Start von Tempus – kam es zu einem raschen Ausbau bestehender und in vielen Fällen zur Gründung neuer Organisationen in diesem Bereich. In dieser Situation entstand zunehmend das Bedürfnis, dass die Organisationen voneinander lernen und ihr Fachwissen austauschen. So wurde die Idee geboren, zu diesem Zweck eine europäische Vereinigung zu gründen, und die Academic Cooperation Association (ACA) war das Ergebnis. Zusammen mit dem niederländischen Partner NUFFIC war der DAAD eine starke treibende Kraft hinter dieser Initiative, und als Gründungsdirektor der ACA habe ich eng mit ihnen und anderen zusammengearbeitet, um sie zu verwirklichen. Über drei Jahrzehnte hinweg hat der DAAD die ACA unermüdlich unterstützt.

Dann wurden Sie EU-Beamter. Aber das war nicht das Ende Ihrer Zusammenarbeit mit dem DAAD?

Ganz im Gegenteil! In verschiedenen Positionen innerhalb der Kommission, insbesondere als Erasmus-Koordinator, aber auch während eines Einsatzes bei Erasmus Mundus, habe ich mich über die Möglichkeit gefreut, unsere Zusammenarbeit zu erneuern, zum Beispiel bei der Entwicklung von Plänen, die EU für internationale Studierende attraktiver zu machen.

Und auch im Ruhestand hat sich Ihre Verbindung zum DAAD aufrechterhalten?

Ja, absolut. Vor allem zwei Sachen im Zusammenhang mit dem 30-jährigen Jubiläum von ERASMUS gehörten für mich zu den Höhepunkten. Zum einen hat mich der DAAD freundlicherweise gebeten, einen ausführlichen Artikel über die Entstehung des Programms für die Sonderveröffentlichung zu diesem Anlass beizusteuern. Und zweitens wurde ich eingeladen, auf der Jubiläumskonferenz einen Dialog zum Thema „Das ERASMUS-Programm - damals und heute“ mitzugestalten.

„Erasmus - damals und heute“: Das könnte man als Leitmotiv für Ihr vielfältiges Engagement für den DAAD im Laufe der Jahre sehen ...

Ich denke schon, vor allem, wenn wir das Jahrzehnt vor der Einführung von Erasmus mit einbeziehen! Auf jeden Fall habe ich die Beziehung zum DAAD immer sehr geschätzt. Um das zu beweisen, bin ich schließlich der Alumni-Vereinigung ehemaliger DAAD-Stipendiaten beigetreten, man könnte also sagen: „Der Kreis hat sich geschlossen!“

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