Freiraum für Familie und Forschung: PRIME-Alumna Professor Frauke Rostalski im Porträt

Universität zu Köln

Für Professor Frauke Rostalski ist PRIME ein wichtiger Beitrag zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf
 

Doppelpromotion, Familiengründung, Lehrstuhlübernahme: Professor Frauke Rostalski von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln hat in kurzer Zeit viel erreicht. Ein wichtiger Teil ihres Weges war die Teilnahme am Programm „Postdoctoral Researchers International Mobility Experience“ (PRIME) des DAAD.

„Wir sollten die Welt, in der wir leben, selbst gestalten.“ Professor Frauke Rostalski sagt das ohne Pathos, sondern ganz nüchtern – nachdem sie im Gespräch über die Frage reflektiert hat, wo Maschinen Menschen ersetzen können. Etwa auch auf dem Richterstuhl oder in der Anwaltsrobe? Rostalski hat sich schon früh in ihrer akademischen Laufbahn mit den Folgen der Digitalisierung beschäftigt. Offen diskutiert die aktuelle Ausgabe der von ihr als Chefredakteurin geleiteten Zeitschrift „REthinking Law“ die Möglichkeit eines „Super Codes“, der Systeme, die auf Künstlicher Intelligenz basieren, von vornherein rechtskonform ausgestaltet. Aber Rostalski betont: „Die letzte Entscheidung muss immer ein Mensch treffen.“

Das Nachdenken über Entscheidungen mit weitreichenden Konsequenzen ist zentral für Frauke Rostalskis Arbeit. Seit einem Jahr ist die 34-Jährige Inhaberin des Lehrstuhls für Strafrecht, Strafprozessrecht, Rechtsphilosophie und Rechtsvergleichung an der Universität zu Köln. Zu ihren Forschungsschwerpunkten zählen auch Herausforderungen der Künstlichen Intelligenz für Recht und Moral, ebenso Grenzfragen zwischen Medizin, Recht und Ethik. Ihr akademisches Rüstzeug ist vielfältig: Im Juli 2017 schloss Rostalski ihre Habilitation zum Thema „Der Tatbegriff im Strafrecht“ ab, fünf Monate später eine philosophische Promotion, die „Natürlichkeitsargumente“ in der Debatte um neue biotechnologische Verfahren kritisch beurteilt. Dem Laien wird es angesichts dieser Leistungen ein wenig schwindelig. „Ich lebe eigentlich nach der Devise, dass ich etwas dann angehe, wenn ich Lust darauf habe.“ Dieser Satz fällt irgendwann im Gespräch mit Frauke Rostalski – und er passt sehr gut zum Elan, mit dem die junge Frau akademische Herausforderungen angeht. Wobei: Der Gang ins Ausland ist ihr nicht ganz leichtgefallen.

„Ich bin bis zum Abschluss meiner juristischen Promotion in Deutschland geblieben; das war also relativ langweilig“, sagt sie schmunzelnd. Auf diese Promotion folgte der juristische Vorbereitungsdienst am Landgericht Marburg und im September 2013 eine vom DAAD geförderte Vortragsreise nach China und Südkorea. Besonders der Besuch der Volksrepublik und das große Interesse der chinesischen Zuhörer an ihrem Promotionsthema „Gesinnung und Straftat“ seien für sie sehr anregend gewesen, erzählt Rostalski. Die Gelegenheit zu einem längeren Auslandsaufenthalt sollte sie jedoch erst drei Jahre später mit einer Förderung der VolkswagenStiftung und dem PRIME-Programm des DAAD ergreifen − PRIME steht für „Postdoctoral Researchers International Mobility Experience“.

Anstellung als Postdoktorandin
Während der Zeit ihrer Habilitation an der Philipps-Universität Marburg nutzte Frauke Rostalski diese Möglichkeit, um neue Erfahrungen zu sammeln. In Marburg konnte sie durch PRIME als Postdoktorandin angestellt werden, nicht nur während ihres Forschungsaufenthalts in den USA, sondern einschließlich einer sechsmonatigen Integrationsphase nach ihrer Rückkehr in Deutschland.

Von September 2016 bis Mai 2017 forschte die Juristin an der State University of New York at Buffalo zu einem von ihrer Habilitation inspirierten Thema: Aus rechtsvergleichender Perspektive beschäftigte sie sich mit den Anklagestrategien US-amerikanischer und deutscher Strafverfolgungsbehörden. „Dass ich mich vor Ort mit amerikanischen Kollegen austauschen und eine Fülle englischer Fachliteratur nutzen konnte, hat mich sehr bereichert“, hebt sie hervor. Nicht nur mit Blick auf Unterschiede im deutschen und US-amerikanischen Strafverfahrensrecht: „Die Zeit in den USA hat mir auch neue Forschungsthemen eröffnet, auf die ich in Deutschland vielleicht gar nicht erst gekommen wäre.“ Als ein Beispiel nennt sie die „Sentencing Guidelines“, die in den USA eine zu große richterliche Freiheit bei der Strafzumessung verhinderten.

Die Vorteile von PRIME endeten aber nicht mit Rostalskis Rückkehr nach Deutschland: „Meine Integrationsphase in Deutschland ist zusammengefallen mit der Geburt unseres Sohnes. Die mit dem Programm verbundene Festanstellung hat mich enorm entlastet.“ Schon 2017 hielt eine Evaluation fest, dass das Prinzip „Arbeitsvertrag statt Stipendium“ das PRIME-Programm besonders attraktiv macht, bietet es den Geförderten doch zuzüglich zu einem Vollzeitgehalt Sozialleistungen wie Krankenversicherung, Pensionsrücklagen oder Elternzeit. „PRIME leistet einen wichtigen Beitrag zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf“, sagt Frauke Rostalski. „Und das bedeutet nicht nur die Förderung von Frauen an den Fakultäten. Schließlich schätzen es auch immer mehr Männer in der Wissenschaft, wenn sie dabei unterstützt werden, für Kinder und Familie da zu sein.“

Weitere Informationen

Fünf Jahre PRIME

2019 feiert das DAAD-Förderprogramm „Postdoctoral Researchers International Mobility Experience“ (PRIME) sein fünfjähriges Bestehen. Finanziert wurde die Pilotphase des Programms mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) und der Europäischen Union (FP7/Marie Curie Actions/COFUND). Ab März 2019 wird das Programm durch nationale Mittel des BMBF fortgeführt. PRIME unterstützt die internationale Mobilität in der Postdoktorandenphase durch befristete Stellen an deutschen Hochschulen. Die Förderung nach dem Prinzip „Arbeitsvertrag statt Stipendium“ umfasst eine zwölfmonatige Auslandsphase und eine sechsmonatige Integrationsphase an einer deutschen Hochschule, an der die ausgewählten Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler über den gesamten Förderzeitraum als Postdoktoranden angestellt sind.

PRIME fördert nicht nur wissenschaftliche Exzellenz, sondern stärkt auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Auf der PRIME-Jubiläumskonferenz im Dezember 2018 war dem Thema „Equal opportunities and dual career“ ein eigenes Panel gewidmet. PRIME berücksichtigt Bedürfnisse wie die Möglichkeit einer Elternzeit oder den Zugang zur gesetzlichen Krankenversicherung auch für Familienmitglieder – und leistet somit einen Beitrag zur Chancengleichheit zwischen Bewerberinnen und Bewerbern mit unterschiedlichen familiären Hintergründen.

Johannes Göbel (22. Februar 2019)