DAAD-Außenstelle Moskau: Zwei Persönlichkeiten für den Austausch

DAAD-Aussenstelle Moskau

Gregor Berghorn, langjähriger Leiter der DAAD-Außenstelle Moskau, spricht in der Residenz des deutschen Botschafters

Am 1. März 2016 wechselte in der Moskauer DAAD-Außenstelle der Leiter. Zwei Osteuropa-Experten mit viel Erfahrung gaben sich die Klinke in die Hand. Am 17. März fand die offizielle Schlüsselübergabe in der Residenz des deutschen Botschafters in Moskau statt. Ein Anlass, die beiden Persönlichkeiten und ihre Arbeit einmal genauer vorzustellen.

Wer geht? Der Aufbauer.

Dr. Gregor Berghorn, studierter Anglist und Slawist, kam 1989 als Referent zum sogenannten Sonderprogramm Sowjetunion des DAAD – und zwei Jahre später zum Aufbau der neuen Außenstelle nach Moskau, die er schließlich von 1992 bis 1998 zum ersten Mal leitete. Die DDR hinterließ dem DAAD einen Teil ihres Botschaftsgebäudes und eine Reihe guter Kontakte. Aufbauend darauf konnte der DAAD ab 1989 rund 300 Austauschstudenten ins wiedervereinigte Deutschland senden – damals, wie Gregor Berghorn nicht ohne Stolz erzählt, in den Jahren 1992-94, noch mit Sonderzügen: „Die Stipendiaten kamen aus allen Sowjetrepubliken nach Moskau, wurden hier mit Visa versorgt und sind dann in einem Sonderzug nach Berlin gefahren.“

Seine erste Amtszeit in Moskau bezeichnet Berghorn aus der Sicht des Austauschkoordinatoren liebevoll als „positiv sowjetisch“: „Vielleicht war das Bildungswesen das einzig Positive, was die Sowjetunion hinterließ.“ Besonders imponierten ihm die russischen Partner, „die trotz geringer oder gar keiner Bezahlung wussten 'Das ist unsere Pflicht, wir müssen das machen'“.

Leitungswechsel an der DAAD-Aussenstelle Moskau

DAAD-Aussenstelle Moskau

Gregor Berghorn: "Mit Putins dritter Amtszeit begannen die richtigen Veränderungen"

In der zweiten Amtszeit von Gregor Berghorn an der Spitze der DAAD-Außenstelle Moskau von 2002 bis 2004 konnte der DAAD das erste gemeinsame Stipendienprogramm mit dem russischen Bildungsministerium verwirklichen. Heute gibt es sieben solcher Programme und ein achtes ist bereits in Vorbereitung. Seit 2009 spielten die Reformen der russischen Hochschullandschaft und der Akademie der Wissenschaften die Hauptrolle: „Mit Putins dritter Amtszeit begannen die richtigen Veränderungen. Meine Aufgabe lag hier vor allem in der Verfolgung der monatlichen, ja fast wöchentlichen Veränderungen der neuen Spielregeln.“

Insgesamt habe sich das russische Hochschulsystem aber positiv entwickelt, betont Berghorn: „Menschen und Hochschulen in Russland sind sachlicher geworden, Kosten und Nutzen haben an Bedeutung gewonnen. Die Hochschulen sind stärker gefordert – sie müssen Konzepte entwickeln und in die Forschung investieren.“ Die allmählichen Fortschritte und gleichzeitige Trägheit des Bildungssystems könnten auch eine relative Krisenresistenz begründen – und von Krisen muss man beim DAAD in Russland ohnehin nicht sprechen. Im Gegenteil, für das kommende Akademische Jahr 2016/17 gibt es schon jetzt eine Rekordanzahl von Stipendienanträgen, insgesamt rund 2.100 für studienbezogene Auslandsaufenthalte, Sommerschulen und junge Wissenschaftler. Eine gute Startposition für den neuen Leiter der DAAD-Außenstelle Moskau.

Wer kommt? Der Entwickler.

Dr. Peter Hiller übernahm am 1. März die Leitung des Moskauer DAAD-Standorts, keinesfalls als Neuling in Russland oder Osteuropa. 1986 hatte sich die damalige Sowjetunion erstmals bereiterklärt, auch westdeutsche Studierende aufzunehmen; mit der DDR bestanden historisch bedingt schon länger Austauschbeziehungen. Der studierte Germanist und Slawist Hiller ging dann direkt im Wintersemester 1986/87 als einer der ersten zwei DAAD-Lektoren überhaupt in die damalige Sowjetunion. Er unterrichtete am Moskauer Maurice-Thorez-Institut für Fremdsprachen, der heutigen Linguistischen Universität Moskau. Und er blieb Osteuropa treu. Seit der Wende leitete er schon einmal, von 1998 bis 2002, eine Amtszeit lang die Moskauer Außenstelle, später bekleidete er dieselbe Funktion in der polnischen Hauptstadt Warschau.

Leitungswechsel an der DAAD-Aussenstelle Moskau

DAAD-Aussenstelle Warschau

Verabschiedung in Warschau: Der deutsche Botschafter Rolf Nikel überreicht Peter Hiller Ende Januar 2016 eine Dankurkunde

Der gewichtigste Unterschied zwischen Warschau und Moskau sei, so Hiller, die unterschiedliche Größe in allen Dimensionen. In Moskau gäbe es neben den klassischen DAAD-Mobilitätsprogrammen allein sieben zusätzliche gemeinsame Programme mit Russland, die es in Polen nicht gibt. „In Russland wird intensiv Marketing für die Forschung in Deutschland betrieben – nach der Devise der Außenwissenschaftspolitik, die Bundesaußenminister Steinmeier initiiert hat“, sagt Peter Hiller. Einerseits sei das Moskauer Budget besonders umfangreich, andererseits auch die Vernetzungsmöglichkeiten. Moskau ist ein Knotenpunkt für viele russische, deutsche und internationale Wissenschaftseinrichtungen wie zum Beispiel das Deutsche Haus für Wissenschaft und Innovation (DWIH), dessen Projektstab ebenfalls der Leiter der DAAD-Außenstelle in Moskau vorsitzt. In Kasan gibt es seit 2014 sogar eine auch vom DAAD geförderte deutsch-russische Hochschule, das German-Russian Institute of Advanced Technologies (GRIAT).

Außerdem, und hier pflichtet der neue Außenstellenleiter seinem Vorgänger bei, habe der DAAD in Russland noch einmal eine ganz besondere Stellung. Deutschland ist den Statistiken zufolge nach wie vor das beliebteste Auslandsziel russischer Studierender, trotz aller politischen und medialen Konflikte. Gerade jetzt müsse die wissenschaftliche Ebene genutzt werden, sagt Peter Hiller: „In der heutigen schwierigen politischen Gesamtlage müssen die hervorragenden Beziehungen fortgeführt und ausgebaut werden. Wissenschaft und Forschung sind ein Teil zivilgesellschaftlichen Engagements.“ Seine eigene Überzeugung, die des DAAD sowie des Auswärtigen Amts sei es, diesen Dialog zu intensivieren. Hiller betont: „Der DAAD ist dabei ein entscheidender Akteur.“

Leitungswechsel an der DAAD-Aussenstelle Moskau

DAAD-Aussenstelle Moskau

Peter Hiller: "Die hervorragenden Beziehungen müssen fortgeführt und ausgebaut werden"

Um das in den vergangenen 30 Jahren aufgebaute gute Verhältnis zu den russischen Bildungseinrichtungen und Behörden auch in Zukunft weiter zu erhalten, wird der russische Frühlingsbeginn den neuen DAAD-Filialleiter erst einmal auf Reisen schicken: Antrittsbesuche an Moskauer und St. Petersburger Hochschulen, Konferenzen in Kasan und Ufa stehen an. Am 23. März wurde außerdem ein Memorandum of Understanding zwischen dem DAAD und dem Russischen Verband der Führenden Universitäten unterzeichnet, welches dann noch in diesem Jahr ein neues, das achte gemeinsame Förder- und Stipendienprogramm auf den Weg bringen soll. „Das Abram-Joffe-Programm steckt sozusagen in der Pipeline“, sagt Peter Hiller – und macht sich als neuer alter DAAD-Moskauer ans Werk.

Peggy Lohse (5. April 2016)