„Wertvolle Sensibilisierung“

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Blick über Berlin: Wie sehen andere Länder Deutschland während der Pandemie? Die Studie Außenblick gibt interessante Antworten.

Wie wird Deutschland während der Coronapandemie international wahrgenommen? Antworten auf diese Frage liefert die Studie „Außenblick – Internationale Perspektiven auf Deutschland in Zeiten von Corona“. Für die gemeinsame Erhebung des DAAD, der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und des Goethe-Instituts wurden 620 internationale Expertinnen und Experten aus den Bereichen Wissenschaft, Internationale Zusammenarbeit, Kultur und Wirtschaft befragt. Andreas von Schumann, Leiter des Büros für politische Kommunikation bei der GIZ, über ein differenziertes Deutschlandbild in der Welt und die Relevanz dieser Ergebnisse für seine Organisation. 

Herr von Schumann, Sie setzen sich seit zehn Jahren innerhalb der GIZ systematisch mit der Wahrnehmung Deutschlands in der Welt auseinander. Inwiefern ist gerade die Studie „Außenblick“ für Akteure wie die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit relevant und interessant?
„Außenblick“ ist die erste Erhebung zur Wahrnehmung Deutschlands in der Welt, die wir gemeinsam mit dem DAAD und dem Goethe-Institut durchgeführt haben – zudem noch unterstützt von den deutschen Auslandshandelskammern. Durch die Nutzung der weltweiten Netzwerke der deutschen Akteurinnen und Akteure in der internationalen Zusammenarbeit konnte ein sehr differenziertes Bild von der Wahrnehmung Deutschlands in der Welt nachgezeichnet werden. Natürlich spiegelt die Studie auch Stereotype wider, aber im Mittelpunkt stehen ernsthafte und abwägende Betrachtungen der Teilnehmenden an dieser Erhebung zu ganz unterschiedlichen Aspekten von Wissenschaft, Kultur, Politik und Wirtschaft. Eine besondere Relevanz bekommt diese Studie durch den Zeitraum der Erhebung. Alle drei Organisationen sind aufgrund von Corona sehr stark gefordert in der Durchführung ihrer weltweiten Programme. Und natürlich gilt das auch für die Vielzahl der Organisationen in unseren Partnerländern, mit denen wir gemeinsam diese Programme umsetzen. Gerade in kritischen Zeiten scheint es geboten, sensibel die Außenwahrnehmung aufzunehmen. Das schärft den Blick für das Notwendige und hilft dabei, die Kraft für das Mögliche zu bündeln.

Deutschland wird aus der Sicht anderer Länder unter anderem für seine Kulturförderung sehr geschätzt. Inwiefern erleichtert diese Wertschätzung gegenüber Deutschland die von Ihnen geförderte internationale Zusammenarbeit? 
Die deutsche Kulturlandschaft und auch die unterschiedlichen Instrumente der Kulturförderung in Deutschland finden weltweit große Anerkennung. Aber auch die wachsende Aufmerksamkeit für zeitgenössische Kunst und Kultur aus Deutschland wird in vielen Ländern hervorgehoben. Die Auseinandersetzung mit der vielfältigen Kulturlandschaft in Deutschland und deren Wertschätzung ebnet natürlich unseren Weg für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit – und dies nicht nur atmosphärisch. Über Kultur eröffnen sich wechselseitige Zugänge zum Denken und Fühlen der Partner und das erleichtert es, zu einem gemeinsamen Verständnis über die Herausforderungen zu kommen, die in der Zusammenarbeit bewältigt werden sollen. 

„Wertvolle Sensibilisierung“

GIZ

Andreas von Schumann leitet bei der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) das Büro für politische Kommunikation.

Welche Auswirkungen hat die Rolle Deutschlands während der Pandemie auf die Arbeit der GIZ?
Wie Deutschland selbst mit der Pandemie umgeht und natürlich auch, wie unsere Partnerländer damit umgehen, hat unmittelbar und ganz konkrete Auswirkungen auf unsere Arbeit. Denken Sie nur an die tausenden Kolleginnen und Kollegen, die mit ihren Familien in unseren Partnerländern sind. Hinzu kommt, dass Deutschland vielen Ländern Unterstützung bei der Bewältigung der Pandemie angeboten hat und sich zudem für eine verstärkte internationale Zusammenarbeit in diesem Zusammenhang eingesetzt hat. In die Durchführung dieser Maßnahmen hat die Bundesregierung auch die GIZ mit eingebunden. Auch dieses lösungsorientierte Engagement Deutschlands in der internationalen Zusammenarbeit findet positive Erwähnung im „Außenblick“. 

In der Studie gibt es auch Mahnungen und kritische Stimmen. Welche Kritikpunkte sind aus Ihrer Sicht besonders relevant? In welchen Bereichen sollte Deutschland die Kritik besonders dringend annehmen?
In der Studie haben wir Expertinnen und Experten befragt, die aufgrund ihres Werdegangs oder ihrer beruflichen Tätigkeit die Entwicklung in Deutschland mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgen. Deshalb sollte gerade bei ihren kritischen Anmerkungen besonders hingeschaut werden. Welche Kritikpunkte die unterschiedlichen Akteurinnen und Akteure aus Politik und Gesellschaft dann in den Vordergrund stellen, wird ein Ergebnis der Auseinandersetzung mit dieser Studie sein. Um ein konkretes Beispiel aus unserer Arbeit zu nennen: Deutschland wird bei der Digitalisierung der unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereiche als zögerlich, teilweise sogar als hinterherhinkend empfunden. Gleichzeitig wird diese Zögerlichkeit aber auch einer Wahrnehmung zugeordnet, dass wir uns gründlicher mit dem digitalen Wandel im Sinne von Technologiefolgenabschätzung beschäftigen. Und deshalb wird Deutschland eine wichtige Rolle zugeschrieben bei der Rahmensetzung in der internationalen Zusammenarbeit. Solche differenzierten Rückmeldungen ermöglichen eine sehr wertvolle Sensibilisierung, um dann zu schauen, wie wir besser werden können in der Nutzung der digitalen Technologien in der Zusammenarbeit und welche Beiträge wir leisten können in der Gestaltung der Rahmensetzung.

Ein positives Bild im Ausland ist kein Selbstläufer, nichts worauf man sich ausruhen könnte. Was können Institutionen wie die GIZ tun, damit auch eine weitere Außenblick-Studie wieder ein überwiegend positives Deutschland-Bild im Ausland zeigt? 
Unser wichtigster Beitrag zu einem positiven Bild im Ausland liegt darin, dass wir gute Arbeit in der konkreten Zusammenarbeit vor Ort leisten. Aber das Deutschlandbild wird natürlich nicht von einzelnen Organisationen geprägt, sondern von der Vielzahl der Akteurinnen und Akteure aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Auch diese starke Vernetzung Deutschlands mit vielen Partnerländern wird aus internationaler Sicht immer wieder hervorgehoben. Solange wir diese Netzwerke pflegen und partnerschaftlich gestalten, wird dies auch Wertschätzung erfahren. 

Die drei größten international agierenden Mittlerorganisationen Deutschlands haben sich bei dieser Studie zusammengetan. Wie bewerten Sie den Mehrwert der Zusammenarbeit?

Sehr früh nach dem Beginn der Pandemie haben die Mittlerorganisationen ihre Zusammenarbeit und ihren Austausch zu den Herausforderungen der Pandemie für unsere Arbeit intensiviert. Die Studie ist nur ein Projekt dieser verstärkten Zusammenarbeit, wenngleich es als ein weit sichtbarer Leuchtturm dieser Kooperation gesehen werden kann. Der Mehrwert lässt sich an drei Punkten aufzeigen: Bei der Entwicklung des Studiendesigns konnten wir über die unterschiedlichen Perspektiven der Organisationen ein Mehr an Qualität erarbeiten. Bei der Erhebung der Daten hatten wir uneingeschränkten Zugang zu den unterschiedlichen weltweiten Netzwerken. Und schließlich sind wir überzeugt, dass wir durch dieses Zusammenwirken mehr Aufmerksamkeit für die Ergebnisse der Studie bekommen. Und ganz persönlich kann ich noch anmerken, dass ich die Energie, Effizienz und Kompetenz dieser Zusammenarbeit als sehr bereichernd empfand. 

Im Juli 2021 haben der DAAD und die GIZ ein Kooperationsabkommen geschlossen. Was beinhaltet dieses?
Mit diesem Kooperationsabkommen wird die langjährige Zusammenarbeit zwischen DAAD und GIZ weiter vertieft. Neben gemeinsamen Projekten enthält das Kooperationsabkommen auch Überlegungen zur verstärkten Vermittlung der besonderen Bedeutung von Hochschulzusammenarbeit für die Erreichung der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (Sustainable Development Goals – SDG). Ich denke, die Ergebnisse der Studie „Außenblick“ zur Wahrnehmung des deutschen Hochschulwesens können auch für die Sensibilisierung zu diesem Thema nützlich sein.

Die Fragen stellte Birk Grüling. (22. Juli 2021)

Weitere Informationen

Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH ist ein weltweit tätiges Bundesunternehmen. Sie unterstützt die Bundesregierung in der internationalen Zusammenarbeit für nachhaltige Entwicklung und in der internationalen Bildungsarbeit. Die GIZ trägt dazu bei, dass Menschen und Gesellschaften eigene Perspektiven entwickeln und ihre Lebensbedingungen verbessern.