Wichtiger Pfeiler der Science Diplomacy

DAAD/Thilo Vogel

Das Deutsch-Russische Themenjahr schafft auch Anreize für neue Wissenschaftskooperationen: DAAD-Generalsekretärin Dr. Dorothea Rüland.

Die akademische Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Russland ist eine verlässliche Konstante in den deutsch-russischen Beziehungen. Wie tief und vielfältig die Zusammenarbeit im Hochschulbereich ist, zeigt seit Ende 2018 das Deutsch-Russische Jahr der Hochschulkooperation und Wissenschaft. Kurz vor Abschluss des Themenjahres zieht DAAD-Generalsekretärin Dr. Dorothea Rüland ein positives Zwischenfazit.

Frau Dr. Rüland, der DAAD und das Deutsche Wissenschafts- und Innovationshaus in Moskau (DWIH) koordinieren auf deutscher Seite das Deutsch-Russische Jahr der Hochschulkooperation und Wissenschaft. Was ist das Ziel des Themenjahres? 
Die deutsch-russische Wissenschaftscommunity erhält durch das Themenjahr eine eigene Plattform, um bestehende und neue Aktivitäten sichtbarer zu machen. Das verleiht aktiven Projekten zusätzliche Impulse und schafft Anreize für neue Kooperationen. Zusätzlich möchten wir damit einen Beitrag dazu leisten, die bilaterale Mobilität von Studierenden, Forschenden und Lehrpersonal weiter auszubauen. Das Themenjahr macht deutlich, dass die ausgezeichneten Beziehungen in der akademischen Zusammenarbeit ein wichtiger Pfeiler der bilateralen Beziehungen unserer Länder sind und auch der Science Diplomacy.

Worin liegt die besondere Bedeutung für den DAAD?
Die deutsch-russischen Hochschul- und Wissenschaftsbeziehungen sind sehr gut und äußerst breit aufgestellt. Kooperationen bestehen auf praktisch allen institutionellen Ebenen, vom wissenschaftlichen Nachwuchs über die Studiengangsebene bis hin zu Forschungsverbünden. Sie zeichnen sich außerdem durch ihre Vielfalt und eine große thematische Breite aus. So fördert der DAAD neben Hochschulprojekten in den Natur- und Ingenieurwissenschaften eine Reihe von geisteswissenschaftlichen Projekten. Unterstützt und begleitet wird die deutsch-russische Hochschul- und Wissenschaftszusammenarbeit durch die DAAD-Außenstelle in Moskau, mehrere DAAD-Informationspunkte im Land, die zahlreichen Lektorate sowie das DWIH in Moskau, das vom DAAD verantwortet wird. 

Welche Aktivitäten innerhalb des Themenjahrs würden Sie aus DAAD-Perspektive hervorheben?
Die vielfältigen Aktivitäten in den vier zentralen Bereichen Hochschulzusammenarbeit, Spitzenforschung, Innovation und Nachwuchsprojekte des Deutsch-Russischen Themenjahres darzustellen, gelingt vor allem über die Webseite des Themenjahrs. Neben der Veranstaltungsübersicht finden Sie dort detaillierte Einblicke in die Wissenschaftszusammenarbeit: Akteurinnen und Akteure der deutsch-russischen Wissenschaftscommunity berichten aus der bilateralen Hochschul- und Wissenschaftszusammenarbeit. Hinzu kommen Porträts von Forscherinnen und Forschern auf Polarexpedition, der Pandemieforschung und vieles mehr. 

Auf der Webseite finden Sie außerdem zentrale Projekte, sogenannte Leuchtturmprojekte, die im Aktivitäts- und Fördervolumen einzigartig sind: die vom DAAD geförderten bilateralen Hochschulkooperationen, das German-Russian Institute for Advanced Technologies (GRIAT), das German-Russian Interdisciplinary Science Centre (G-RISC), das Sankt Petersburger Zentrum für Deutschland- und Europastudien (ZDES) sowie das Moskauer Institut für Russisch-deutsche Literatur- und Kulturbeziehungen (IRDLK) (siehe Infobox).

Hat die Corona-Krise Auswirkungen auf den akademischen Austausch und die wissenschaftliche Zusammenarbeit mit Russland?
Von den weitreichenden weltweiten Einschränkungen ist natürlich auch die deutsch-russische Hochschul- und Wissenschaftszusammenarbeit direkt betroffen. Alle Beteiligten mussten in kurzer Zeit auf digitale Angebote umstellen. Dies hat jedoch – vor allem dank des überdurchschnittlichen Engagements aller Beteiligten – im Großen und Ganzen sehr gut funktioniert. Durch die digitale Plattform des Themenjahres konnte zudem gewährleistet werden, dass die Aktivitäten der deutsch-russischen Wissenschaftscommunity sichtbar blieben und neue Formate entstanden. Aufgrund der aktuellen Entwicklungen stehen nun vor allem die Themen Gesundheitswesen und Biotechnologie im Fokus der gemeinsamen zukünftigen deutsch-russischen Forschungsprojekte. Dies zeigt unter anderem die Zusammenarbeit der Technischen Universität Freiberg und der Föderalen Universität des Urals Jekaterinburg, die gemeinsam an einem Wirkstoff gegen Covid-19 forschen. 

Ende September endet das Themenjahr. Wie fällt Ihr vorläufiges Fazit aus? 
Als Dialogformat ist es dem Themenjahr bereits jetzt gelungen, die deutsch-russischen Hochschul- und Wissenschaftsbeziehungen in einer Zeit großer Herausforderungen nicht nur zu stabilisieren, sondern ihnen weitere Impulse zu verleihen. Ein wichtiger Meilenstein ist dabei der Wettbewerb „Brücken für die deutsch-russische Hochschul- und Wissenschaftszusammenarbeit“, der mit 124 eingereichten Bewerbungen eine große Resonanz in der Community widerspiegelt. Über das Themenjahr hinaus wird sich der DAAD selbstverständlich auch weiterhin für die bilaterale Zusammenarbeit mit Russland in Bildung, Wissenschaft, Forschung und Innovation einsetzen. So wollen wir zum Beispiel eine aktive Rolle in der „Deutsch-Russischen Roadmap“ übernehmen, einer auf zehn Jahre angelegten Strategie über die Zusammenarbeit in Bildung, Wissenschaft, Forschung und Innovation zwischen Deutschland und Russland.

(21. Juli 2020)

Wichtiger Pfeiler der Science Diplomacy

Auswärtiges Amt

Weitere Informationen

Das Deutsch-Russische Jahr der Hochschulkooperation und Wissenschaft wurde am 6. Dezember 2018 mit einer Gemeinsamen Erklärung von Außenminister Heiko Maas und Sergej W. Lawrow, Minister für Auswärtige Angelegenheiten der Russischen Föderation, eröffnet. Auf deutscher Seite koordiniert der DAAD die Aktivitäten in Deutschland und Russland bis Ende des Jahres 2020 zusammen mit dem Deutschen Wissenschafts- und Innovationshaus (DWIH Moskau). Zentrale Veranstaltungen, die vom DAAD und DWIH Moskau (mit)veranstaltet wurden, sind das Deutsch-Russische Forum für universitäre Forschung in Moskau, die Veranstaltung zur Halbzeit des Themenjahrs, die 9. Deutsch-Russische Woche der Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler sowie die DAAD-Alumniveranstaltung. Den festlichen Abschluss bildet die am 15. September 2020 geplante Abschlussveranstaltung, die als hybrides Format aus einer virtuellen wissenschaftspolitischen Panel-Diskussion und als Präsenzveranstaltung für die Ehrung der 20 im Wettbewerb „Brücken für die deutsch-russische Hochschul- und Wissenschaftszusammenarbeit“ ausgezeichneten Projekte stattfinden soll.

Deutsch-russische Erfolgsgeschichten

Bilaterales „Fachzentrum Germanistik“ in Moskau
Das Fachzentrum Germanistik an der Russischen Staatlichen Universität für Geisteswissenschaften (RGGU) in Moskau ist das größte germanistische Förderprojekt weltweit und zielt darauf ab, nach dem Prinzip „Teach the Teachers“ möglichst viele Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer auszubilden, die ein wissenschaftlich fundiertes Bild von Deutschland, seiner Sprache, Literatur und Kultur, seiner Mentalität und Identität als Multiplikatoren weitergeben können. Diese Förderung der Hochschulgermanistik äußert sich in einer verbesserten Qualität der Lehre und des Lehrstoffes. Inzwischen ist dem Fachzentrum Germanistik auch ein internationales Graduiertenkolleg der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) angegliedert. 

German-Russian Interdisciplinary Science Center (G-RISC)
Das Exzellenzzentrum in Russland (German-Russian Interdisciplinary Science Center, G-RISC) hat das Ziel, eine moderne und praxisorientierte Forschungs- und Ausbildungsplattform für den bilateralen (Fach-)Austausch zu bieten. Dazu ermöglicht es deutschen und russischen Forschenden in den Bereichen Physik, Physikalische Chemie, Mathematik und Geophysik, über kurze, aber sehr effiziente Forschungsaufenthalte im jeweiligen Partnerland interdisziplinäre und internationale Erfahrungen zu machen. G-RISC bündelt bisher die Kompetenzen von etwa 440 Forschungsgruppen von insgesamt 130 Institutionen in Russland und Deutschland.

German-Russian Institute of Advanced Technologies (GRIAT)
Das German-Russian Institute of Advanced Technologies (GRIAT) ist das größte Bildungsprojekt im Bereich Master- und Promotionsstudium zwischen Deutschland und Russland und darauf ausgerichtet, an der renommierten Kasaner Staatlichen Technischen Forschungsuniversität (KNRTU-KAI) hochqualifizierte Ingenieurinnen und Ingenieure auszubilden. Während des Studiums erwerben die Studierenden neuestes und zukunftsorientiertes Wissen – unter anderem durch gemeinsame Forschungsprojekte und sowie Kooperationen mit deutschen und russischen Ingenieurbüros und Firmen.

Zentrum für Deutschland- und Europastudien (ZDES)
Das ZDES ist in der sozialwissenschaftlichen Landschaft Russlands sowie aufgrund der deutsch-russischen Kooperationsstruktur einzigartig und hat sich in der russischen sozialwissenschaftlichen Community zu einer wichtigen Anlaufstelle entwickelt. Seine wesentlichen Ziele liegen in der Durchführung von Lehre, Forschung und wissenschaftlichen Austauschaktivitäten sowie in der Bereitstellung von Informationen und Beratung im Bereich der sozialwissenschaftlichen Deutschland- und Europastudien. Zudem sollen neue wissenschaftliche Netzwerke erschlossen und wissenschaftliche Expertise auch außerhalb akademischer Fachzirkel bereitgestellt werden.