Italien: Bildung und Wissenschaft

Studierende am Rednerpult ihrer Dozentin.

Hochschullandschaft und Studierende

Italien ist in 20 Regionen untergliedert, welche nach dem Staat die nächste Gebietskörperschaftsebene darstellen. Die Regionen verfügen jeweils über eine direkt gewählte Regierung (giunta). Fünf dieser Regionen sind sogenannte autonome Regionen (Aostatal, Friaul-Julisch Venetien, Sardinien, Sizilien) bzw. im Fall von Trentino-Südtirol autonome Provinzen mit Sonderstatut und haben mehr Rechte als Regionen mit Normalstatut.

Die italienische Hochschullandschaft verfügt über eine Vielzahl an Hochschularten und ist regional sehr unterschiedlich ausgeprägt. An erster die über das gesamte Land  61 staatlichen Universitäten und sieben universitären Institute (Istituti universitari a ordinamento speciale) zu nennen. Letztere gelten durch ihre strengen Aufnahmeregelungen und ihre Orientierung an den französischen Grandes Ecoles als staatliche Exzellenzhochschulen. Da ihr Schwerpunkt auf der Forschung liegt, bieten sie vorrangig Promotionsstudiengänge an.

Regionen mit einer hohen Bevölkerungszahl wie die Lombardei, Kampanien und Latium sind Sitz mehrerer Universitäten. In weniger bevölkerungsreichen Regionen wie im Molise oder in der Basilikata, aber auch in Trentino und in Südtirol befindet sich jeweils nur eine staatliche Hochschule. In der Hauptstadt Rom sind vier staatliche Universitäten ansässig. Die Sapienza Università di Roma ist mit circa 107.000 Studierenden die europäische Präsenzhochschule mit der höchsten Anzahl an Studierenden, die im Jahr 1088 gegründete Alma Mater Studiorum in Bologna die älteste Universität der westlichen Welt.

Ancona, Bari, Mailand und Turin haben jeweils ein sogenanntes Politecnico. Hierbei handelt es sich um spezialisierte staatliche Hochschulen, in welchen Studiengänge in bestimmten Bereichen (wie zum Beispiel Informatik, Architektur und vor allem Ingenieurwissenschaften) angeboten werden. Was den künstlerischen Bereich betrifft, befinden sich fünf staatliche Design-Hochschulen (Istituto Statale per le Industrie Artistiche) in Faenza, Florenz, Pescara, Rom und Urbino, während 25 staatliche Akademien und 47 private, aber staatlich anerkannte Institute in den Bildenden und Darstellenden Künsten ausbilden. Zusammen mit den 73 Konservatorien (71 staatliche Musikhochschulen, der Musikabteilung des Politecnico delle Arti in Bergamo, dem Konservatorium im Aostatal) sowie den beiden nationalen Akademien für Schauspiel und Tanz in Rom bilden sie den Bereich AFAM (Alta Formazione Artistica, Musicale e Coreutica / künstlerische, musikalische und choreographische Hochschulbildung). Den staatlichen Universitäten kommt allein in Hinblick auf die Studierendenzahlen mehr Gewicht zu, was auch an großen Universitäten wie der römischen La Sapienza oder der Universität Bologna mit je über 80.000 Studierenden liegt. Die 20 staatlich anerkannten, privaten Universitätengewinnen jedoch vor allem bei einem finanzkräftigen nationalen und internationalen Publikum an Bedeutung. Diese verlangen zwar hohe Studiengebühren, locken aber mit ausgezeichneten Bedingungen. Darunter gilt die mit dem italienischen Arbeitgeberverband Confindustria verbundene Universität für Sozialwissenschaften LUISS (Libera Università Internazionale Studi Sociali) in Rom als eine der besten Universitäten des Landes. Auch die Wirtschaftsuniversität Luigi Bocconi in Mailand erreichte 2022 in einem internationalen Ranking der Financial Times Rang 4 der besten Business Schools Europas. Seit den 2000er-Jahren haben sich darüber hinaus neben den traditionellen Universitäten auch Fernuniversitäten entwickelt. Davon zählt Italien elf, die alle privatrechtlich organisiert sind.

In sprachlicher Hinsicht sind die Freie Universität Bozen, an der auf Italienisch, Deutsch und Englisch unterrichtet wird, sowie die Università per Stranieri in Perugia, Reggio Calabria und Siena, an denen Italienischkurse für Ausländer sowie Studiengänge für Italienisch als Fremdsprache und Kommunikation angeboten werden, erwähnenswert.

Eine Besonderheit des universitären Systems in Rom bilden die sieben päpstlichen Universitäten und 16 päpstlichen Hochschulen, Fakultäten und Institute. Schwerpunktfächer sind neben Theologie auch Philosophie, Kirchenrecht, Kirchengeschichte sowie Sozialwissenschaften. Neben Geistlichen und Ordensleuten studiert an diesen Hochschulen auch eine große Zahl an Laien.

Der Nationale Forschungsrat (Consiglio Nazionale delle Ricerche, CNR), eine italienische Behörde mit Sitz in Rom, spielt eine zentrale Rolle in der Grundlagenforschung. Er verfügt über zahlreiche eigene Forschungsinstitute und unterstützt die Vernetzung der Forschungsarbeit an den Universitäten.

In Italien teilen sich zwei Ministerien die Zuständigkeit für den Bildungsbereich: das Ministero dell'Istruzione e del Merito (zuständig für die Schulen) und das Ministero dell‘Università e della Ricerca (zuständig für Universitäten und Forschung). Laut letzterem waren im akademischen Jahr 2021/2022 insgesamt 1.822.141 Studierende an italienischen Universitäten und 83.613 Studierende an italienischen Musik- und Kunsthochschulen eingeschrieben. Der Anteil der weiblichen Studierenden betrug 2021/2022 circa 56 Prozent. Die Anzahl der eingeschriebenen Studierenden war nach 2010/2011 (1.821.818 Studierende) signifikant bis auf 1.651.019 im Jahr 2015/2016 zurückgegangen. Inzwischen steigt sie wieder und übertrifft sogar leicht das Niveau von 2010/2011.

Studienaufbau und akademische Abschlüsse

In Italien sind die meisten Studiengänge nach dem Bachelor-/Master-System organisiert, wobei der Bachelor Laurea Triennale und der Master Laurea Magistrale heißen. Die Dauer einer Triennale beträgt in der Regel drei, die der Magistrale in den meisten Fällen zwei Jahre. Die Anzahl der zu erbringenden ECTS-Punkte (in Italien: credito formativo universitario oder CFU) beträgt entsprechend der Bologna-Reform 180 im Fall der Laurea Triennale beziehungsweise 120 für die Laurea Magistrale.

Neben diesem zweistufigen System gibt es die sogenannte Laurea Magistrale a Ciclo Unico. Diese fünf- bis sechsjährigen Studiengänge bereiten meist auf die Ausübung eines reglementierten Berufs vor. Dazu zählen unter anderem medizinische Fächer (Humanmedizin, Tiermedizin, Zahnmedizin, Pharmazie) sowie Rechtswissenschaften und Architektur und/oder Bauingenieurwesen (die an einigen Universitäten in einem Studiengang zusammengefasst werden).

Die akademische Ausbildung von Grundschullehrerinnen und -lehrern erfolgt ebenfalls über einen einstufigen fünfjährigen Masterstudiengang in Bildungswissenschaften. Die Ausbildung von Lehramtsanwärterinnen und -anwärtern an einer weiterführenden Schule wurde in der jüngeren Vergangenheit mehrfach reformiert: 2010 löste der Tirocinio Formativo Attivo (TFA) den bisher etablierten zweijährigen Ausbildungsgang Scuola di Specializzazione all’Insegnamento Secondario (SISS) ab. Stattdessen sah er eine einjährige Kombination von Hochschulstudium und Schulreferendariat vor. Dieser Ausbildungsweg wurde 2017 abgeschafft. Geplant war, ihn ab 2018 durch das dreijährige Ausbildungssystem Formazione Iniziale e Tirocinio (FIT) zu ersetzen. FIT wurde jedoch im Schuljahr 2018/2019 lediglich in einer verkürzten einjährigen Form durchgeführt und nach einem Regierungswechsel bereits im Dezember 2018 per Gesetz wieder eingestellt.

Der Unterricht erfolgt an italienischen Universitäten üblicherweise in Form von Vorlesungen. Unterrichtssprache ist vorwiegend Italienisch, wobei einige Studiengänge auf Englisch angeboten werden.

Im Laufe des Studiencurriculums sind zum größten Teil mündliche Prüfungen abzulegen. Benotet werden sie gemäß einer Notenskala, die von 18 (ausreichend) bis 30 (sehr gut) bzw. 30 e lode (sehr gut mit Auszeichnung) reicht. Beim Studienabschluss gilt ein anderes Bewertungssystem, bei welchem die höchste Note 110 e lode ist. Die Abschlussnote wird aus einem nach ETCS-Anteil gewichteten Durchschnitt der studienbegleitenden Prüfungen und der Bewertung der Abschlussarbeit gebildet.

An vielen Universitäten werden einjährige Aufbaustudiengänge angeboten, die auf Italienisch Master genannt werden. Absolventen der Laurea Triennale können Master des ersten Niveaus (Master di Primo Livello), Absolventinnen der Laurea Magistrale können Master des ersten und zweiten Niveaus (Master di Secondo Livello) besuchen.

Ein Hochschulabsolvent führt in Italien bereits nach der Laurea Triennale oder Laurea Magistrale den Titel 'dott.' (dottore, maskulin) oder 'dott.ssa' (dottoressa, feminin). Den Titel 'dott. ric.' (dottore di ricerca), der dem PhD entspricht, erlangt man dagegen erst durch ein erfolgreich abgeschlossenes Promotionsstudium. Dieses dauert in der Regel drei Jahre. Es sieht neben der Forschungsarbeit und der Anfertigung der Doktorarbeit vor allem im ersten Studienjahr auch den Besuch von Lehrveranstaltungen vor. Für die Doktorarbeit besteht keine Publikationspflicht.

Hochschulzugang und Studiengebühren

Der Zugang zu den Studiengängen der Laurea Magistrale a Ciclo Unico ist in der Regel durch einen Numerus Clausus beschränkt. Auch sind oft fachspezifische Eignungstests (landesweit oder nur für eine bestimmte Universität) vorgesehen. Darüber hinaus werden bei einem großen Teil der Master- und Bachelorstudiengänge ohne Numerus Clausus Eignungstests für die Auswahl der angehenden Studierenden eingesetzt.

Der Zugang zum Promotionsstudium ist durch die erfolgreiche Teilnahme an einem mehrstufigen Auswahlverfahren (concorso) geregelt. Die Universitäten legen jeweils die Promotionsstudienplätze in den einzelnen Disziplinen fest und schreiben sie aus. Interessierte bewerben sich innerhalb einer bestimmten Frist. Kandidatinnen und Kandidaten, die die Zugangsvoraussetzungen erfüllen, werden zu einer schriftlichen und einer mündlichen Aufnahmeprüfung eingeladen. In der Regel ist ein Teil der Promotionsstudienplätze an ein Stipendium gekoppelt.

Italienische Universitäten erheben Studiengebühren. Dies gilt auch für das Promotionsstudium. Die Höhe der Studiengebühren hängt von der jeweiligen Hochschule sowie oft auch von dem ausgewählten Studiengang ab. Sie richtet sich außerdem nach dem Familieneinkommen. Der von der italienischen Verbraucherzentrale Federconsumatori ermittelte Durchschnittswert für die niedrigste Einkommensklasse belief sich im akademischen Jahr 2021/2022 auf 153,93 Euro pro Jahr, während der Durchschnittswert für die höchste Einkommensklasse 2.613,63 Euro jährlich betrug. Unter bestimmten Voraussetzungen (beispielsweise bei Schwerbehinderung, hervorragenden Studienleistungen oder Bezug eines Stipendiums) können Studierende von den Studiengebühren befreit werden.

Hochschulrankings

Universitäten, die in den einschlägigen internationalen Hochschulrankings 2022/2023 die höchsten Plätze belegen, sind: 

Universität Sapienza Rom (ARWU 151-200; CWUR 113), Universität Mailand (ARWU 151-200; CWUR 179), Universität Padua (ARWU 151-200; CWUR 170), Scuola Normale Superiore Pisa (THE 183), Universität Pisa (ARWU 151-200), Universität Bologna (CWUR 181; THE 161).

Staatliche Ausgaben für Hochschulen und Forschung

Der italienische Staat finanzierte im Jahr 2022 die Universitäten mit 8,66 Milliarden Euro. Das stellt eine leichte Steigerung um 3 Prozent im Vergleich zum Budget des Vorjahres dar. Seit 2015 (6,38 Milliarden Euro) stieg das Budget um circa 36 Prozent an. 

Laut Eurostat investierte die italienische Regierung im Jahr 2021 1,18 Prozent des Staatshaushalts in Forschung und Entwicklung (im Vergleich: Deutschland 2,19 Prozent, Frankreich 1,20 Prozent und Spanien 1,23 Prozent). Nachdem von 2012 (1,07 Prozent) bis 2015 (1,01 Prozent) die Ausgaben des italienischen Staates für Forschung und Entwicklung konstant zurückgegangen waren, verzeichnete das Jahr 2016 eine spürbare Trendwende.

Durch den im Rahmen des europäischen Programms Next Generation EU von Italien im Sommer 2021 verabschiedeten Nationalen Plan für Aufbau und Resilienz (Piano Nazionale di Represa e Resilienza, PNRR) stehen für Reformen und Vorhaben in den Bereichen Bildung und Forschung weitere 30,88 Milliarden Euro zur Verfügung.

Verfasserin: Valentina Torri, aktualisiert im Juni 2023 von Dr. Gabi Ellmer, Leiterin des Informationszentrums Rom 

Der DAAD ist in Italien mit einem Informationszentrum in Rom vertreten. Darüber hinaus sind elf Lektorate auf die Universitäten in Bari, Bologna, Cagliari, Florenz, Genua, Mailand, Neapel, Palermo, Rom/Sapienza, Rom/Roma Tre und Udine verteilt.