China in Zeiten von COVID-19

DAAD/Ruth Schimanowski

Über viele Wochen waren die Geschäfte in Peking geschlossen.

Die Corona-Pandemie betrifft auch die Arbeit des DAAD weltweit. Was die Krise für die einzelnen Länder bedeutet und wie der DAAD darauf reagiert, berichten die Leiterinnen und Leiter unserer Außenstellen. Heute schildert Ruth Schimanowski, Leiterin der DAAD-Außenstelle Peking, ihre Eindrücke.

„Ruth, wie geht es Dir?“ – diese Frage ist derzeit sicherlich nicht rhetorisch gemeint. Stand 3. April hatten wir in der 20 Millionenstadt Peking 141 mit Coronavirus diagnostizierte Personen und seit vielen Tagen so gut wie keine Neuinfektionen. Aus anderen Gegenden Chinas inklusive des Zentrums der Epidemie in Hubei mit der Provinzhauptstadt Wuhan werden noch größere Erfolge im Kampf gegen die Epidemie vermeldet. Die landesweite Zahl der akuten Fälle ist offiziell auf 2.715 gesunken. Die wirtschaftlichen Aktivitäten nehmen zu. Ein Grund zur Entspannung ist dies trotzdem nicht. Die Angst vor importierten Fällen hat dazu geführt, dass die internationalen Flugverbindungen auf das notwendigste limitiert wurden. Seit dem 28. März dürfen bis auf wenige Ausnahmen keine ausländischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger mehr nach China einreisen. Chinesische Rückkehrende müssen für 14 Tage auf eigene Kosten in ein zentrales Quarantänehotel.

Schließungen
Die wochenlangen strikten Maßnahmen der chinesischen Behörden haben in Peking weiterhin Bestand: Es finden keine Veranstaltungen statt. Schwimmbäder, Vergnügungsparks, Sehenswürdigkeiten, Kinos, aber auch Kindergärten, Schulen und Universitäten sind seit dem Chinesischen Neujahr am 24. Januar geschlossen. Unterrichtet wird ausschließlich online. In anderen Provinzen beginnen die Schulen wieder mit Präsenzunterricht – zunächst für die Abschlussjahrgänge der 9. und 12. Klassen. In Peking bleiben bis auf Weiteres sämtliche Bildungseinrichtungen geschlossen. Friseure, Märkte und Restaurants dürfen nur unter strengen Auflagen agieren. Der Rückgang der Kundschaft ist deutlich zu spüren.

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DAAD/Ruth Schimanowski

Kurierdienste liefern nicht mehr bis an die Haustür.

Quarantäne
Wer von außerhalb nach Peking einreist, darf seine Wohnung dort nicht verlassen (auch die Mitbewohnerinnen und Mitbewohner nicht). Nahrungsmittel und jeglichen sonstigen Bedarf bestellt man online. Die Bestellungen werden zumindest während der Quarantäne von der Hausverwaltung an die Haustür gebracht. Den Nachweis darüber, wo man sich während der vergangenen zwei Wochen aufgehalten hat, kann man sich per SMS von seinem Handydienstleister schicken lassen oder anhand einer App erbringen. Versorgungsengpässe hat es nur über einen kurzen Zeitraum bei Mundschutzmasken und Desinfektionsmitteln gegeben. Inzwischen ist alles wieder verfügbar.

Umfassende Überwachung
Unsere Körpertemperatur wird gefühlt alle paar Meter (teilweise schon digital mit Wärmekameras) gemessen – zumindest immer, wenn man den Supermarkt betritt, die U-Bahn nimmt oder nach Hause in den Wohnblock möchte. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter melden täglich verschiedenen Aufsichtsbehörden ihren Gesundheitszustand per App oder Excelsheet/E-Mail. Nur mit individuellen Ausweisen kommt man in die Büroräume und Apartments. Die Ausweise sind mit Namen, Pass- und Handynummer hinterlegt. Besucher und Freunde können weder im Büro noch zu Hause empfangen werden.

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DAAD/Ruth Schimanowski

Ein Ausflug in den Park ist nur mit Mundschutz möglich.

Sicherheitsvorkehrungen
Alle sind zum Tragen von Mundschutz verpflichtet, in der Öffentlichkeit und im Büro. Wir halten Abstand voneinander. Überall sind Ein-Meter-Markierungen zu sehen. In Restaurants darf man auch als Familie nur zu dritt am Tisch sitzen und nur jeden zweiten Platz nutzen. Wir waschen uns mehrmals pro Stunde die Hände, bedienen Schalter nicht mit bloßen Fingern. In China bezahlt man schon seit Längerem kontaktlos, und zur Begrüßung die Hände zu schütteln ist leicht abgewöhnt. Wir nehmen nur noch zu zweit den Lift und fahren lieber Fahrrad als mit der U-Bahn.

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DAAD/Ruth Schimanowski

Trotz der Corona-Pandemie sind die Mitarbeiterinnen der DAAD-Außenstelle Peking frohen Mutes.

Wie arbeitet die Außenstelle Peking?
In den Büros dürfen maximal 50 Prozent der Belegschaft gleichzeitig anwesend sein. Das heißt, jeden zweiten Tag arbeiten wir derzeit an der Außenstelle im Homeoffice, ansonsten in dem für Besucherinnen und Besucher geschlossenen Büro. Am 5. Februar wurden die DAAD-Geförderten in China bereits zur Ausreise aufgefordert. Wir als Außenstelle hatten zusammen mit der Stipendienabteilung in Bonn zunächst einmal damit zu tun, dies zu kommunizieren und Rückfragen zu beantworten. Ständige Updates seitens der chinesischen Behörden müssen verfolgt und aufbereitet werden, damit wir schnell auf die sich fast täglich ändernde Situation reagieren können. Anschließend haben wir die Umplanungen der Veranstaltungen und Auswahlen in Angriff genommen. Der DAAD in China plant frühestens für Anfang Juni, die Aktivitäten wieder aufzunehmen und organisiert davor nur online Studienberatung und Webinare. Die wöchentliche Mitarbeiterbesprechung findet auf ZOOM statt – so können erfreulicherweise die Kolleginnen aus den Informationszentren in Shanghai und Guangzhou auch teilnehmen.

Wie es mir und den Kolleginnen dabei geht?
Unterschiedlich, nicht sonderlich entspannt. Vor allem nicht, wenn man Kinder im Homeschooling oder betagte Eltern zur Pflege hat. Seit drei Wochen blicken wir besorgt nach Europa und den Rest der Welt. Uns ist allen bewusst, dass wir die Krise nicht allein meistern können. Innerhalb des DAAD haben wir gemerkt, wie gut die Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen auch im Ausnahmezustand funktioniert. Das macht Mut.

Ruth Schimanowski (3. April 2020)