The Other 1 Percent - Die Delegation von studierenden Geflüchteten

© UNHCR

Leiter von studierenden Flüchtlingen während der Veranstaltungen zum Weltflüchtlingstag 2019 in Berlin

Nachhaltige Lösungen für eine weiterführende Bildung in Krisensituationen werden am besten in Zusammenarbeit mit allen Beteiligten, einschließlich der studierenden Flüchtlinge selbst, entwickelt.

Aus diesem Grund wird ein zentraler Aspekt der Konferenz „The Other 1 Percent“ die Anwesenheit einer Delegation von 22 Studierenden und Alumni aus aller Welt sein, welche durch die Programme DAFI, Connected Learning, HOPES und Leadership for Syria (LfS) eine Förderung erhalten haben. Die Studierenden übernehmen eine wichtige und aktive Rolle während der gesamten Woche zum Weltflüchtlingstag. Sie werden über ihre Erfahrungen sprechen, sich persönlich zu der gleichnamigen Fotoausstellung äußern können und sie werden mit Vertretern des akademischen Bereichs, der beteiligten Regierungen sowie des öffentlichen Sektors und der Geberorganisationen interagieren. Ihre unterschiedlichen Hintergründe und persönlichen Erlebnisse, aber auch ihre inspirierenden Initiativen, werden die Konferenz durch ihren Inhalt und Kontext bereichern.

Ella Ininahazwe

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© UNHCR/Antoine Tardy

Ella Ininahazwe

Ella Ininahzwe, 26 Jahre, hat einen Bachelorabschluss in Health Care Management und arbeitet als Refugee College Guidance Counselor mit der Organisation Kepler in Ruanda sowie mit der Southern New Hampshire Universität in Kenia (Kakuma Flüchtlingscamp). Ella stammt aus Burundi und flüchtete 2015 nach Ruanda.

Während ihres Studiums mit Kepler in Kigali nahm Ella durch UNHCR als Rednerin an der Mobile Learning Week in Paris teil. Die Rede war Ellas erste Erfahrung als öffentliche Fürsprecherin für Bildung für Flüchtlinge, bevor sie schließlich Refugee College Guidance Counselor mit Kepler wurde. „Flüchtlinge sind mit einer Menge Hindernisse konfrontiert - vor und nach dem Abschluss“, erklärt Ella. Wir helfen ihnen dabei alle Herausforderungen anzugehen.“

Als Guidance Counselor ist Ella für Keplers Vorbereitungsprogramm für Flüchtlinge in ganz Ruanda verantwortlich. Sie entwickelt das Curriculum für Lehrpersonal und unterstützt Flüchtlingen vor, während und nach ihrem Studium.

Ella ist entschlossen, die Anzahl jugendlicher Flüchtlinge mit Zugang zu höherer Bildung zu erhöhen, insbesondere die Anzahl junger Frauen und Mädchen.

Während sie Vorbereitungskurse für zukünftige Studenten abhielt, wurde Ella auf die Vielzahl unterschiedlicher Hindernisse auf dem Weg zur Bildung für Mädchen aufmerksam. Ihre Schülerinnen unterstützt sie dabei, diese zu überwinden. „Wenn ich ihren Erfolg sehe, bin ich so stolz“, sagt Ella und fügt hinzu, dass Offenheit und Lernbereitschaft gegenüber den individuellen Erfahrungen der Schüler ein wichtiger Faktor ihrer erfolgreichen Arbeit sind.

Momentan arbeiten Ella und ihr Kollege Sadiki an der Bildung eines afrikaweiten Netzwerkes von Refugee College Guidance Counselors. Dazu gehört das Erstellen von Ausbildungscurriculum und Lehrmaterialien. Mit ihrem Projekt gehen Ella und Sadiki innovative, neue Wege.

Ellas Motivation ist es, die Auswirkungen ihrer Arbeit zu sehen. „Du fühlst, dass du etwas Großartiges machst, wenn du jemanden lächeln siehst.“

Ehab Badwi

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© UNHCR

Ehab Badwi

Ehab Badwi ist 26 Jahre alt und studiert Economics, Politics and Social Thoughts mit einem Fokus auf Friedensbildung und Jugendbeteiligung am Bard College Berlin. Außerdem nahm er am Forschungsprojekt „The Missing Peace: Independent Progress Study on Youth, Peace and Security“ teil. Ehab stammt aus Syrien und kam 2015 als Flüchtling nach Deutschland.

In Syrien hatte Ehab ein Diplom als Maschinenbauingenieur erworben. In Deutschland konnte er seine Studien mithilfe von Onlinekursen fortsetzen. Diese Kurse wurden von der NRO Kiron angeboten, welche Flüchtlingen einen offenen Zugang zu Bildung durch digitale Lösungen ermöglicht. Anschließend schrieb Ehab sich am Bard College in Berlin ein. Bis 2022 möchte er das Studium mit einem Abschluss in Politikwissenschaft beenden.

Als Präsident der Syrian Youth Assembly, einem globalen Netzwerk junger Syrer und Syrerinnen, glaubt Ehab fest an das Potential der Jugend. Die von ihm gegründete Organisation mit über 200.000 Mitgliedern hat sich zum Ziel gesetzt, junge Syrer und Syrerinnen für die Friedensbildung in Syrien zu mobilisieren. Zusätzlich bietet die Syrian Youth Assembly auf einer Onlineplattform freien Zugang zu Onlinekursen und ermöglicht ihren Mitglieder so, wertvolle Fähigkeiten und Kompetenzen zu erlangen.

Ehab freut sich darauf, seine Vision von Frieden durch Bildung für Flüchtlinge mit anderen Studierenden und Interessengruppen zu teilen. Dabei betont er die Notwendigkeit, die ganze Gesellschaft, insbesondere die Jugend, am Friedensbildungsprozess zu beteiligen.

Safia Ibrahimkhel

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© UNHCR/Jean-Marc Ferré

Safia Ibrahimkhel

Safia Ibrahimkhel ist eine 25-jährige Studentin der Politikwissenschaft. Sie wurde als Kind einer afghanischen Flüchtlingsfamilie in Pakistan geboren.

Safia schloss die weiterführende Schule in Peshawar, mit dem Schwerpunkt Politikwisschenschaft und Soziologie, ab. Anschließend begann sie ein Studium der Politikwissenschaft an der Universität von Peshawar.

Bereits seit jungen Jahren setzt sich Safia mit großem Einsatz für die Allgemeinheit ein. „Eines Tages, auf meinem Rückweg von der Schule, bemerkte ich eine Gruppe Straßenkinder“, erinnert sich Safia. Sie trat an die Kinder heran und bot ihnen kostenlosen Unterricht bei sich zu Hause an. Ihr Angebot wurde dankbar angenommen und die Klasse wuchs schnell.

Später begann Safia damit, Frauen in ländlichen Gegenden mit Schulungen zu Friedensbildung und zur Sensibilisierung für Extremismus zu erreichen. Sie glaubt fest an das oft übersehene Potenzial von Frauen, einen positiven Wandel in der Gesellschaft zu bewirken.

Safia ist außerdem Mitglied des UNHCR Global Youth Advisory Council (GYAC), das als Beratungsorgan zu Aspekten des Schutzes und der Förderung junger Flüchtlinge, Binnenvertriebener und Staatenloser fungiert.

In ihrer Rolle als GYAC Jugenddelegierte möchte Safia die Möglichkeit des direkten Dialoges zu Fluchtangelegenheiten mit Vertretern der internationalen Gemeinschaft ergreifen. Sie tritt insbesondere für jugendliche Mädchen und junge Frauen ein. Safia sieht die Arbeit von GYAC innerhalb des UNHCR als Beitrag zu Frieden, Nachhaltigkeit und Entwicklungsmöglichkeiten. Sie plädiert für Frieden und Sicherheit für alle Menschen auf der Flucht, durch Zugang zu Dokumentation und aktiver Beteiligung von Frauen und Mädchen im Prozess der Friedensbildung.

Safia sieht sich zukünftig in der Politik: „Als Außenministerin Afghanistans möchte ich wie eine Brücke zwischen zwei Nationen sein und auf eine friedliche Koexistenz hinarbeiten.“

Sadiki Bamperineza

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© UNHCR

Sadiki Bamperineza

Sadiki Bamperineza, 28 Jahre, hat einen Abschluss in Business Communication. Er arbeitet als Refugee College Guidance Counselor mit der Organisation Kepler in Ruanda. Sadiki wurde in der demokratischen Republik Kongo geboren und kam 1996 als Flüchtling nach Ruanda.

Nach seinem Abschluss 2011, begann Sadiki als Geographie- und Englischlehrer in einer weiterführenden Schule im Kiziba Flüchtlingscamp zu arbeiten. An dieser Schule hatte er daran mitgearbeitet, die obersten Klassenstufen einzuführen. „In Kiziba hatten zuvor wir nur eine weiterführende Schule für die grundlegenden Klassenstufen, sodass Schüler das Camp verlassen mussten, um ihre Schulbildung abzuschließen. Mit einer Gruppe junger Absolventen war ich daran beteiligt, die oberen Klassenstufen im Camp einzurichten“, erklärt Sadiki.

2015 begann Sadiki ein Bachelorstudium in Kommunikation, welches durch die internationale NRO Kepler ermöglicht wurde. Kepler verschafft den Studierenden in Ostafrika Zugang zu internationalen Abschlüssen durch akkreditierte Onlinekurse, die einen Bachelorabschluss der Southern New Hampshire Universität in den USA erlauben.

Sadiki schloss sein Studium 2018 mit einem Bachelor ab und arbeitet jetzt mit Kepler als Refugee College Guidance Counselor. Zusammen mit seiner Kollegin Ella berät Sadiki junge Flüchtlinge und hilft ihnen dabei, Informationen zu erhalten, Hindernisse zu überwinden und Fähigkeiten für ein erfolgreiches Studium zu entwickeln. Sein Ziel ist es, die Anzahl junger Flüchtlinge mit Zugang zu Hochschulbildung zu steigern.

Nach Abschluss eines zusätzlichen, einjährigen Stipendienprogrammes des "WISE Learners Voice Programms" begann Sadiki zusammen mit Charlotte Evans aus den USA, ebenfalls einer Kollegin, eine digitale Beratungsplattform zu entwickeln. Die Plattform ermöglicht es, durch eine Kombination von Technologie und menschlichen Ressourcen, potentiellen Studierenden höhere Bildungsprogramme zu besuchen. Die Plattform besteht aus drei Modulen. Einerseits werden Informationen zu den unterschiedlichen höheren Bildungswegen bereitgestellt. Des Weiteren besteht die Möglichkeit mit einem Guidance Counselor die jeweiligen Auswahlkriterien zu besprechen. Zusätzlich werden hier auch Informationen und eine Beratung zu den rechtlichen Implikationen angeboten.

Abgesehen von seiner Arbeit als Counselor, glaubt Sadiki fest an die Macht der Musik. Auf Freiwilligenbasis gibt er Unterricht in verschiedenen Musikinstrumenten und gibt kostenlose Konzerte für die Bewohner des Kiziba Flüchtlingscamps: „Musik kann Traurigkeit verschwinden lassen und Hoffnung geben.“

Foni Joyce Vuni

Student delegation - Foni Joyce Vuni (424x424)

© UNHCR/Jean-Marc Ferré

Foni Joyce Vuni

Foni Joyce Vuni, 27 Jahre alt, hat einen Bachelorabschluss in Mass Communication mit einer Spezialisierung in Public Relations. Aufgrund des Konflikts im Sudan flohen ihre Eltern 1991 nach Kenia.

Nach Abschluss der Grundschule sowie der weiterführenden Schule begann Foni als Auszubildende in einer Organisation, die Flüchtlinge als Kunsthandwerker beschäftigt.

2012 wurde Foni für ein DAFI-Stipendium ausgewählt und begann ein Bachelorstudium an der Kenyatta Universität. Die Universität, an der Foni mit anderen Studierenden in Kontakt kam, fungierte als erste Plattform, um negative Vorurteile über Flüchtlinge in Frage zu stellen. Foni glaubt daran, dass Interaktion und Bildung essentiell zu Friedensbildung und Wertschätzung kultureller Diversität beitragen.

Als eine der Vorsitzenden von UNHCR’s Global Youth Advisory Councils (GYAC) und Beauftragte für Bildung begann Foni, sich stärker öffentlich zu äußern. 2018 repräsentierte sie Flüchtlinge aus dem Südsudan bei hochrangigen Friedensverhandlungen in Khartoum. „Ich fungiere als Verbindung zwischen den Flüchtlingen und den Leuten am Verhandlungstisch“, erklärt Foni.

Gemeinsam mit einem kenianischen Freund gründete Foni die communitybasierte YEMI Initiative (in Swahili bedeuted YEMI grob übersetzt „Du bist ich, und ich bin du“).

YEMI soll der lokalen Gemeinschaft und insbesondere der Jugend dabei helfen, ihr Potential wahrzunehmen und zu nutzen. „Wir zeigen den Leuten, wie sie das nutzen können, was sie haben, um zu erreichen, was sie brauchen“, erklärt Foni. „Wir wollen eine Kultur des ‚empowerment‘ kreieren.“ YEMI berät, leitet an, und inspiriert durch ein Mentoring-Programm, ausführliche Karrieregespräche und Podiumsdiskussionen. Die Initiative besteht aus einem Kernteam von fünf Personen und neun, gelegentlich aktiven, Freiwilligen.

Foni möchte auch ihre eigene Bildung mit einem Masterstudium fortsetzen und sich weiterhin für Flüchtlinge einsetzen. Ihr Ziel ist es, irgendwann in den Südsudan zurückzukehren und aktiv zur Friedensbildung und Entwicklung beizutragen. „Wie man auf einen Konflikt reagiert, ist entscheident“, sagt Foni. „Wenn du dich selbst in jemand anderem sehen kannst, wirst du erkennen, dass derjenige auch ein Mensch ist. Ich bin du, und du bist ich.“

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