„Erfolgreiche internationale Studierende sind ein Attraktivitätsverstärker für Deutschland“

Wertvolles Potenzial: Internationale Studierende in Deutschland sollen besser in den Arbeitsmarkt integriert werden. Das Programm FIT unterstützt Hochschulen dabei, Studierende bereits während des Studiums auf diesem Weg zu stärken. Im Interview erklärt Dr. Andreas Hoeschen, Leiter des Bereichs Internationalisierungsprogramme für deutsche Hochschulen, was die Programmlinie auszeichnet und warum am Ende nicht nur die Studierenden selbst davon profitieren.
Herr Dr. Hoeschen, mit der Programmlinie FIT im Rahmen der Campus Initiative internationale Fachkräfte unterstützt der DAAD deutsche Hochschulen dabei, internationale Studierende schon während des Studiums zu begleiten und sie darauf vorzubereiten, einen erfolgreichen Studienabschluss zu erlangen und danach in Deutschland einen Arbeitsplatz zu finden. Warum ist dieses Engagement wichtig?
Die deutschen Hochschulen sind schon jetzt zentrale Akteure bei der Bewältigung des Fachkräftemangels in Deutschland. Internationale Studierende an deutschen Hochschulen sind ein strategisch wichtiges Potenzial für die Zukunftssicherung der deutschen Wirtschaft und Gesellschaft. Sie studieren überproportional häufig in den MINT-Fächern, also Mathematik, Ingenieurwissenschaften, Naturwissenschaften und Technik, – und nicht nur, aber insbesondere in diesen Branchen fehlen besonders viele Fachkräfte in Deutschland. Wie der DAAD in seinem Positionspapier 2023 dargelegt hat, schließen derzeit mehr als 50.000 internationale Studierende pro Jahr ihr Studium in Deutschland erfolgreich ab. Mehr als 80 Prozent von ihnen möchten gerne in Deutschland bleiben. Das hat die im April 2023 veröffentlichte Studierendenbefragung „Benchmark internationale Hochschule“ (BintHo) des DAAD ergeben. Doch auf dem Weg dahin gibt es immer noch einige Stolpersteine – etwa ein Drittel der Absolventinnen und Absolventen konnte beispielsweise trotz fachlicher Qualifikation auch 12 Monate nach Studienabschluss noch nicht im deutschen Arbeitsmarkt Fuß fassen.
Wie setzt die Programmlinie FIT hier an?
FIT nimmt drei wesentliche Stellschrauben in den Blick: die Begleitung und Unterstützung vor und während des Studiums, um internationale Studierende zu einem erfolgreichen Studienabschluss zu führen, und die spätere erfolgreiche Integration in den Arbeitsmarkt. Hier geht es vor allem um eine bessere Vernetzung von Hochschulen, Unternehmen und weiterer für den Berufseinstieg relevanter Akteure.
Worum geht es dabei konkret?
Wir möchten beispielsweise die Arbeitgebenden besser damit vertraut machen, dass internationale Arbeitsplatzsuchende viele Qualifikationen mitbringen. Es lohnt sich, Arbeitgebende dafür zu sensibilisieren, welches Potenzial die Diversität internationaler Absolventinnen und Absolventen bietet, und was ein Unternehmen durch Bewerberinnen und Bewerber gewinnen kann, auch wenn diese vielleicht im Vorstellungsgespräch noch nicht ganz fehlerlos Deutsch sprechen. FIT ermöglicht den Hochschulen, Netzwerke zum Arbeitsmarkt aufzubauen, sodass Bewerberinnen und Bewerber und Unternehmen besser zusammenfinden. Zugleich können internationale Studierende schon im Studium ein gutes Training für die Arbeitsplatzsuche und falls nötig zusätzliche Deutschlernangebote wahrnehmen.

Was ist die internationale Zielgruppe und wie sieht die Unterstützung während des Studiums aus?
Die Maßnahmen im Programm FIT richten sich an internationale Studierende, die sich bereits in Deutschland befinden oder eine klare Absicht haben, in Deutschland zu studieren, und die einen Abschluss in Deutschland anstreben. Konkret geht es um gut 330.000 internationale Studierende in Deutschland mit Abschlussabsicht. Es geht bei diesem Förderprogramm nicht um die Anwerbung aus dem Ausland, sondern darum, das Potenzial an den deutschen Hochschulen zu heben. Denn niemand hat etwas davon, wenn Studierende in Deutschland keinen Studienerfolg haben oder keinen Arbeitsplatz finden. Sind internationale Studierende in Deutschland aber erfolgreich, verbessert sich auch das internationale Image Deutschlands als Standort für Studium und Beruf und das wirkt wie ein Attraktivitätsverstärker. Die Hochschulen können internationale Studierende durch Karriereberatung, (Fach-)Sprachenkurse und durch eine integrationswirksame Begleitung während des gesamten Studiums unterstützen. Im Idealfall gelingt das durch ein systematisches Zusammenwirken aller dafür relevanten Akteure an der Hochschule – Studienkolleg, International Office, Career Service und die Fachbereiche. Darüber hinaus sind internationale Alumnae und Alumni der Hochschulen und die Peer-Group der bildungsinländischen Studierenden wichtige Unterstützende für soziale Integration und damit auch Studienerfolg.
Gerade ist die Ausschreibungsrunde bis 2028 abgeschlossen, in der das Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen der Campus Initiative internationale Fachkräfte die Programmlinie FIT und das Anpassungsqualifizierungsprogramm Profi plus mit rund 120 Millionen Euro fördert. 89 Projekte an 49 Universitäten und 40 Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW) und Fachhochschulen werden nun in FIT gefördert.
Die sehr gute Resonanz zeigt, dass die Hochschulen einen großen Bedarf und große Gestaltungsmöglichkeiten bei diesem Thema sehen. Bemerkenswert ist auch die proportional sehr hohe Antragszahl von HAW. Das zeigt, dass die HAW sehr gut integriert sind in das Thema und auch schon gute Netzwerke mitbringen. Insgesamt wurden sehr viele sehr gute Ideen eingebracht; wir sehen mehr Potenzial an den deutschen Hochschulen, als wir aus Budgetgründen jetzt fördern können. Die Aufgaben und vor allem die Chancen, die sich mit der Fachkräftesicherung durch internationale Studierende verbinden, sind noch größer als das jetzt gestartete Programm und werden uns sicher langfristig beschäftigen.
Dr. Andreas Hoeschen ist Leiter des Bereichs Internationalisierungsprogramme für deutsche Hochschulen.
Interview: Sarah Kanning (12. März 2024)