Eine gemeinsame digitale Plattform für Europas Universitäten

DAAD/privat

Erstes Arbeitstreffen der OpenU-Mitglieder in der DAAD Außenstelle in Brüssel Mitte März (von links): Michael Krause (Universität Potsdam), Joachim Wyssling und Daiga Kuzmane (EUF), Alexandra Tzortzi, Julien Frémont, Solveig Gathelier und Sevgi Kaplan (Université Paris 1 Panthéon-Sorbonne), Piet Henderikx (EADTU), Saskia Weißenbach (DAAD), João Bacelar (EUF)

OpenU: So heißt die neue gemeinsame Onlineplattform, die Studierenden den Schritt ins Ausland und Hochschulen die Umsetzung von internationalen Kooperationen erleichtern soll. Um die Projektrealisation kümmern sich Hochschulen, Bildungsministerien, der DAAD und weitere Netzwerk-Organisationen aus ganz Europa.

Ein Blick in die Zukunft: Ein Studierender aus Deutschland möchte ein Auslandssemester in Frankreich absolvieren. Er geht dafür auf die länderübergreifende europäische Onlineplattform OpenU und findet dort alle wichtigen Informationen der französischen Partneruniversität seiner Hochschule: Vorlesungsverzeichnis, Kurse, Bibliotheken, schwarzes Brett etc. Wie ihm die Credit Points für sein Auslandssemester angerechnet werden? Auch das kann er gleich mit den betreffenden Hochschulverwaltungen über diese Plattform klären.

Perspektivwechsel: Der Professor der romanischen Fakultät einer Universität in Finnland möchte mit dem Kollegen einer spanischen Hochschule eine Kooperation ins Leben rufen – zum Beispiel mit Zuschaltungen während der Vorlesung, gemeinsamen Seminaren bis hin zum persönlichen Austausch. Beide Hochschulen sind bereits an OpenU angeschlossen: Sie finden dort Beispiele erfolgreicher Hochschulkooperationen und können sich abstimmen und austauschen.

Internationalisierung vereinfachen

Ob Studierende, Lehrende oder Mitarbeiter in der Hochschulverwaltung, für sie alle hat die Onlineplattform OpenU das gleiche Ziel: mobiler zu machen, die Internationalisierung zu fördern, Kooperationen zu erleichtern, Verwaltungsprozesse durchlässiger zu machen und Grenzen abzubauen – all dies auf digitalem Weg. Wer auf OpenU zugreift, soll dort dafür die richtigen Quellen finden. Daher auch der Name OpenU: Online Pedagogical Resources for European Universities.

Vorteile und Herausforderungen

Realisiert wird OpenU in den kommenden drei Jahren im Rahmen eines Erasmus+ Projektes. Dafür haben sich 21 Partner auf europäischer Ebene zu einem Konsortium zusammengeschlossen. Die Aufgaben für den Plattformaufbau haben sie auf fünf Cluster (Implementierung, Experimente, Evaluierung, Politik, Kommunikation) verteilt.

Die Partner und ihre Aufgaben

Konsortium von 21 Partnern

  • sechs Bildungsministerien aus Belgien, Deutschland, Frankreich, Lettland, Portugal und Spanien
  • elf europäische Universitäten (Belgien: Katholieke Universiteit Leuven / Deutschland: Freie Universität Berlin, Universität Potsdam / Finnland: Aalto University / Frankreich: Université Paris 1 Panthéon-Sorbonne und Université de Rennes 1 / Italien: Alma mater studiorum – Università di Bologna, Università degli studi di Trento / Spanien: Universidad Complutense de Madrid, Universidad Politécnica de Madrid / Polen: Uniwersytet Jagiellonski
  • drei Netzwerk-Organisationen: European University Foundation - Campus Europae (EUF), Erasmus Student Network AISBL (ESN) und Vereniging van European Distance Teaching Universities (EADTU)
  • Deutscher Akademischer Austauschdienst (DAAD)

Aufgabenverteilung
Die Gesamtprojektleitung liegt bei der Université Paris 1 Panthéon-Sorbonne. Die Zusammenarbeit erfolgt in fünf Clustern:

  • Implementierungs-Cluster (Leitung: EUF)
  • Experimentier-Cluster (Doppelleitung: Université Paris 1 Panthéon-Sorbonne und Université de Rennes 1)
  • Evaluierungs-Cluster (Leitung: Universität Potsdam)
  • Politik-Cluster (Leitung: DAAD)
  • Kommunikations-Cluster (alle).

Professor Ulrike Lucke, eine der Verantwortlichen und Lehrstuhlinhaberin an der Universität Potsdam, erläutert den Vorteil und die Herausforderung der zukünftigen Plattform: „Wir können damit den internationalen Austausch leichter sowie Dinge sichtbarer machen. Sichtbar heißt, Möglichkeiten und Erfolge zeigen, die Studierenden und Lehrenden verdeutlichen: Das ist machbar, das ist zu schaffen.“ Denn die Scheu vor Internationalisierung ist oft noch groß, meint Lucke, und das sei hinderlich. „Forschung und Lehre erfordern eine offene Geisteshaltung, und dazu gehört auch Internationalisierung. Sich auf Fremdes einlassen zu können: auf ein fremdes Land, eine fremde Kultur oder andere Formen des Arbeitens.“

OpenU_Ulrike Lucke_UniPotsdam (c) GI-KathrinRichter

GI/Kathrin Richter

Professor Ulrike Lucke von der Universität Potsdam leitet das Evaluierungs-Cluster

Professor Ulrike Lucke

Universität Potsdam, Institut für Informatik und Computational Science

  • Lehrstuhl für Komplexe Multimediale Anwendungsarchitekturen
  • Forschung vor allem im Bereich E-Learning und Bildungstechnologien
  • 2010−2018: Chief Information Officer an der Universität Potsdam (verantwortlich für IT Infrastrukturen und E-Learning)
  • Leuchtturmprojekte: E-Learning in Studienbereichen (www.uni-potsdam.de/elis) und Online International Learning (www.uni-potsdam.de/oil-up)

Integration bestehender Lösungen

OpenU wird aber keine völlige Neuentwicklung sein, sondern will vorhandene Lösungen integrieren. Dazu Lucke: „Jede der beteiligten Hochschulen hat bereits eigene digitale Lösungen etabliert. Und die gilt es, in OpenU einzubinden und weiterzuentwickeln. Nur wenn uns das gelingt, steigern wir die Akzeptanz von OpenU.“ Daher war die Wahl der Partner vor dem Projektstart entscheidend: Alle Beteiligten (siehe oben: Die Partner und ihre Aufgaben) – sechs Bildungsministerien (aus Belgien, Deutschland, Frankreich, Lettland, Portugal und Spanien), elf europäische Universitäten, die drei Netzwerk-Organisationen EUF, ESN und EADTU sowie der DAAD – bringen eine ausgewiesene Expertise für das Thema Internationalisierung durch Digitalisierung mit, besitzen langjährige Erfahrung in der internationalen Zusammenarbeit und verfügen über Netzwerke mit einer großen Reichweite. „Im Laufe der Plattformentwicklung müssen wir es schaffen, diese Einzellösungen und die große Gesamtlösung OpenU aneinander anzuschließen. Das ist weniger eine technische, sondern vielmehr eine organisatorische Frage“, erklärt Lucke. „Gelingt uns das, dann haben alle einen Mehrwert, da wir für alle die Informationsverteilung enorm verbessern und das Durchführen von Lehrkooperationen sowie die Abwicklung auf Verwaltungsseite erleichtern.“

Einbinden der Politik

Für das Gelingen des Projektes sind aber nicht nur Hochschulen entscheidend – auch die jeweiligen Bildungsministerien müssen von Anfang an eingebunden sein. Das ist für beide Seiten attraktiv: für die Ministerien, da sie ihre nationale Perspektive einbringen können, und für die Hochschulen, da sie der Politik vermitteln können, was sie bewegt und was sie benötigen. „Das Ergebnis des Austauschs sollten politische Entscheidungen sein, die eng an den Bedürfnissen der Hochschulen ansetzen“, erhofft sich Lucke.

Permanente Evaluation

Ein weiterer Erfolgsfaktor für OpenU ist eine kontinuierliche Bewertung der Abläufe. Die Universität Potsdam übernimmt unter der Leitung von Professor Lucke diesen Part: „Wir werden zum Beispiel ganz konkret bestehende und sich entwickelnde Onlinekooperationen beobachten, dokumentieren und analysieren: Wie sind die Rahmenbedingungen, wann stellt sich Erfolg ein? Wenn wir dieses Ursache-Wirkungsgeflecht verstehen, können wir Empfehlungen für die Gestaltung und Entwicklung der Plattform formulieren.“

Für sie als unabhängige Evaluatorin sei eine kritische Distanz wichtig, meint Lucke. So könne sie Dinge aufzeigen, die man im Berufsalltag nicht hinterfrage, weil sie immer schon so gemacht wurden. Wichtig ist Lucke außerdem, dass die Evaluierung auf Augenhöhe erfolgt. Die Universität Potsdam hat – von der Hochschulleitung bis in die Fakultäten hinein – eine hohe Affinität zu IT- und Digitalisierungsthemen und wird in der deutschen Hochschullandschaft als Vorreiterin auf diesem Gebiet wahrgenommen. „Wir haben sehr früh eine E-Learning-Strategie formuliert und diese mit der Internationalisierungsstrategie verbunden. Da ich außerdem regelmäßig interdisziplinär arbeite, bin ich es gewohnt, unterschiedliche Perspektiven einzunehmen, und bin zuversichtlich, dass ich das auch bei der Evaluierung von OpenU positiv einbringen kann.“

DAAD steuert politischen Dialog

Für den DAAD ist das Projekt OpenU eine Möglichkeit, aktiver Partner in leitender Funktion zu sein. Gefördert wird dies mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Das Policy-Cluster soll nach dem Prinzip „evidence-based policy making“ die laufenden Erkenntnisse der Plattform diskutieren und daraus Empfehlungen ableiten. „Für das, was wir im Evaluierungs-Cluster herausfinden, leistet der DAAD den Transfer. Er muss unsere Erkenntnisse in Policys oder künftige Förderprogramme umsetzen“, erläutert Lucke. Das schließt eine enge Zusammenarbeit der beiden Cluster ein, da das Evaluierungs-Team bereits in einem frühen Stadium bisherige Policys analysieren muss, zum Beispiel unter dem Aspekt: Welche Grundannahmen verbergen sich dahinter? Was ist wirksam, was unwirksam? „Ich gehe davon aus, dass der DAAD unseren Evaluierungsprozess eng begleiten und mit seiner Erfahrung rund um dieses Thema ein wichtiger Ideengeber für Aspekte der Evaluierung sein wird.“

Gewinnbringende Rollenverteilung

Dass der eine als Evaluator den Blick auf die Praxis wirft – nach unten in die Hochschulen und nach oben zur Politik – und der andere, der Policy Maker, aus den daraus resultierenden Empfehlungen Richtlinien formuliert: diese Gewaltenteilung findet Lucke sehr gelungen. „Hätten wir den Policy Maker – hier in Gestalt des DAAD – nicht mit im Boot, könnten wir so viele Erkenntnisse aus der Evaluierung ziehen, wie wir wollten. Sie würden in keine Policy münden und OpenU könnte auf europäischer Ebene wenig Wirkung entfalten.“

Die Weichen für OpenU sind gestellt. Jetzt können die Akteure die Plattform mit Leben füllen, damit der multilaterale Austausch Realität wird. Und ihr eigener Austausch? Den planen die 21 Projektpartner ganz im Sinne des Projekts: Neben Onlinetreffen sind auch reale Treffen geplant, weil der persönliche Austausch nie komplett durch digitale Angebote ersetzt werden kann.

Astrid Hopp (18. März 2019)

Weitere Informationen

Fakten zu OpenU

  • OpenU steht für Online Pedagogical Resources for European Universities
  • Laufzeit: Start Ende Februar 2019, erster Pilot voraussichtlich August 2019, Onlineschaltung ca. Februar 2022