"Ohne Training geben Gründer zu schnell auf"

Step

Absolventin des STEP-Programms in Kigali

Seit sechs Jahren schult das Team von Professor Michael Frese Studierende in Unternehmertum in Afrika. In Uganda, Kenia, Tansania, Ruanda und Liberia zeigt das "Student Training for Entrepreneurial Promotion" (STEP) mit Unterstützung des DAAD, dass 100 Dollar Startkapital völlig ausreichend sein können: Die Studierenden gründen damit Hühnerfarmen, Eisdielen oder Softwarefirmen und zahlen das Darlehen meist vollständig zurück. Nebenbei liefert das Projekt Erkenntnisse für Freses Fachbereich: die Psychologie.

Herr Professor Frese, was sind die drei wichtigsten Eigenschaften eines Unternehmers?

Michael Frese: Erstens muss er bereit sein, extrem unterschiedlichen Anforderungen nachzukommen. Zweitens braucht er die Fähigkeit, mit Misserfolgen umzugehen. Drittens braucht er eine einigermaßen realistische Idee davon, wie wichtig seine Arbeit ist.

Woran fehlt es den meisten Unternehmensgründern denn?

Sie geben zu schnell auf, wenn sie das Gefühl haben, ihre Ressourcen seien knapp – in Deutschland genau wie in Afrika. Das gilt nicht nur finanziell, sondern auch, wenn sie beispielsweise niemanden für die Buchhaltung finden.

Ist es in Schwellenländern für Gründer einfacher oder schwieriger?

Es ist insofern einfacher, dass es mehr unbefriedigte Bedürfnisse gibt: wenig Anbieter und viele Nischen. Außerdem sind die Anforderungen an Qualität, Pünktlichkeit und Erreichbarkeit geringer. Allerdings gibt es weniger Ressourcen, und in vielen Schwellenländern sind die Märkte sehr klein. Auch das Marketing via Internet funktioniert dort nicht so wie in Deutschland. Anzeigen in Zeitungen sind aber teuer.

Wie kam es zur Gründung von STEP?

Bis zum Jahr 2000 hatte ich eine Gastprofessur in Simbabwe und wollte innerhalb meines Fachgebietes etwas zur Entwicklung in Afrika beitragen. Es gab bereits Trainings für junge Unternehmer, aber ich war sehr verärgert darüber, wie wenig wissenschaftlich befriedigend der Erfolg kontrolliert wurde. Der DAAD erklärte sich bereit, das Projekt finanziell zu unterstützen, und hat uns wahnsinnig geholfen. Später kam noch die deutsche Unesco-Kommission zusammen mit der BASF-Stiftung als Förderer dazu.

Nach welchen Gesichtspunkten haben Sie die Länder ausgewählt, in denen das Training angeboten wird?

Dass wir mit Uganda anfingen, war purer Zufall. Eine Kollegin kehrte gerade von dort zurück und schlug das Land vor. Es gab bereits eine gute Infrastruktur mit der Makerere University Business School und viele Interessenten: 30 Prozent der Menschen in Uganda erwägen, eine Firma zu gründen. Bei der Auswahl der anderen Länder half uns die Unesco, die dort aktive lokale Kommissionen hat. Unser neuestes Projekt sind die Philippinen – aber dafür stehen noch keine Gelder zur Verfügung.

Wie erfolgreich ist das Training?

Es entstehen dadurch etwa 40 Prozent mehr Arbeitsplätze als ohne Training. Außerdem hat sich gezeigt, dass unsere Teilnehmer langfristig erfolgreicher als die Unternehmer der Kontrollgruppe sind. Der größte Unterschied zu Kontrollgruppe war jedoch: Wer der Meinung ist, nicht genug Kapital zu haben, wagt den Schritt mit unserem Projekt meist. Doch in der Kontrollgruppe wird die Unternehmensgründung oft aufgegeben. Durch unseren wissenschaftlichen Zugang mit Hilfe eines randomisierten Kontrollgruppendesigns (Anm. d. Red.: eine Gruppe ohne Training und eine Gruppe mit Training werden parallel untersucht) konnten wir den Erfolg besser überprüfen und uns kontinuierlich verbessern. Noch heute untersuchen wir jede einzelne Förderung durch genaue Erfolgsmessung. Das klingt ein bisschen mühsam, aber es gibt länderspezifische Herangehensweisen, die nicht überall gleich gut funktionieren.

Haben Sie einen Favoriten unter den im Rahmen des Programms gegründeten Firmen?

Eigentlich nicht, denn die ersten Gründungen basieren oft auf wenig komplexen Ideen. Ob die jungen Leute Essen oder Getränke verkaufen – es geht vor allem darum, dass sie ihre Erfahrungen machen. Erst danach geht es richtig los: Viele machen nach einiger Zeit eine oder sogar mehrere neue Firmen auf. Dieses Portfolio-Unternehmertum ist für Afrika recht typisch. Wir haben die Entwicklung der Unternehmerkarriere leider noch nicht genau untersucht, aber das ist eines unserer nächsten Projekte.

Sie wollten mit diesem Projekt ursprünglich vor allem wissenschaftlich forschen und gleichzeitig Entwicklungszusammenarbeit betreiben. Es wirkt, als hätte sich Ihr Fokus inzwischen verlagert.

Ja, ich konzentriere mich derzeit auf diese Projekte. Inzwischen kümmern wir uns auch um mehrere Projekte mit der Weltbank, die inzwischen auch einzelne Unternehmer fördert statt Entwicklungshilfe an den Staat zu geben. Es ist schön für unser Fach, dass wir etwas zur Armutsreduktion in der Welt beitragen können.

Julia Bähr (1. September 2014)