HAW.International nimmt alle mit

DAAD/Thomas Pankau

„Die verschiedenen Programm-Module versetzen eine HAW in die Lage, nachhaltige Strukturen für ihre internationale Ausrichtung aufzubauen“, erklärt Dr. Anette Pieper

Die Hochschulen für Angewandte Wissenschaften und Fachhochschulen sind vor allem wegen ihrer Praxisorientierung in Deutschland und in der Welt hoch angesehen. Viele dieser Hochschulen wollen sich international noch besser aufstellen. Wie das neue Förderprogramm HAW.International sie dabei unterstützt, erläutert Dr. Anette Pieper, Direktorin der Abteilung Projektförderung im DAAD, im Gespräch.

Warum ist es so heutzutage so wichtig, dass HAW sich international aufstellen?
Aus zwei Gründen: Zum einen sind deutsche Wirtschaftsunternehmen weltweit immer aktiver. Sie brauchen HAW-Absolventinnen und -Absolventen, die international kompetent sind. Nur wenn sich die HAW internationaler aufstellen, können sie die Fachkräfte von morgen auf den globalen Arbeitsmarkt vorbereiten.

Zum anderen geht es um die eigene Sichtbarkeit der HAW im Ausland. Ihr praxisorientiertes Modell genießt weltweit einen guten Ruf. Vernetzen sich die HAW international intensiver, machen sie ihr Modell noch bekannter und können ausländische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Studierende nach Deutschland ziehen. Internationalisierung heißt ja nicht nur, den Weg ins Ausland zu suchen, sondern auch, das Ausland zu uns zu holen, also „Internationalisation at home“ zu betreiben.

Was bewirkt das neue Programm in diesem Zusammenhang?
Wir haben das Programm so konzipiert, dass es alle Ebenen einer HAW – von Hochschuldozenten über Verwaltungsmitarbeiter bis zu Studierenden – in puncto Internationalisierung mitnimmt bzw. mit entsprechenden Angeboten berücksichtigt. Damit versetzen wir eine HAW in die Lage, wichtige Strukturen für ihre Internationalisierung zu schaffen und sich mit Praxispartnern zu vernetzen.

Ganz konkret fördert HAW.International den Aufbau internationaler Lehrpläne, weltweite Hochschulkooperationen sowie den fachlichen und kulturellen Austausch – angefangen von der Anbahnung erster Kontakte zu Institutionen und Praxispartnern im Ausland bis zur institutionellen Verankerung von internationalen Kooperationen innerhalb der Hochschulen.

Im Gegensatz zu den Universitäten hinken HAW beim Thema Internationalisierung noch hinterher. Woran liegt das?
Ihre strukturellen Besonderheiten spielen hier eine entscheidende Rolle: Professoren an einer HAW haben einfach weniger personelle Ressourcen als Professoren an einer Universität. Außerdem sind sie intensiver in die Lehre eingebunden – ihr Lehrdeputat liegt bei 16 bis 18 Semesterwochenstunden, das eines Universitätsprofessors dagegen bei acht bis neun Stunden pro Woche.

Und hier setzt das neue Programm an?
Genau. Wer einen internationalen Studiengang einrichten will, braucht dafür finanzielle und personelle Kapazitäten. Für beides sorgt das neue Programm. Es ermöglicht zum Beispiel einem HAW-Professor, etwas von seiner Lehrtätigkeit abzugeben, um sich stärker der Internationalisierung zu widmen. Auch das Personal in den International Offices kann verstärkt werden.

Wie wollen Sie die Studierenden motivieren, mobiler zu werden?
Mit einem ganz niederschwelligen Angebot für ein Austauschprogramm. Viele der HAW-Studierenden sind Erstakademiker. Für sie ist es oft nicht selbstverständlich, ihr Studium mit einem Auslandsaufenthalt zu verknüpfen. Ein weiterer Teil der Studierenden ist außerdem bereits berufstätig, muss vielleicht schon eine Familie ernähren und ist allein deshalb nicht mehr sehr mobil. Daher sieht das Programm unter anderem ein Vollstipendium vor – sehr attraktiv für diejenigen, die privat finanzielle Verpflichtungen haben. Ein weiterer Vorteil ist, dass das Angebot zeitlich und regional sehr flexibel ist.

Und das Verwaltungspersonal holt das Programm auch mit ins Boot?
Diese wichtige Schnittstelle an den HAW müssen wir mit einbeziehen. Für das Verwaltungspersonal stellt sich die Frage: Wie gehe ich mit Lehrenden und Studierenden aus dem Ausland um? Wie baue ich eine Willkommensstruktur auf? Hierfür bietet das Programm Angebote, von Fortbildungen über Auslandsaufenthalte bis hin zur Vertiefung von Englischkenntnissen.

Wird das Programm auf Akzeptanz stoßen?
Seit der Ausschreibung am 20. Februar haben wir schon viel positive Resonanz aus den Hochschulen bekommen und beraten mehrmals täglich zu den verschiedenen Fördermöglichkeiten. Seit der Konzipierung des Programms stehen wir mit den Hochschulvertretungen in engem Austausch. Auch die Leiter der Akademischen Auslandsämter spiegeln uns regelmäßig, welche Wünsche sie selbst, die Lehrenden und die Studierenden der HAW haben. Im vergangenen Jahr haben wir die Idee zum neuen Programm auf verschiedenen Foren vorgestellt und die Rückmeldungen unserer Zielgruppen in die Programmausarbeitung einfließen lassen.

Es ist also eng am Bedarf der HAW ausgerichtet?
Auf jeden Fall. Wir wollen noch einen Schritt weitergehen und bei diesem Programm ein wirkungsorientiertes Monitoring einführen. Das heißt, wir planen, den Fortschritt der geförderten Projekte und Begleitmaßnahmen kontinuierlich zu erfassen. Dadurch können wir frühzeitig Korrekturen am Programm vornehmen und haben eine gute Datengrundlage für die spätere Evaluierung.

Welche Möglichkeiten bietet das Programm konkret für die unterschiedlichen Zielgruppen?
Wir haben vier Module entwickelt: Modul A unterstützt alle Maßnahmen, um eine Internationalisierungsstrategie an der jeweiligen Hochschule strategisch aufzubauen oder weiterzuentwickeln. Ein Fokus liegt für uns zum Beispiel auch auf Veranstaltungen zur Vernetzung von HAW mit Partnern aus der Praxis. Wir planen außerdem Erkundungsreisen in für HAW-Vertreter interessante Kooperationsländer. Hier können die HAW von der Regionalexpertise unserer Außenstellen profitieren. Diese informieren uns beispielsweise darüber, in welchen Ländern das praxisorientierte Modell der HAW besonders gefragt ist und wo es Anknüpfungspunkte zu deutschen Praxispartnern gibt, zum Beispiel in Vietnam. Dorthin planen wir für dieses Jahr eine Erkundungsreise.

Modul B setzt auf den Auf- und Ausbau internationaler Kooperationsvorhaben. Modul C richtet sich an die Studierenden und bietet ihnen unterschiedliche Möglichkeiten, mobil zu werden: von Studienaufenthalten über Auslandsaufenthalte im Rahmen von Abschlussarbeiten bis zur Förderung der Teilnahme an Konferenzen und Messen.

Und wie wichtig ist Ihnen die Beratung rund um das Programm?
Die ist uns sehr wichtig, und dafür haben wir extra Modul D entwickelt: eine Beratungsstelle, die von diesem Sommer an erreichbar ist. Wir wollen mit den Akteuren im engen Dialog bleiben, sie vom Know-how des DAAD profitieren lassen und ihnen Fortbildungen anbieten. Eine Hochschule im Ausland agiert in der Regel anders als eine HAW in Deutschland. Welche Probleme können auftauchen, worauf muss man achten? Wir bekommen von unseren Außenstellen und aus anderen Projekten viele Rückmeldungen, die wir in den Aufbau dieser Beratungsstelle einbringen werden.

Im Idealfall wirken also alle Module zusammen?
Ja, denn wenn alle Ebenen einer HAW die Module nutzen, wird die HAW in der Lage sein, nachhaltige Strukturen für eine internationale Ausrichtung aufzubauen, und macht damit ihre Absolventen fit für den globalen Arbeitsmarkt.

(27. März 2019)

Weitere Informationen

Kontakt
Nicole Ohlemüller
E-Mail: HAW@daad.de
Telefon: 0228-882-5611

Weitergehende Informationen zum Programm

HAW – Zahlen und Fakten

  • HAW steht für Hochschule für Angewandte Wissenschaften. Der Begriff orientiert sich an der englischen Bezeichnung „Universities of applied Sciences“. Die Bezeichnung Fachhochschule wird zunehmend weniger verwendet.
  • In Deutschland gibt es derzeit 248 HAW und duale Hochschulen mit 1.026.719 Studierenden.
  • Der Anteil an ausländischen Studierenden liegt bei 11 Prozent.
  • In diesem Jahr feiern die HAW ihr 50-jähriges Jubiläum: 1969 wurden in Flensburg, Lübeck und Kiel die ersten Fachhochschulen gegründet.