Stipendien für Studierende aus den USA

DAAD/Lichtenscheidt

Dr. Dorothea Rüland, Stiftungsratsmitglied und DAAD-Generalsekretärin, mit dem Spender und DAAD-Alumnus Dr. Michael Aven. 

Dr. Michael Aven hat der DAAD-Stiftung das Erbe seines Vaters vermacht. Der Fonds „Respekt und Wertschätzung“ ermöglicht jungen Amerikanerinnen und Amerikanern, in Deutschland Musik oder Physik zu studieren. Über die Gründe seiner Großzügigkeit und die Wahl der Fachrichtungen spricht Michael Aven, der einst selbst vom DAAD gefördert worden ist, mit Stiftungsratsmitglied und DAAD-Generalsekretärin Dr. Dorothea Rüland. 

Herr Dr. Aven, Sie sind in den USA aufgewachsen, leben aber seit 30 Jahren in Deutschland. Nun haben Sie das Erbe Ihres Vaters der DAAD-Stiftung als sogenannte Zustiftung vermacht. Sie haben sich sicherlich auch andere Spendenorganisationen angeschaut – warum haben Sie sich gerade für die DAAD-Stiftung entschieden? 
Michael Aven: Am Anfang hatte ich die DAAD-Stiftung noch gar nicht im Blick. Aber je mehr ich recherchiert habe, desto mehr fiel mir auf, dass man bei den großen Spendenorganisationen teilweise nicht genau erfährt, wofür das Geld verwendet wird. Die Verwaltungskosten sind zudem oft enorm hoch. Bei der DAAD-Stiftung ist die gesamte Zustiftung in einem Fonds angelegt, bleibt also erhalten. Die Zinsen finanzieren voraussichtlich etwa ein Stipendium im Jahr – und das auf Dauer. Das kann ich ganz genau mitverfolgen, diese Vorstellung gefällt mir. Und ich konnte sogar mitgestalten, für wen die Stipendien gedacht sind. Ich bin selbst DAAD-Alumnus und mein Stipendium 1984/85 an der TU Darmstadt war ein Meilenstein in meinem Leben. Ohne dieses Stipendium wäre ich jetzt nicht hier. Das Stipendium hat mich „internationalisiert“; unter anderem die vielfältige Medienlandschaft in Europa hat mir geholfen, kritisch zu denken. Das will ich anderen Menschen ebenfalls ermöglichen.

Sie sind Wissenschaftler in der pharmazeutischen Forschung, Entwicklung und Produktion. Wie wichtig ist Austausch für Sie?  
Aven: In Zeiten, in denen die Grenzen eher dichter statt offener werden, werden Austausch und internationales Denken immer wichtiger. Nicht nur wirtschaftlich, auch gesamtgesellschaftlich. In der Wissenschaft gilt: Ohne internationale Zusammenarbeit kommen wir nicht weiter.

Frau Dr. Rüland, Sie treffen Herrn Aven heute zum ersten Mal persönlich. Was bedeutet seine Zustiftung für die DAAD-Stiftung? 
Dorothea Rüland: Sie freut uns sehr und ermöglicht uns, junge Amerikanerinnen und Amerikaner in zwei Fachbereichen – Physik und Musik – gezielt zu fördern. Ich habe selbst Musikwissenschaft studiert, daher freut mich Musik persönlich besonders.
 
Herr Aven, warum haben Sie sich gerade für diese beiden Fachrichtungen entschieden? 
Aven: Das Geld stammt aus dem Erbe meines Vaters. Ich wählte daher Fachrichtungen aus, zu denen er einen Bezug hatte. Mein Vater war Physiker, doch Musik bedeutete ihm viel. Er spielte Geige, Klavier und Querflöte. Im Zweiten Weltkrieg wurde er von Deutschland zwangsrekrutiert, nachdem Deutschland Estland okkupiert hatte. Er hatte estnische Wurzeln und sprach die wichtigsten europäischen Sprachen. Mein Vater zog also mit den Truppen als Funker durch Europa – und hatte die ganze Zeit seine Querflöte bei sich. Sie ist der einzige Wertgegenstand, den ich von ihm behalten habe. Bis ins hohe Alter hatte mein Vater große Freude an Musik. Als ich mit Anfang 50 klassisches Klavier unter anderem seinetwegen intensiver spielte, hat er sich sehr darüber gefreut.
 

Doppelinterview Aven GS DAAD Stiftung

DAAD/Lichtenscheidt

Möchte mit seiner Zustiftung „Botschafterinnen und Botschafter für Europa“ fördern: Dr. Michael Aven.
 
Frau Rüland, die DAAD-Stiftung kann Wünsche der Förderer berücksichtigen. Wird es schwierig sein, amerikanische Stipendiatinnen und Stipendiaten für die von Herrn Aven avisierten Fachbereiche zu finden? 
Rüland: Das ist für beide Fächer relativ einfach. Für Musik wohl sogar noch einfacher als für Physik. Deutschland hat tolle Musikhochschulen. Gerade im Bereich klassische Musik ist Deutschland für amerikanische Studierende hochinteressant – umgekehrt sind die USA beispielsweise für Jazzmusikerinnen und -musiker aus Deutschland sehr attraktiv. Die DAAD-Stiftung setzt ihre Stipendien-Patenschaften zusammen mit dem DAAD e.V. um, der die größte Fördereinrichtung weltweit ist – auch für junge Musiker und Physiker. Der DAAD organisiert große Auswahlkommissionen von Professorinnen und Professoren aus Musikhochschulen. Der Anteil internationaler Studierender an den Musikhochschulen liegt teilweise bei mehr als 50 Prozent. 

Wenn wir uns die Zahlen aus dem Bericht Wissenschaft Weltoffen anschauen, sind die USA für Stipendiatinnen und Stipendiaten aus Deutschland momentan das attraktivste Gastland. In die andere Richtung sieht es anders aus: Gerade in den Naturwissenschaften zieht es Amerikanerinnen und Amerikaner bevorzugt nach Großbritannien. Können die Stipendien aus dem „Respekt und Wertschätzung“-Fonds Deutschland als Wissenschaftsstandort bekannter machen? 
Rüland: Sie haben Recht, die Zahl der Amerikanerinnen und Amerikaner, die nach Deutschland kommen, ist noch nicht groß – aber sie wächst! Das hat sicherlich damit zu tun, dass die deutsche Wissenschaft langsam auch in den USA bekannter wird, aber es gibt auch einen finanziellen Aspekt. Ein Studium in den USA ist sehr teuer. Wenn man nach Deutschland kommen möchte, muss man zuvor ein Jahr lang die Sprache lernen. Das kostet Zeit, das kostet Kraft, das muss man investieren, aber dann kann man im Prinzip kostenlos studieren. Dieses Konzept wird gerade immer bekannter in den USA. Diese jungen Stipendiaten sind nach ihrer Rückkehr quasi Botschafter zwischen unseren Gesellschaften. Das ist heute wichtiger denn je. Seit einigen Jahren gibt es zunehmend mehr Skeptiker, die vieles in Frage stellen, darunter auch internationalen Austausch. Dabei sehen wir doch, dass wir die großen Themen unserer Zeit wie Nachhaltigkeit, Klimawandel oder jetzt Herausforderungen wie Corona nur in großen internationalen Netzwerken lösen können.
 

Doppelinterview GS Dr. Michael Aven DAAD Stiftung

DAAD/Lichtenscheidt

Die großen Herausforderungen unserer Zeit brauchen internationale Netzwerke. Davon ist Dr. Dorothea Rüland überzeugt.

Herr Aven, Sie stimmen dem zu?
Ja, Austausch und Zusammenarbeit sind heute so wichtig wie nie. Ich fände es schön, wenn auch die jungen Menschen, die mit meiner Stipendien-Patenschaft gefördert werden, „Botschafterinnen und Botschafter für Europa“ oder besser noch „Botschafterinnen und Botschafter für Internationalität“ würden. Davon könnten alle Länder profitieren, gesellschaftlich und wirtschaftlich.
 
Wie fiel Ihre Wahl damals auf Deutschland als Ort für ein Auslandsjahr? 
Ich habe an der University of Vermont in den USA Chemie studiert. Dort musste ich zwei Jahre lang Deutsch lernen, das war im Lehrplan so vorgegeben. Ich wollte diese Zeit lieber für andere Fächer nutzen, also habe ich im Sommer 1979 einen zweimonatigen Intensivkurs beim Goethe-Institut in Freiburg besucht. Mit den acht Credits, die mir angerechnet wurden, konnte ich ein Semester VWL und ein Semester BWL studieren. Meine Eltern hatten selbst zehn Jahre in Deutschland gelebt. Sie waren als Migranten aus Estland nie richtig heimisch geworden in den USA. Sie haben es sehr gefördert, dass ich nach Europa gehe. Und es gibt noch eine interessante Anekdote: Mein Großvater zog um 1910 zum Studium nach Sankt Petersburg in Russland, weil es in Estland noch keine Universität für Bauingenieurwesen gab. Er war also quasi einer der ersten internationalen Studierenden.
 
Frau Rüland, der DAAD finanziert Stipendien vor allem aus öffentlichen Mitteln. Die DAAD-Stiftung nutzt private Mittel und kann diese also auch etwas anders einsetzen. 
Rüland: Im Jahr 2019 wurde der DAAD mit mehr als 600 Millionen Euro zum ganz überwiegenden Teil öffentlich gefördert. Es ist dann klar geregelt, was mit diesen Geldern passieren soll. Es gibt aber auch immer wieder private Förderer, die wie Herr Aven das DAAD-Stipendium als Meilenstein ihrer Karriere empfinden und etwas zurückgeben wollen. Einige Spender haben klare Vorstellungen davon, für welchen Zweck ihre Spende verwendet werden soll. Diese können mit der DAAD-Stiftung umgesetzt werden. Mittel, die uns zweckfrei zur Verfügung gestellt werden, nutzt der Stiftungsrat auch, um Studierende zu unterstützen, die unverschuldet in Not geraten. Wenn einzelne Studierende oder Wissenschaftler einen individuellen unvorhersehbaren Schicksalsschlag erleiden, der die erfolgreiche Fortsetzung ihres Studiums gefährdet, können Betroffene aus dem Notfall-Fonds der DAAD-Stiftung dank freier Zuwendungen von privaten Spenden eine punktuelle finanzielle Unterstützung erhalten. Diese Hilfe ist grundsätzlich für alle Studierenden offen und wird im Antragsweg erteilt. Etwas anderes sind weltweite Ausnahmesituationen wie die Corona-Krise. Hier müssen größere internationale oder auch nationale Player mit anderen monetären Möglichkeiten aktiv werden. Der DAAD setzt sich in dem Fall dafür ein, dass die Hochschulen mit zusätzlichem Geld ausgestattet werden, um besonders bedürftige Studierende zu unterstützen. Dazu zählen auch internationale Studierende, die häufig besonders auf Nebenjobs angewiesen sind, von denen nun viele wegfallen.

Ab welcher Höhe nehmen Sie Spenden an? 
Ab einem Euro bis Open End. Einmalige Spenden sind genauso willkommen wie regelmäßige Zuwendungen. Wir freuen uns über jeden Beitrag.

Wie geht es jetzt weiter für Herrn Aven? 
Rüland: Wir versuchen bei der DAAD-Stiftung, unsere Förderer einzubinden und auf dem aktuellen Stand zu halten. So wollen wir natürlich auch Herrn Aven mit „seinen“ Stipendiatinnen und Stipendiaten künftig vernetzen. Die ersten wird es wohl ab 2021 geben. Die Stipendiaten der DAAD-Stiftung werden auch immer zu den Stipendiatentreffen des DAAD eingeladen. Daran könnte Herr Aven auch teilnehmen. Das würde ihm sicher gefallen, 500 Studierende aus der ganzen Welt einmal kennenzulernen.

Sarah Kanning, FAZIT Communication (5. Mai 2020)

Zur Person

Michael Aven, geboren 1960, studierte von 1978 bis 1982 Chemie an der University of Vermont, USA. Er wurde während seiner Promotion 1984 bis 1985 an der TU Darmstadt durch ein DAAD-Stipendium gefördert. 1989 schloss er sie an der Cornell University in Ithaca, New York, an der Fakultät für Chemieingenieurwesen ab. Heute lebt er in Mainz und arbeitet beim Pharmakonzern Boehringer Ingelheim. Seit 2006 hat er die deutsche Staatsbürgerschaft. Das Erbe seines Vaters hat er der DAAD-Stiftung als Zustiftung vermacht. Aus den Zinsen des Fonds „Respekt und Wertschätzung“ werden Studienstipendien für Amerikanerinnen und Amerikaner der Fachrichtungen Physik und Musik finanziert, voraussichtlich eines pro Jahr.

DAAD-Stiftung

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Die DAAD-Stiftung bietet privaten Förderern an, persönlich zum weltweiten akademischen Austausch sowie zur internationalen Hochschulzusammenarbeit beizutragen und auf unterschiedliche Weise junge Studierende sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu unterstützen – von der zweckungebundenen Spende bis zur zweckgebundenen Zustiftung. 

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