„Netzwerke sind unsere Stärke“

Lichtenscheidt/DAAD

Axel Karpenstein ist seit August neuer Leiter der DAAD-Außenstelle Tokyo.

Der DAAD verfügt über ein weltweites Netzwerk von mittlerweile 19 Außenstellen auf vier Kontinenten. Dadurch ist er in mehr als 60 Ländern in Europa, Afrika, Amerika und Asien vertreten. Die Außenstelle Tokyo hat seit August einen neuen Leiter: Japan-Experte Axel Karpenstein.

Bei gutem Wetter fährt Axel Karpenstein mit dem Fahrrad ins Büro. Von seiner Wohnung am Südrand von Tokyo bis zur Außenstelle des DAAD im belebten zentrumsnahen Stadtteil Akasaka mit seinen vielen Bürogebäuden, Restaurants und Cafés sind es rund 12 Kilometer. Dafür braucht er circa 40 Minuten. „Für die Megacity Tokyo ist das eine gute Pendelzeit“, sagt er. Im Großraum Tokyo, wo je nach Zählung etwa 30 bis 38 Millionen Menschen leben, gehören sehr lange Arbeitswege zum Alltag. Ein hohes Verkehrsaufkommen mit vielen Staus ist für die japanische Hauptstadt charakteristisch. „Als ich früher an der Saitama-Universität gearbeitet habe, betrug die Fahrzeit von zu Hause zur Uni zweieinhalb Stunden. Und damals saß ich in vollgestopften Zügen wie sie für Tokyo typisch sind. Da erlebe ich das Fahrradfahren heute wirklich als Luxus.“

Eine Außenstelle mit langer Tradition
Schwungvoll und munter vom Fahrradfahren kommt Axel Karpenstein morgens an seinem neuen Arbeitsplatz an. Zum 1. August 2022 ist er als Leiter der traditionsreichen DAAD-Außenstelle Tokyo angetreten. Die wurde bereits 1978 gegründet. „In Japan hat der akademische Austausch mit Deutschland eine lange Geschichte. Seit fast 45 Jahren verfolgt der DAAD mit der Außenstelle Tokyo das Ziel, die Zusammenarbeit mit Menschen und Institutionen im Land zu fördern.“ Untergebracht ist die Außenstelle im Erdgeschoss des Deutschen Kulturzentrums. In dem Gebäude befinden sich auch weitere Organisationen mit Deutschland-Bezug, darunter das Goethe-Institut, das Fraunhofer-Institut und das Deutsche Wissenschafts- und Innovationshaus (DWIH) Tokyo, das vom DAAD gemanagt wird.

„Unsere Netzwerke sind unsere Stärke“

Privat

Die DAAD-Außenstelle Tokyo befindet sich im Erdgeschoss des Deutschen Kulturzentrums in Akasaka.

Mehr als 20 Jahre Japan-Erfahrung
Mit Axel Karpenstein hat ein ausgewiesener Japan-Experte die Leitung der Außenstelle übernommen. Schon als 17-Jähriger kam er zum Schüleraustausch in das Land, und vor seinem Eintritt in den DAAD 2017 hat er mehr als zwanzig Jahre dort gelebt, gelernt und gearbeitet. Im vergangenen Jahr war Karpenstein bereits als Programmkoordinator des DWIH Tokyo für die Vernetzung zwischen Deutschland und Japan in den Bereichen Wissenschaft, Forschung und Innovation verantwortlich.

Das Land der aufgehenden Sonne hat ihn schon immer fasziniert. „Es ist ein unglaublich gut organisiertes Land, nahezu alles im Alltag funktioniert. Es gibt kein Chaos am Flughafen, keine langen Schlangen im Supermarkt, kaum verspätete Züge. Zudem wird viel Wert auf Kundenzufriedenheit gelegt. Überhaupt sind die Menschen hier sehr höflich und zuvorkommend. Wenn man als Ausländerin oder Ausländer etwas verloren auf dem Bahnsteig steht, kommen sofort Leute und fragen, ob sie einem helfen können.“ Auch die Fortschrittlichkeit der Japanerinnen und Japaner, zum Beispiel in Bezug auf Künstliche Intelligenz (KI) sowie den Einsatz von Robotik und Automatisierung, begeistert ihn. „Technologie und Innovation werden hier großgeschrieben. Schon vor einigen Jahren wurde von der Regierung der Aufbau einer ‚Society 5.0‘ ausgerufen. Damit ist eine inklusive, digital vernetzte und nachhaltige Informationsgesellschaft gemeint, in der KI und Digitalisierung dafür eingesetzt werden, den Menschen zu unterstützen.“

Vielfältige Netzwerke – über 3.000 japanische Alumni und Alumnae
Auf den neuen Außenstellenleiter warten wichtige Aufgaben. Gemeinsam mit seinem elfköpfigen Team will Karpenstein die Netzwerke des DAAD ausbauen, zu denen neben Partnern in Bildung, Wissenschaft und Politik auch die circa 3.000 japanischen DAAD-Alumni und -Alumnae zählen, die heute zum Teil zentrale Stellen in der japanischen Wissenschaft und Politik bekleiden. Auch die Zusammenarbeit mit japanischen Hochschulen und Ministerien möchte er noch erweitern. „Diese großen Netzwerke sind unsere Stärke“, sagt Karpenstein. „Nach mehr als zwei Jahren starker Einschränkungen durch die Coronapandemie ist es jetzt zum Glück wieder möglich, diese Kontakte zu pflegen und auszubauen und Veranstaltungen wieder ‚live‘ durchzuführen – natürlich unter Beachtung entsprechender Hygieneregeln.“

„Wir bringen Expertinnen und Experten zusammen“

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Japans Hauptstadt Tokyo ist das Industrie-, Handels-, Kultur- und Bildungszentrum des Landes mit zahlreichen Universitäten, Hochschulen und Forschungseinrichtungen.

Hochschulen für Angewandte Wissenschaften im Fokus
Einen weiteren Schwerpunkt seiner Arbeit will er auf den weiteren Ausbau der Hochschulpartnerschaften zwischen deutschen und japanischen Universitäten legen. Diese laufen zwar schon sehr gut: Japan ist seit Jahren für deutsche Universitäten das viertwichtigste Partnerland außerhalb Europas. Die Datenbank der Hochschulrektorenkonferenz listet derzeit knapp 830 Kooperationen auf, und jedes Jahr werden es mehr. „Doch die Vernetzung mit deutschen Hochschulen für Angewandte Wissenschaften ist noch ausbaufähig. Sie bieten aus meiner Sicht ein besonders spannendes Potenzial durch ihre enge Kooperation mit der Wirtschaft, den damit einhergehenden Wissens- und Technologietransfer und speziell auch durch die Praktikumsmöglichkeiten für international mobile Studierende.“ Axel Karpenstein möchte außerdem verstärkt japanische Oberstufenschüler für ein Studium in Deutschland begeistern. „Bislang gab es nur sehr wenige Bachelorstudierende aus Japan in Deutschland. Im April 2022 hat die Kultusministerkonferenz aber nach langjähriger Lobbyarbeit durch den DAAD Tokyo und speziell durch meine Vorgängerin Dorothea Mahnke die Hochschulzugangsbedingungen für japanische Oberschulabsolventinnen und -absolventen geändert und hierdurch den Zugang zu grundständigen Studiengängen geöffnet. Dies bietet für uns neue Chancen in der Beratung und im Marketing.“

Internationalen Wissens- und Technologietransfer fördern
Die Kooperation von Akademie und Industrie ist ein besonderes Anliegen des neuen Außenstellenleiters. „Die Förderung des Wissens- und Technologietransfers ist nicht nur in Deutschland gerade ein heißes Thema, auch die japanische Regierung bemüht sich seit Jahren, die Innovationsleistung des Landes zu erhöhen: durch Stärkung der Zusammenarbeit von Universitäten und privaten Firmen, die Kommerzialisierung von Forschungsergebnissen sowie die Unterstützung von Start-ups und akademischen Ausgründungen. Wir können viel voneinander lernen – der internationale Austausch, das Kernanliegen des DAAD, gewinnt hier eine neue Dimension. Gemeinsam mit meinen erfahrenen Mitarbeitenden und unseren Partnern aus Deutschland und Japan möchte ich die Vernetzung von Akteuren in beiden Ländern sowie den Austausch von Erfahrungen und Know-how fördern und die Internationalisierung des Wissens- und Technologietransfers vorantreiben.“

Die Arbeitstage von Axel Karpenstein in der Außenstelle Tokyo sind lang. Das liegt aber nicht nur daran, dass er sich so viel vorgenommen hat. „Wir sind hier in Japan sieben Stunden vor der Zeit in Deutschland. Extrem wird es, wenn Video-Besprechungen mit den Kolleginnen und Kollegen anderer Außenstellen oder mit den Direktorinnen und Direktoren der DWIHs stattfinden: In Tokyo ist es dann 21:30 Uhr abends und in San Francisco 5:30 Uhr morgens. Nach solch langen Bürotagen bin ich froh, wenn ich mich auf mein Fahrrad schwingen und noch etwas bewegen kann.“

Axel Karpenstein ist ein Japan-Kenner

Sabine Moser (18. August 2022)

Kurz nachgefragt bei Axel Karpenstein

Ihr Lieblingsort in Tokyo?
Ich mag die Parks, sie sind Orte der Ruhe und der blühenden Natur inmitten dieser dicht bevölkerten Metropole. Der Park im Stadtteil Shinjuku zum Beispiel bietet einen japanischen Garten mit Teehaus, einen französischen Garten mit Blumenrabatten sowie einen englischen Garten mit großen Rasenflächen. Der Yoyogi-Park im Stadtteil Shibuya ist ein weiterer Favorit von mir – ständig voller junger Leute, die Ball spielen, musizieren oder einfach nur „chillen“.

Ihr Lieblingsgericht?
Ich mag die klassische japanische „Hausmannskost“ – Suppe (oft mit Miso-Paste angesetzt), viel Gemüse, gegrillter Fisch und dazu Naturreis. Die Zutaten sind immer frisch, alles ist sehr lecker und gesund. In der Nähe der DAAD-Außenstelle gibt es viele kleine „Teishokuya“-Restaurants, die täglich diese Küche zubereiten. Auch zu Hause koche ich gern selbst japanisch.

Ihr Lieblingsreiseziel?
Japan verfügt aber viele wunderschöne und gleichzeitig sehr unterschiedliche Regionen – von den grünen Wiesen im nördlichen Hokkaido und der atemberaubenden Küste im östlichen Fukushima über die mystischen Berge in der Präfektur Wakayama und die Tempel in Kyoto bis hin zum Südsee-Flair auf Okinawa. Ich selbst reise gerne in die japanischen Alpen rund um die Städte Karuizawa und Matsumoto. Dort kann man großartig wandern, seine Füße in eiskalten Bergbächen erfrischen und sich später beim Bad in einer heißen Naturquelle erholen.