Fit fürs multikulturelle Klassenzimmer

Teilnehmende der dreitägigen Konferenz in Berlin im November 2024

Wie lässt sich Internationalisierung in die Ausbildung angehender Lehrerinnen und Lehrer integrieren? Welche Rahmenbedingungen sind notwendig, damit Studierende einfach und gerne ins Ausland gehen – und möglichst viel davon profitieren? Mit dieser Frage beschäftigt sich auch der DAAD seit vielen Jahren. Eine erste Antwort ist das 2019 aufgelegte Programm Lehramt.International. Es verfolgt das Ziel, Lehramtsstudierende für Praktika und Studienaufenthalte im Ausland zu begeistern und wird nun in einer zweiten Projektphase bis Ende 2029 fortgesetzt.

Anfang November 2024 lud der DAAD Bildungsmanagerinnen und -manager sowie Alumnae und Alumni des Programms zu einer dreitägigen Tagung nach Berlin ein. Ziel war es, Bilanz zu ziehen über die erste Förderphase des Programms, neue Einblicke zu gewinnen und Ausblicke zu geben auf die kommende Förderphase.

Vor 15 Jahren sei der Satz „Internationalisierung brauchen wir nicht“ noch häufig zu hören gewesen, erinnerte sich Peter Greisler vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) in Berlin. Das DAAD-Programm habe an vielen Hochschulen zum Umdenken beigetragen. Das sei gut so. Denn „die Lehrkräfte benötigen interkulturelle Kompetenzen, um mit der Heterogenität der Schülerschaft umzugehen und erfolgreich zu unterrichten“, sagte Greisler. 41 Prozent der Schülerinnen und Schüler in Deutschland hätten Migrationsgeschichte, aber nur 15 Prozent des pädagogischen Personals.

Auch Michael Harms, stellvertretender Generalsekretär des DAAD, zog positive Bilanz. Laut einer Umfrage unter Stipendiatinnen und Stipendiaten von Lehramt.International hätten 94 Prozent ihre interkulturellen Fähigkeiten erweitert. 87 Prozent fühlten sich nach dem Auslandspraktikum besser auf die Arbeit im interkulturellen Klassenzimmer vorbereitet. Allerdings gebe es noch immer Schwierigkeiten, Auslandsaufenthalte in die Curricula der Hochschulen zu integrieren. „Deshalb ist es wichtig, dass wir passgenaue Angebote schaffen“, betonte Harms.

Die Bergische Universität Wuppertal hat beispielsweise eine Projektmaßnahme für niedrigschwellige Internationalisierung in einer bilateralen Kooperation etabliert, die sie in Berlin vorstellte: Grundschullehramtsstudierende aus Wuppertal nehmen dabei vier Wochen lang an Seminaren der Université de Lorraine teil. Außerdem hospitieren sie in einem Kindergarten oder in einer Grundschule. Dort halten sie sogar Unterrichtsstunden ab, wobei sie von französischen Lehramtsstudierenden unterstützt werden. „Das funktioniert mit Hilfe von Bildmaterial, Symbolen und Gesten sehr gut“, berichtete Jule Lorleberg von der Bergischen Universität Wuppertal. Sie organisiert das Kooperationsprojekt mit der französischen Partnerhochschule. „Viele Teilnehmende sagen hinterher, dass ihnen der Austausch viel gebracht hat“, sagte Lorleberg. „Sie haben sich mit einem anderen Bildungssystem auseinandergesetzt und dabei Selbstvertrauen im Umgang mit sprachlicher und kultureller Vielfalt im Klassenzimmer entwickelt.“

Diskussionen, Vorträge, Vernetzung: Die drei Tage boten vielfältige Möglichkeiten zum Austausch.

Seit 2019 sind in Deutschland im Rahmen von Lehramt.International mit Förderung durch den DAAD 36 Modellprojekte eingerichtet worden, die mit 220 Partnerhochschulen in 55 Ländern kooperieren. In der zweiten Förderphase bis 2029 sollen sie ausgebaut werden. Bei den Stipendien sollen angehende Berufsschullehrende und Studierende des Fachs Lehramt Sekundarstufe 1 stärker in den Blick genommen werden. Auch der Dialog von Hochschulen und Politik soll weiter ausgebaut werden, um Entscheidungsträger weiter miteinander zu vernetzen.

In den kommenden fünf Jahren wird der DAAD weiterhin viele Formen der Auslandsmobilität fördern – so auch beispielsweise an der Pädagogischen Hochschule (PH) Freiburg, wo bereits ein Modellprojekt etabliert wurde. Durch den Ausbau von Informationsangeboten und Beratungen können inzwischen 200 Studierende im Jahr ins Ausland gehen. Wie Nilanthi Ohlms vom International Office der Hochschule erläutert, können sich die Studierenden um Stipendien bewerben und an vorbereitenden Sprachkursen sowie hybriden interkulturellen Vor- und Nachbereitungsworkshops teilnehmen. „Außerdem fördern wir Vernetzungs- und Lehraufenthalte, Sommerschulen sowie virtuelle Seminare mit unseren Partnerhochschulen in Kanada und den USA“, sagte Ohlms. In der kommenden Förderphase werde Chile hinzukommen. Ferner, so Ohlms, wolle die PH zusätzliche Angebote für das neue Studienfach „Lehramt Sonderpädagogik“ schaffen.

Josefine Janert (19.11.2024)

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