Herta Müller

Deutschland

Schriftstellerin, Nobelpreisträgerin für Literatur 2009

Gastdozentur 1993, Gastdozentur 1995

Herta Müller

Herta Müller

Sie gilt als „Chronistin des Alltagslebens in der Diktatur“. Wenn die rumäniendeutsche Schriftstellerin Herta Müller in ihren Romanen über Unterdrückung, Angst und Verfolgung schreibt, weiß sie genau, wovon sie spricht, denn das hat sie unter dem rumänischen Diktator Ceausescu selbst erlebt.

Die literarischen Orte sind innere Orte, weggehoben von der Geographie.
– Herta Müller

1953 wurde Herta Müller im banatschwäbischen Rumänien geboren. Ihre Muttersprache ist Deutsch, erst auf dem Gymnasium lernte sie Rumänisch. 1976 begann sie nach dem Studium der Germanistik und Romanistik ihr Berufsleben als Übersetzerin in einer Maschinenfabrik. Als sie die Zusammenarbeit mit dem Geheimdienst verweigerte, begann ihr Leidensweg: Verhöre, Bespitzelungen, Zeiten der Arbeitslosigkeit, später Reise- und Publikationsverbot. Sie gehörte der „Aktionsgruppe Banat“ an, einer Gruppe rumäniendeutscher Autoren, die sich als deutschsprachige Minderheit in der Diktatur an einer gesamtdeutschen Literatur orientierten. 1975 wurde die Gruppe aufgelöst und verfolgt.

1987 siedelte die Schriftstellerin in die Bundesrepublik Deutschland über. Sie lebt heute in Berlin. 1993 unterrichtete sie mit Unterstützung durch den DAAD als Gastdozentin im britischen Warwick, 1995 an der Universität Lissabon in Portugal. In Romanen wie „Der Fuchs war damals schon der Jäger“ (1992) und „Herztier“ (1994) sowie auch in ihren Essays („Der König verneigt sich und tötet“, 2003) beschäftigt sie sich mit der physischen und psychischen Befindlichkeit im totalitären Regime, mit der Tätergeneration der Eltern und der Emigration. Auch ihr 2012 erschienenes Werk „Vater telefoniert mit den Fliegen“ erzählt von Flucht, Gewalt, Heimweh und Entwurzelung. Dabei geht es ihr keineswegs nur um Erfahrungen in Rumänien. „Die literarischen Orte sind innere Orte, weggehoben von der Geographie“, sagt sie in einem Poetikvortrag.

Im Mai 2004 erhielt die bereits vielfach ausgezeichnete Autorin in Weimar den mit 15.000 Euro dotierten Literaturpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung. Sie habe „gegen verordnetes Denken und entmündigtes Sprechen protestiert“ und sich „für die demokratischen Grundwerte engagiert“, hieß es in der Begründung der Jury. 2005 bekam sie den Berliner Literaturpreis, und 2006 wurden ihr der Würth-Preis für Europäische Literatur und Walter-Hasenclever-Literaturpreis verliehen.

2007/2008 war die Schriftstellerin Stipendiatin des Internationalen Künstlerhauses Villa Concordia in Bamberg. 2009 erhielt Müller die Ehrengabe der Heinrich-Heine-Gesellschaft und den Franz-Werfel-Menschenrechtspreis. Im selben Jahr zeichnete die Akademie der Wissenschaften in Stockholm Herta Müller mit dem Nobelpreis für Literatur aus. 2010 erhielt sie das Große Verdienstkreuz mit Stern des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. 2011 wurde sie mit dem Monismanien-Preis ausgezeichnet, der Persönlichkeiten und Institutionen ehrt, die sich für das Recht der unzensierten freien Meinungsäußerung einsetzen. Die Ehrendoktorwürde der Fakultät für Kulturwissenschaften der Universität Paderborn erhielt Herta Müller im Jahr 2012 und im Juni 2015 entschied die Stadt Köln, ihr den Heinrich-Böll-Preis zu überreichen.

Stand: 2015-09-26