Bologna-Prozess: Von Fachleuten profitieren

Fachleute im Austausch

Fortsetzung einer erfolgreichen Premiere: Mit dem Bologna Hub Peer Support II knüpft die Nationale Agentur für Erasmus+ Hochschulzusammenarbeit im DAAD an die positiven Erfahrungen des Beratungsprojekts an.

„Das Interesse an der Beratung durch die Expertinnen und Experten ist nach wie vor sehr hoch.“ Kathrin Herres, Referentin für Erasmus+ Politikunterstützung in der Nationalen Agentur für Erasmus+ Hochschulzusammenarbeit, kann auch drei Jahre nach dem Start des Bologna Hub Peer Support berichten, dass die im Rahmen des Projekts tätigen internationalen Fachleute besonders gefragt sind: Seit dem 1. September 2022 setzt der DAAD das Nachfolgeprojekt Bologna Hub Peer Support II federführend um und koordiniert den Einsatz der Expertinnen und Experten. Sie sollen Hochschulen im Europäischen Hochschulraum insbesondere beim Erfüllen der Bologna Key Commitments unterstützen: bei der Schaffung der dreistufigen Studienstruktur mit Bachelor, Master und Promotion, der grenzüberschreitenden Anerkennung von Studienleistungen und -abschlüssen sowie der Umsetzung von Maßnahmen zur Qualitätssicherung auf der Grundlage gemeinsamer Standards und Leitlinien.

„Für die Expertinnen und Experten bedeutet das ein sehr breites Feld an Beratungselementen“, hebt David Akrami Flores hervor. Der Leiter des Referats Politikunterstützung der Nationalen Agentur veranschaulicht das am Beispiel Anerkennung: „Hier gibt es innerhalb des Europäischen Hochschulraums noch große Unterschiede; die notwendigen Prozesse sind nicht in allen Ländern gleich geläufig. Und auch innerhalb der Hochschulen stellen sich viele Fragen, etwa wer letztlich für die Anerkennung zuständig ist.“

An solchen Fragestellungen setzten die insgesamt 26 Expertinnen und Experten aus 18 Ländern im Rahmen des Bologna Hub Peer Support II an. Die Fortsetzung des Vorgängerprojekts profitiert von einigen Neuerungen. So beteiligt sich zum Beispiel die European University Association (EUA) an der Neuauflage und bringt ihre Beratungsexpertise mit ein. „Auch leistet die European Students’ Union (ESU) nun Beratung von Studierendenorganisationen“, erläutert Kathrin Herres. David Akrami Flores macht zudem deutlich, wie die Idee des Peer Support sich mit der Zeit entwickelt hat: „Es begann vor einigen Jahren mit nationalen Expertinnen und Experten, später internationalen Teams, die deutsche Hochschulen beraten haben. Die Idee des DAAD, internationale Expertinnen und Experten im gesamten Europäischen Hochschulraum einzusetzen, wurde von der EU-Kommission sehr positiv aufgenommen.“

Zu den Fachleuten, die aktuell im Einsatz sind, zählt Professorin Melita Kovačević von der Universität Zagreb. Im Interview mit dem DAAD Journal spricht sie über ihre Motivation.

Prof. Dr. Melita Kovačević

Frau Professor Kovačević, warum haben Sie sich entschieden, als Expertin am Projekt Bologna Hub Peer Support II teilzunehmen?

Ich beschäftige mich seit mehr als zwanzig Jahren mit Hochschulpolitik und verschiedenen Aspekten der Hochschulbildung, sowohl auf nationaler, regionaler als auch auf europäischer Ebene. Einerseits habe ich durch meine akademische Rolle als Universitätsprofessorin und Forscherin viele Gelegenheiten, direkt zu sehen, wie das System funktioniert und welche Auswirkungen alle Reformen, Strategien und Maßnahmen haben. Andererseits bin ich direkt an Hochschulreformen beteiligt und habe an der Entwicklung verschiedener Dokumente und politischer Maßnahmen auf nationaler, regionaler und europäischer Ebene mitgewirkt. Ich glaube, dass der Erfahrungsaustausch mit anderen Kolleginnen und Kollegen und Institutionen zum akademischen Diskurs beitragen und einige konstruktive Ideen für diejenigen anstoßen kann, die Weiterentwicklung und positiven Wandel suchen. Gleichzeitig sehe ich, dass mir die Rolle als Expertin in diesem Projekt die Möglichkeit gibt, neue Erfahrungen zu machen, zu lernen und mich persönlich weiterzuentwickeln – mit Blick auf ein besseres Verständnis des Hochschulsystems im Allgemeinen und von Universitäten, die einem anderen sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Kontext angehören.

Welche Erkenntnisse konnten Sie aus der Kick-off-Veranstaltung im Februar in Bonn mitnehmen?

Zunächst war es für mich interessant, Kolleginnen und Kollegen aus sehr unterschiedlichen Ländern, Universitäten und anderen Einrichtungen und Organisationen im Bereich der Hochschulbildung zu treffen und von ihren Erfahrungen aus dem vorangegangenen Projekt zu hören. Diese Erfahrungen halfen mir auch, meine Erwartungen zu konkretisieren und meine Rolle und Aufgaben zu klären. Darüber hinaus war es wichtig, andere Expertinnen und Experten zu treffen und mit ihnen zu sprechen, um eine erste Verbindung als Gruppe zu schaffen. Diese Vernetzung hat zweifellos die spätere Teambildung und eine effiziente und kollegiale Arbeitsweise erleichtert, nachdem die Aufgaben definiert worden waren.

Inwieweit denken Sie, dass Bologna Hub Peer Support II zur weiteren Umsetzung der Bologna Key Commitments beitragen wird?

Die Umsetzung jeder Reform, der Key Commitments oder damit zusammenhängender Maßnahmen und Strategien bezieht zahlreiche relevante Akteure ein. Der Erfolg hängt auf jeden Fall von einer Reihe verschiedener Faktoren ab, wie zum Beispiel der intrinsischen Motivation der jeweiligen Hochschule, ihrem Engagement, bestimmte Aspekte ihrer Arbeitsweise zu verbessern – und von den Interessengruppen, die bereit sind, sich an diesem Prozess des Peer Support zu beteiligen. Zugleich ist von Bedeutung, ob dieser Prozess top-down oder bottom-up abläuft. Oder in einer Kombination von beidem, was für die Hochschule am vorteilhaftesten sein dürfte. Es ist sehr wichtig, ein breites Spektrum von Akteuren zu sensibilisieren und sie in den Prozess einzubeziehen. Meiner Meinung nach liegt ein wesentlicher Vorteil im Konzept des Peer Support, den Weg für den kollegialen Austausch und die gemeinsame Nutzung bewährter Verfahren zu ebnen, die von der Zielinstitution leicht übernommen werden können. Schließlich ist diese Art von akademischem Austausch frei von Vorurteilen und ermöglicht eine offene akademische Debatte.

Johannes Göbel (31. August 2023)

 

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