US-Studierende: Gute Argumente für den Hochschulstandort Deutschland

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Hohes Rekrutierungspotenzial: Vor allem englischsprachige "Fast Track"-Programme sind bei amerikanischen Studierenden beliebt

Die Chancen, Studierende aus den USA für ein Studium in Deutschland zu interessieren, sind derzeit hoch. Die Zielgruppe hat jedoch auch hohe Erwartungen an Service und Betreuungsangebote. Die DAAD-Experten Hanni Geist und Peter R. Kerrigan erläutern, worauf es ankommt. Ihr Beitrag ist im neuen „Länderprofil USA“ von GATE-Germany erschienen – kurz vor dem großen Alumnitreffen des DAAD in Atlanta, Georgia.

Der Maßstab für die internationale Stärke einer US-amerikanischen Hochschule hat sich in jüngster Zeit verändert: Wurde sie bis vor wenigen Jahren noch an der Anzahl der Kooperationen mit Institutionen im Ausland gemessen, bauen US-Hochschulen diese Beziehungen, die zum großen Teil nur Kooperationen auf Papier waren, heute ab. Stattdessen konzentrieren sie sich auf bestimmte Länder oder Universitäten, wo Kooperation auf jeder Ebene stattfinden soll, Austausch und Forschung verstärkt und sogar Doppelabschlüsse aufgebaut werden.

Deutschland gehört zu den Ländern, für die amerikanische Hochschulen Interesse an Kooperationen zeigen, sowohl in der Forschung als auch beim Studierendenaustausch. Um amerikanische Partner zu gewinnen, sollten deutsche Hochschulen klar formulieren, was sie mit der Partnerschaft erreichen wollen und welchen Nutzen die US-Hochschule erzielt. Besonders interessant sind Projekte, bei denen sich auch die amerikanische Seite um Fördermittel bewerben kann.

Deutsche Hochschulen müssen aber realistisch sein. Die Elitehochschulen in den USA, wie MIT oder Stanford, gehen nur bedingt neue Kooperationen ein. Es gibt allerdings eine Vielzahl amerikanischer Universitäten, die ebenfalls stark sind und zum Profil der deutschen Hochschulen passen. Bei der Partnersuche sollten auch Minority-Serving Institutions (MSI) berücksichtigt werden, dazu gehören beispielsweise Historically Black Colleges and Universities (HBCUs) und Hispanic-Serving Institutions (HSI). Diese angesehenen Hochschulen bilden Studierende aus, die oft als erste in ihrer Familie studieren und einkommensschwach sind. Die MSI sind sehr daran interessiert, ihren Studierenden qualitativ hochwertige und dennoch erschwingliche internationale Erfahrungen zu ermöglichen. Ranglisten können bei der Suche nach Kooperationsmöglichkeiten nützlich sein: In der Datenbank von US News & World Report kann mithilfe konkreter Auswahlkriterien nach passenden Partnerhochschulen gefiltert werden.

Rekrutierung von US-Studierenden

Studierende in den USA haben hohe Erwartungen an die Dienstleistungen der Hochschulen und die Betreuung. Eltern spielen bei Bildungsentscheidungen eine wichtige Rolle, da sie oft die hohen Studiengebühren ihrer Kinder zahlen und einen entsprechenden Service erwarten. Das Return on Investment (ROI) eines Studiums, also dessen Rentabilität, wird intensiv abgewogen. Gute Marketingaktivitäten müssen zeigen, dass ein Studium in Deutschland ein starkes ROI bietet und eine wertvolle Erfahrung für Studierende in- und außerhalb der Hochschule ist.

Wichtige Aspekte bei der Universitätswahl sind:

  • das Ranking der Hochschule allgemein und in den einzelnen Fachbereichen
  • Karriereaussichten von Absolventen
  • Anerkennung des Abschlusses außerhalb Deutschlands
  • das Betreuungsangebot für internationale Studierende
  • Stipendien- und andere Finanzierungsmöglichkeiten

Auch wenn englischsprachige und qualitativ hochwertige Programme mit niedrigen oder gar keinen Studiengebühren wichtige Marketingargumente sind, sollten deutsche Hochschulen vor allem ein attraktives, einzigartiges Profil herausarbeiten. Die Möglichkeiten für deutsche Hochschulen, amerikanische Studierende zu gewinnen, sind groß: Durch die Welle der „No Tuition in Germany“-Artikel in den US-Medien seit Ende 2014 hat sich das Interesse deutlich verstärkt. Vermutlich wird auch die partielle Einführung von moderaten Gebühren für Nicht-EU-Ausländer an der Attraktivität des deutschen Studienmarktes für US-amerikanische Studierende nicht viel ändern.

Das größte Rekrutierungspotenzial besteht bei englischsprachigen Masterstudiengängen. Aber zunehmend suchen Amerikaner – wegen der Studiengebühren in der Heimat – auch nach Bachelorstudiengängen im Ausland. Dabei gibt es drei Hindernisse für US-Schulabsolventen:

  • Die deutschen Hochschulzulassungsbedingungen sind mit einem amerikanischen High-School-Abschluss schwer zu erreichen, da sie oft jahrelange Vorbereitung verlangen. Es müssen gezielt Kurse gewählt werden und es muss mindestens ein Notendurchschnitt von 3.0 im amerikanischen Notensystem erreicht werden.
  • Die Sprachkenntnisse sind meist unzureichend für die Zulassung zu deutschsprachigen Programmen.
  • Es gibt nur eine begrenzte Anzahl von englischsprachigen Bachelorprogrammen.

Die Bewerberzahlen von Schulabsolventen sind aufgrund dieser Einschränkungen eher gering. Dennoch sollten deutsche Hochschulen diese Zielgruppe nicht ausschließen. Diejenigen, die es schaffen, direkt nach der High School eine deutsche Hochschulzulassung zu erlangen, sind oft ausgesprochen motiviert, fachlich stark, sehr an Deutschland interessiert und eine Bereicherung für ihre Gasthochschule. Wenn sie dem Interesse junger US-Amerikaner noch weiter entgegenkommen möchten, könnten deutsche Hochschulen zudem in Erwägung ziehen, mehr Studienkollegkurse und spezielle Sprachkurse für amerikanische High-School-Absolventen anzubieten.

Um die Bedürfnisse von amerikanischen Studierenden zu verstehen, ist es hilfreich, den amerikanischen Markt, insbesondere für weiterführende Studiengänge, näher zu betrachten. US-Studierende, vor allem aus den MINT-Fächern, bewerben sich normalerweise nach dem Bachelor direkt für die Promotion, der Masterabschluss wird nur an diejenigen vergeben, die vor der Promotion vorzeitig die Hochschule verlassen. Anders als in Deutschland ist ein Bachelor in demselben Fachgebiet nicht zwingend notwendig. Für deutsche Hochschulen, die eine „Fast Track“-Möglichkeit anbieten, ein einjähriges Masterstudium oder eine Graduiertenschule, bietet es sich daher besonders an, diese in den USA zu bewerben. Sehr interessant für deutsche Hochschulen kann es auch sein, internationale Hochschulabsolventen aus den USA bei der Rekrutierung mit zu berücksichtigen. Diese Studierenden haben mit ihrem Weg in die USA bereits eine Bereitschaft zum Auslandsstudium gezeigt und sind oft an guten Angeboten in anderen Ländern interessiert.

Begehrte Praktikumsplätze

Praktikumsplätze vor allem in englischer Sprache auf Bachelorebene sind in allen Fächern sehr gefragt. Über Praktika könnten deutsche Universitäten potenzielle Bewerber für ihre Masterprogramme gewinnen und dadurch auch den Austausch mit ihren amerikanischen Partnern stärken. Die RISE-Programme des DAAD, die MINT-Studierenden ein bezahltes Praktikum im Ausland vermitteln (aus Kanada, den USA und Großbritannien nach Deutschland und von Deutschland ins Ausland), sind sehr gefragt. Die sogenannten „Post Bacs“, die gerade einen Bachelorabschluss erworben haben, aber nicht mehr eingeschrieben sind, suchen ebenfalls nach Praktikumsplätzen im Ausland in Vorbereitung auf einen Beruf oder eine weiterführende wissenschaftliche Laufbahn. Interessant für Amerikaner sind außerdem Sommerkurse, über die langfristige Bindungen, sei es für Forschungskooperationen oder Graduiertenstudiengänge, aufgebaut werden können.

Unabdinglich für die Rekrutierung von Amerikanern ist eine qualitativ hochwertige Website, bei der das Englisch auf allen Seiten makellos sein muss. Da die Zielgruppe ihre Informationen auf Smartphones und Tablets abruft, sollten alle Informationen mobil optimiert zur Verfügung stehen. Wichtig sind zudem schnell auffindbare direkte Kommunikationswege. Alle für die Zielgruppen relevanten Kanäle wie auch Soziale Medien müssen entsprechend betreut werden. Sprachlich und grafisch sollten die Werbematerialien ein diverses Publikum ansprechen, vor allem weil die Zahl der Angehörigen ethnischer Minderheiten, die ein Studium beginnt, in den kommenden Jahren weiterhin stark zunehmen wird. Persönliche Empfehlungen, Bewertungen und Erfahrungsberichte von erfolgreichen amerikanischen Absolventen mit diversen Hintergründen und aus verschiedenen Fachbereichen sind ein wichtiges Marketinginstrument.

Die Autoren:
Hanni Geist arbeitet als Senior Manager University Relations des DAAD-Informationszentrums San Francisco.

Peter R. Kerrigan ist stellvertretender Leiter und Marketing-Beauftragter der DAAD-Außenstelle New York.

Der Beitrag ist zuerst erschienen im neuen „Länderprofil USA – Informationen für das internationale Hochschulmarketing“ von GATE-Germany.

Weitere Informationen

DAAD-Alumni in den USA: Persönliche Beziehungen zu Deutschland

Zum Auftakt des Deutschlandjahrs in den USA, das von Oktober 2018 bis Ende 2019 mit mehr als 1.000 Veranstaltungen zwischen amerikanischer Ost- und Westküste stattfindet, richten der DAAD und die Alexander von Humboldt-Stiftung ein Alumnitreffen in Atlanta, Georgia, aus. Unter dem Titel „Knowledge, Trust and the Future of Democracy: Transatlantic Perspectives on the Role of Scholarship and Science in Society“ kommen vom 5. bis 7. Oktober über 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zusammen – und diskutieren so unterschiedliche Themen wie die Reform der Hochschulbildung oder die „Ära der Digitalen Demokratie“.

Rund 10.000 Alumni zählt der DAAD aktuell in den USA; viele von ihnen stehen nach wie vor in engem Austausch mit Deutschland. Seit 1998 besteht offiziell die DAAD Alumni Association of the USA, die sich vielfältig für die transatlantischen Beziehungen einsetzt: etwa mit regelmäßigen Workshops, Exkursionen nach Deutschland oder der Vergabe von Stipendien. Die DAAD-Außenstelle in New York unterstützt die Arbeit des Alumnivereins und organisiert zudem eigene Alumniveranstaltungen, im Januar 2019 zum Beispiel eine Lesung der Autorin und Alumna Nora Krug („Heimat. Ein deutsches Familienalbum“).