Mehr Auslandserfahrung für angehende Lehrerinnen und Lehrer

DAAD/Eric Lichtenscheidt

Mit dem neuen Programm sprechen wir verschiedene Zielgruppen und damit verschiedene Ebenen an, erklärt Christiane Schmeken

Das neue Programm Lehramt.International soll Lehramtsstudierende mobiler machen. Warum das so wichtig ist? Ein Gespräch mit Christiane Schmeken, Direktorin der Abteilung Strategie im DAAD.

Wieso spricht der DAAD mit dem Programm Lehramt.International die spezielle Zielgruppe der Lehramtsstudierenden an?
Bereits seit Jahren wissen wir, dass Lehramtsstudierende – insbesondere im Grundschul- und Sek. I-Bereich – unterdurchschnittlich mobil sind. Gleichzeitig werden unsere Klassenzimmer immer internationaler und diverser. Wenn angehende Lehrerinnen und Lehrer eigene Auslandserfahrungen sammeln, sind sie besser darauf vorbereitet, diesen neuen Herausforderungen zu begegnen und ihren Unterricht an die sich wandelnden Bedingungen anpassen zu können.

Bestärkt wurden wir in dieser Auffassung auch durch unsere Tagung „Studentische Auslandsmobilität erhöhen“, die im Juni 2017 in Essen stattfand. Viele der teilnehmenden Lehramtsstudierenden haben unterstrichen, dass sie gerne einen Teil ihres Studiums im Ausland verbringen würden. Diese Erfahrung biete einen großen Mehrwert für ihre spätere Tätigkeit als Lehrerin oder Lehrer. Gleichzeitig mache es ihnen die Struktur des Lehramtsstudiums – zum Beispiel Studium mehrerer Fachdisziplinen, enge Zeitfenster mit wenig Raum für Auslandsaufenthalte – bisher schwer, diesen Wunsch zu realisieren.

Es bestand Einigkeit: Wir brauchen eine Initiative, um die Auslandsmobilität bei Lehramtsstudierenden zu erhöhen. Mit dem neuen Programm Lehramt.International haben wir nun Fördermaßnahmen und Instrumente, um dieses Ziel zu erreichen.

Warum ist das Programm in verschiedenen Modulen angelegt? Welche Zielsetzung verbirgt sich hinter diesem Aufbau?
Aus unseren Gesprächen mit Studierenden sowie Vertretern von Hochschule und Politik haben wir gelernt, dass die Ursachen für die geringer ausgeprägte Mobilität bei Lehramtsstudierenden vielfältig und komplex sind. Das neue Programm Lehramt.International setzt deshalb auf unterschiedlichen Ebenen an. Zum einem sprechen wir die Zielgruppe direkt an. Mit einem auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenen Stipendienprogramm soll es ihnen leichter gemacht werden, während des Studiums beziehungsweise vor dem Referendariat und Berufseinstieg Praxiserfahrungen an schulischen Einrichtungen im Ausland zu sammeln (Modul B Auslandspraktika für Lehramtsstudierende und -absolventen). Es ist uns besonders wichtig, möglichst viele Lehramtsstudierende mit unserem Programm zu erreichen, insbesondere auch solche Studierende, die bisher – aus welchen Gründen auch immer – noch keinen Auslandsaufenthalt in Erwägung gezogen haben. Deshalb wird das Programm aktiv durch unsere Kampagne „studieren weltweit – ERLEBE ES!“ beworben werden (Modul C Information, Beratung, Politikdialog). So sollen beispielsweise die Lehramtsstudierenden, die als so genannte Correspondents über ihre Auslandserfahrungen berichten, dazu beitragen, dass ihre Kommilitoninnen und Kommilitonen ebenfalls Lust bekommen, Praxiserfahrungen in einem anderen Land zu sammeln.

Des Weiteren hat das Programm nicht nur die Lehramtsstudierenden selbst im Blick, sondern zielt auch auf die Ebene der deutschen Hochschulen. Das Ziel lautet hier, bessere Bedingungen für die Internationalisierung der Lehramtsausbildung zu schaffen. Die deutschen Hochschulen können Fördergelder für den Aufbau von Hochschulkooperationen beantragen, um zum Beispiel die systematische Integration von Mobilitätsfenstern in bestehende Lehramtsstudiengänge voranzutreiben oder Studiengänge mit verpflichtenden Auslandsaufenthalten zu entwickeln. Für die teilnehmenden Studierenden stehen zudem Stipendien bereit (Modul A Modellprojekte an deutschen Hochschulen).

Darüber hinaus werden wir auch die politische Ebene in den Blick nehmen. Im Dialog mit Vertretern der Wissenschafts- und Schulministerien der Länder sowie anderen Akteuren sollen bestehende Hindernisse für eine systematische Internationalisierung der Lehramtsausbildung abgebaut und neue Anreize gesetzt werden.

Wir versuchen das Thema von verschiedenen Seiten anzugehen, um mit ineinandergreifenden Maßnahmen die Auslandsmobilität der angehenden Lehrerinnen und Lehrer zu erhöhen. Dieser Ansatz ist auch für den DAAD neu – wir sind jedoch überzeugt, dass gerade das Drehen an verschiedenen Stellschrauben ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg des Programms ist.

Was sind die Gründe für die geringe Mobilität dieser Zielgruppe?
Wir wissen von Studierenden und Hochschulen, dass insbesondere Anerkennungsfragen den Lehramtsstudierenden zu schaffen machen. Das Lehramtsstudium findet sich im Ausland oftmals nicht in gleicher Form und mit ähnlichen Inhalten. Lehramtsstudierende befürchten daher einen Zeitverlust, weil sie im Ausland erworbene Credit Points nicht für ihr Studium in Deutschland anrechnen lassen können. Das deutsche Zweifachstudium, das es in den meisten anderen Ländern nicht gibt, macht die Anerkennung doppelt schwierig. Enge Zeitfenster für ein Auslandsstudium oder -praktikum erschweren den Auslandsaufenthalt zusätzlich.  Damit die Hochschulen gemeinsam Lösungen für diese Probleme entwickeln, werden wir mit unserem Programm auch den Aufbau von Partnerschaften zwischen deutschen und ausländischen Hochschulen unterstützen. Auf diese Weise können die Hochschulen voneinander lernen und gemeinsam eine internationale Perspektive in die Lehramtsausbildung bringen.  

Ein wichtiger hemmender Faktor ist zudem die fehlende Wertschätzung eines Auslandsaufenthaltes für die spätere Karriere. Während in Wirtschaft und Wissenschaft ein Auslandsaufenthalt ein wichtiger Pluspunkt bei der Einstellung ist, spielt dies für die Vergabe von Referendariatsplätzen oder die spätere Einstellung in den Lehrerberuf keine Rolle.

Wie offen ist die Lehrerausbildung für Mobilitätsfenster?
Die Schaffung von Mobilitätsfenstern und andere strukturelle Veränderungen – als ein Beispiel sei hier noch einmal die bessere Anrechenbarkeit von Studienleistungen genannt – spielen für den Erfolg des Programms eine wichtige Rolle. Hier sind die Regelungen in den Bundesländern und an den Hochschulen derzeit noch nicht immer einheitlich und erschweren oftmals die Mobilität der Studierenden. Gerade deshalb ist es so wichtig, mit den Hochschulen und den zuständigen Vertretern aus Bundes- und Landesebene in einen Dialog zu treten.

Welche Wirkungen erhofft sich der DAAD von dem neuen Programm?
Das Programm Lehramt.International verfolgt mehrere Ziele und spiegelt damit auch unseren Ansatz wider, verschiedene Ebenen und Zielgruppen anzusprechen.

Oberstes Ziel ist es natürlich, angehende Lehrerinnen und Lehrer durch einen eigenen Auslandsaufenthalt für den Umgang mit internationaler Diversität und kultureller Vielfalt zu sensibilisieren, so dass sie diese Erfahrungen in ihre eigenen Klassenzimmer in Deutschland mitnehmen können. Aktuelle Zahlen des Mikrozensus zeigen, dass über 30 Prozent der Schülerinnen und Schüler an deutschen Schulen einen Migrationshintergrund haben. Lehrerinnen und Lehrer zu befähigen, die Bedürfnisse dieser Schülerinnen und Schüler zu erkennen und den eigenen Unterricht vor dem Eindruck der eigenen Auslandserfahrungen reflektieren zu können, ist aus meiner Sicht ein wesentlicher Mehrwert des neuen Programms.

Aber auch zur internationalen Positionierung und Sichtbarkeit der Lehramtsstudiengänge kann das Programm einen wertvollen Beitrag leisten. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund des Lehrermangels von Bedeutung. Wir hoffen, dass wir zumindest ein wenig daran mitwirken können, dass das Lehramtsstudium künftig noch stärker als attraktive Studienoption wahrgenommen wird.
   
(25. Februar 2019)

Weitere Informationen

„Lehramt.International“ – die drei Module des Programms


Modul A: Modellprojekte an deutschen Hochschulen
Antragsschluss: 30.04.2019

Modul B: Auslandspraktika für Lehramtsstudierende und –absolventen
Zwei Förderlinien:
1.) für Kurzpraktika während des Studiums (ein bis sechs Monate)
2.) für Praktika zwischen dem 1. und 2. Staatsexamen (sechs bis zwölf Monate)

Modul C: Information, Beratung, Politikdialog

Allgemeine Programmbeschreibung