Austausch mit Erasmus+ und sportlichen Spitzenleistungen

 

Bild vom Rollstuhlbasketballer Lukas Gloßner

Lukas Gloßner ist Mitglied der deutschen Nationalmannschaft im Rollstuhlbasketball und Student an der Technischen Hochschule (TH) Ingolstadt. Ein Erasmus+ Semester hat den 23-Jährigen, der seit einem Moped-Unfall vor sieben Jahren querschnittsgelähmt ist, ins baskische Bilbao geführt. Im Interview spricht der Bundesliga-Spieler der RBB München Iguanas über beeindruckende Begegnungen in Spanien und die rasante Fortsetzung seiner sportlichen Karriere.

Herr Gloßner, warum haben Sie sich für ein Erasmus+ Semester in Bilbao entschieden?
Da kamen mehrere Sachen zusammen. Im fünften Semester meines Bachelorstudiengangs „Digital Business“ an der TH Ingolstadt bin ich auf die Möglichkeiten eines Auslandssemesters aufmerksam geworden und habe mich dann für mein siebtes Semester selbst dazu entschlossen. Neben dem Studium war mir von Anfang an die Kombination mit dem Sport wichtig. Ich wollte auf möglichst hohem Niveau weitertrainieren und entschied mich für ein Erasmus+ Semester in Bilbao. Die dortige Universität des Baskenlandes ist eine der Partnerhochschulen der TH Ingolstadt, und die spanische Rollstuhlbasketball-Liga ist die stärkste der Welt.

Wie haben Sie dort sportlich Anschluss gefunden?
Ich habe mich dem Manager und dem Präsidenten der spanischen Spitzenmannschaft Bidaideak Bilbao BSR vorgestellt und gefragt, ob ich mittrainieren könnte. Das Team zählt seit Längerem zu den Top 3 der spanischen Liga. Die Klubverantwortlichen konnten zunächst nicht einschätzen, was ich sportlich mitbringe, aber dann ging alles viel schneller als gedacht. Ich wurde zu einer wichtigen Ergänzung der Mannschaft und spielte schon nach nur zwei Trainings 30 Minuten im Supercopa-Turnier der spanischen Top-Teams. Auch über mein Auslandssemester hinaus bin ich nun zunächst einmal Teil der Mannschaft geblieben. Erst vor wenigen Tagen haben wir den spanischen Pokal gewonnen.

Lukas Gloßner vor Bilbao Schriftzug

Wie hat Sie das Studium in Spanien weitergebracht?
Ich habe nicht nur Spanischkenntnisse erworben, sondern auch Menschen aus zahlreichen Nationen kennengelernt. Das Studium in Bilbao hat mich kulturell und fachlich bereichert. Auch für meine persönliche Entwicklung war es wertvoll, während meines Erasmus+ Semesters und nun auch im Urlaubssemester auf mich gestellt in einem fremden Land unterwegs zu sein. Ich konnte alle Ziele meines Learning Agreements erreichen und nehme aus meiner Zeit in Spanien sehr viel mit.

Welche Herausforderungen verbinden Sie mit dem Studium mit Behinderung?
Dadurch, dass ich sehr fit bin, spielt Barrierefreiheit für mich persönlich keine allzu große Rolle. Was schon auffällt, ist, dass mir an meinen Hochschulen in Ingolstadt und Bilbao noch kein Kommilitone im Rollstuhl begegnet ist. An der Hochschule zieht man als Rollstuhlfahrer die Blicke noch einmal mehr auf sich als auf der Straße. Ich habe damit keine Probleme, aber das ist sicherlich nicht für jeden einfach.

Inwieweit haben Sie von der Erasmus+ Sonderförderung für Studierende mit Behinderung profitiert?
Das war auf jeden Fall eine Erleichterung. Zusätzliche Fördermittel habe ich unter anderem für die Miete einer passenden Wohnung und für Taxikosten erhalten, da ich nicht absehen konnte, wie mobil ich ohne Auto sein würde. Die Abwicklung der Förderung mit meiner Hochschule und dem DAAD lief reibungslos, dafür bin ich dankbar. Ich denke, man sieht an meinem Beispiel auch, dass es ganz normal sein kann, ein Auslandssemester mit Behinderung zu absolvieren. Wenn ich nach Deutschland zurückkehre, um meinen Master zu machen, nehme ich die Erinnerung an viele beeindruckende Begegnungen während meines Studiums in Bilbao mit.

Interview: Johannes Göbel (5. Mai 2023)
 

 

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