Eine deutsch-japanische Erfolgsgeschichte

Die deutsch-japanischen Beziehungen sind eng – und beide Länder möchten sie weiter intensivieren. Anlässlich des 45-jährigen Bestehens der DAAD-Außenstelle Tokyo reiste DAAD-Generalsekretär Dr. Kai Sicks nach Japan, um zusammen mit Partnern des DAAD zu diskutieren, wie Austausch und wissenschaftliche Zusammenarbeit ausgebaut werden können.
Die weltberühmten Gemälde des japanischen Landschaftsmalers Kaii Higashiyama zieren den japanischen Kaiserpalast in Tokyo und wichtige Kultstätten. Doch was nur wenige wissen: Vor genau 90 Jahren war Higashiyama der erste japanische DAAD-Stipendiat, der in Deutschland studierte: Kunstgeschichte in Berlin, von 1933 bis 1935. Sein Gemälde „Tal im Nebel“ von 1989 hängt als Geschenk im Museum für Asiatische Kunst in Berlin.
Der akademische Austausch mit Deutschland hat in Japan eine lange Tradition und Geschichte. Die Länder teilen ähnliche Werte, sind führende Industrie- und Wissenschaftsnationen, sehen sich als Innovationsmotoren und pflegen ihre Beziehungen in Außen- und Sicherheitspolitik, Wirtschaft und Bildung.
Bilaterale Beziehungen stärken
Vor 45 Jahren, 1978, wurde die DAAD-Außenstelle Tokyo gegründet. Sie liegt nur unweit der Akasaka Estate, einer großen Gartenanlage, die einen Teil der kaiserlichen Residenzen beherbergt. Die Außenstelle hat es sich zur Aufgabe gemacht, zu informieren, zu beraten sowie durch Stipendien und Förderangebote für Studierende und Forschende die deutsch-japanischen Wissenschaftsbeziehungen zu intensivieren. Das Deutsche Wissenschafts- und Innovationshaus (DWIH) Tokyo, das von der Außenstelle verwaltet wird, stellt zudem eine Plattform für die Vernetzung von Forschenden, für Wissenschaft und Innovation aus beiden Ländern bereit.
Im April 2023 reiste DAAD-Generalsekretär Dr. Kai Sicks nach Japan, um die Außenstelle anlässlich ihres Jubiläums zu besuchen und gemeinsam mit den Wissenschafts- und Partnerorganisationen in Japan auszuloten, wie sich der akademische Austausch nach dem Einbruch der Mobilitätszahlen während der Coronapandemie reaktivieren lassen könnte. Die Ausgangsvoraussetzungen sind gut: Politisch rücken Japan und Deutschland näher zusammen, und auch im Bildungsbereich geht es voran. Gerade hat die japanische Regierung verkündet, mit groß angelegten neuen Förderprogrammen die Internationalisierung der Hochschulen stärken und die Gewinnung internationaler Talente ausbauen zu wollen.
Mehr Austausch und Internationalisierung
Stärker noch als Deutschland kämpft Japan mit den Folgen des demografischen Wandels und einem erheblichen Fachkräftemangel. Die Treffen mit den Partnern des DAAD und des DWIH in dem dicht gewebten Besuchsprogramms des Generalsekretärs vermittelten einen guten Überblick über den „japanischen Aufbruch“ im Hochschulwesen und in der Wissenschaft und boten die Gelegenheit, weitere gemeinsame Kooperationsmöglichkeiten auszuloten. „Im Augenblick passiert viel in Japan“, sagt Axel Karpenstein, der seit Herbst 2022 Leiter der DAAD-Außenstelle Tokyo und Direktor des DWIH Tokyo ist. „Die Regierung strengt sich an, den internationalen Austausch auszubauen, verstärkt in den MINT-Fächern, und schafft damit gute Anknüpfungspunkte für unsere Programme und Aktivitäten.“

Vor der Coronapandemie studierten und forschten rund 2.000 Japanerinnen und Japaner pro Jahr in Deutschland; die Pandemie hat zu einem starken Einbruch beim Austausch und der wissenschaftlichen Zusammenarbeit geführt. „Trotz Corona stiegen aber die Bewerbungszahlen für Stipendien des DAAD,“ sagt Karpenstein. „Dies unterstreicht das Interesse an Deutschland.“ Kai Sicks traf in Japan nicht nur Vertreterinnen und Vertreter des japanischen Bildungsministeriums, sondern auch der Förderorganisationen zum internationalen Austausch der Japanese Society for the Promotion of Science (JSPS) sowie der Japanese Student Services Organization (JASSO).
Die DAAD-Außenstelle setzt sich dafür ein, bei Multiplikatoren wie Professorinnen und Professoren an japanischen Hochschulen ein stärkeres Bewusstsein für den Mehrwert eines Auslandsaufenthalts zu schaffen. „Japanische Studierende und junge Forschende müssen einige Hürden für einen Auslandsaufenthalt überwinden“, sagt Außenstellenleiter Karpenstein. „Das Curriculum ist sehr eng und lässt wenig Freiraum für studienbezogene Auslandsaufenthalte. Wer ins Ausland will, muss sich wirklich dahinterklemmen.“ Junge Forschende würden oft wenig von ihren betreuenden Professorinnen und Professoren unterstützt, da diese sich Sorgen über eine Abwanderung ihrer Zöglinge machten.

Über persönliche Kontakte und Infomessen sollen künftig mehr Studierende erreicht und motiviert werden. Sicks besprach daher Möglichkeiten zur Unterstützung des japanischen Austauschs mit Deutschland unter anderem mit dem Vizepräsidenten für Internationale Strategien der Kyoto University, der Dekanin für Internationale Angelegenheiten der Waseda University in Tokyo und dem Präsidenten der Tsukuba University. Seit Herbst 2022 sind zudem bereits die Zugangsbedingungen für japanische Oberschulen-Schülerinnen und -Schüler zum Studium an Hochschulen in Deutschland erleichtert worden. „Damit erschließt sich uns eine neue Zielgruppe mit großem Potenzial“, sagt Karpenstein.
Mit Professorin Atsuko Kawakita, Direktorin des Zentrums für Deutschland- und Europastudien DESK an der Tokyo University, an dessen Gründung der DAAD im Oktober 2000 beteiligt war, tauschte Dr. Kai Sicks sich über die Deutsch-Intensivsprachkurse des Zentrums aus. Sie bringen ihre Teilnehmerinnen und Teilnehmer in relativ kurzer Zeit auf Sprachniveau C1. Viele japanische Studierende gerade aus den Naturwissenschaften oder dem Ingenieurwesen streben jedoch trotz geringer oder ganz fehlender Deutschkenntnissen einen Auslandsaufenthalt an einer deutschen Hochschule an. Für sie ist das zunehmende Angebot englischsprachiger Studiengänge in Deutschland besonders attraktiv.
Neu ist auf deutscher Seite ein starkes Interesse der Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW) an einer Zusammenarbeit mit Japan. Das System des kombinierten Studiums mit Praxiselementen ist in Japan weitgehend unbekannt, kann aber für japanische Hochschulen und Studierende attraktiv sein. „Die japanische Regierung implementiert gerade ein neues Förderprogramm für regionale Universitäten, bei dem auch die internationale Zusammenarbeit mit Hochschulen im Ausland gefördert wird,“ erzählt Karpenstein. „Für die deutschen HAW und für Universitäten, die bislang noch nicht intensiv mit Japan zusammenarbeiten, bietet diese Förderung Möglichkeiten, neue Kooperationen auf den Weg zu bringen.“

Neben dem Jubiläum der DAAD-Außenstelle gibt es in diesem Jahr noch ein weiteres Jubiläum zu feiern: Seit 40 Jahren besteht das vom DAAD ins Leben gerufene Programm Sprache und Praxis in Japan. Die 15-monatigen Stipendien ermöglichen es Graduierten deutscher Hochschulen, sich über Japanisch-Intensivkurse und Praktika vor Ort zu Expertinnen und Experten der japanischen Geschäftswelt und Industrie ausbilden zu lassen. Viele der inzwischen mehr als 450 Absolventinnen und Absolventen des Programms bekleiden heute wichtige Positionen in japanischen, deutschen oder internationalen Unternehmen.
Zu all seinen ehemaligen Stipendiatinnen und Stipendiaten in Japan hält der DAAD eine enge Verbindung: Die 1985 gegründete Alumnivereinigung DAAD Tomonokai hat heute etwa 3.500 Mitglieder.
Sarah Kanning (30. Mai 2023)