Der DAAD und die Agenda 2030: Nachhaltige Entwicklungsziele gemeinsam erreichen

DAAD/Thilo Vogel

DAAD-Generalsekretärin Dorothea Rüland: "Wir legen Wert auf kooperative Partnerschaften"

Die Umsetzung der „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ im Deutschen Akademischen Austauschdienst ist Thema eines neu erschienen „DAAD-Standpunkts“. Vier Fragen an DAAD-Generalsekretärin Dr. Dorothea Rüland zum Einsatz ihrer Organisation für die „Sustainable Development Goals“ (SDGs).

Frau Dr. Rüland, die Vereinten Nationen haben im Jahr 2015 die „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ beschlossen. 17 „Sustainable Development Goals“ sollen die Außen-, Entwicklungs-, Bildungs- und Klimapolitik in den nächsten eineinhalb Jahrzehnten maßgeblich prägen. Warum nimmt sich der DAAD dieses Themas an?

Dorothea Rüland: In den SDGs sind Hochschulen und Wissenschaft als wichtige Akteure ausdrücklich genannt, das war bei vorigen UN-Dokumenten so nicht der Fall. Im SDG 4, „Qualitativ hochwertige Bildung für alle“, steht beispielsweise das Ziel, die Zahl und die Finanzierung von Stipendien für die am wenigsten entwickelten Staaten zu erhöhen. Hochschulen sind zudem erwähnt, weil sie nicht nur Lehrerinnen und Lehrer ausbilden, sondern auch helfen sollen, andere SDGs, zum Beispiel auf den Gebieten Gesundheit, nachhaltiges Wirtschaften und Klima, zu erreichen. Um dafür die Rolle der Hochschulen genauer zu beschreiben, haben der DAAD, das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und weitere Partner 2017 zu einer großen Konferenz eingeladen. Zentrales Ergebnis war, dass wir eine „joint knowledge creation“ brauchen. Nur wenn Industrie- und Entwicklungsländer von Beginn an gemeinsam an innovativen Lösungen arbeiten, wird es zu den zwingend erforderlichen Entwicklungen beim Klimaschutz oder bei der Schaffung von Jobs kommen.

Agenda 2030: Expertentreffen in Berlin

GIZ/Reinaldo Coddou H. 2017

Es geht nur gemeinsam: Gruppenbild bei der großen Berliner Konferenz zur Agenda 2030

Wie kann der DAAD dabei helfen?

Der DAAD ist optimal aufgestellt, um die SDG-Grundprinzipien – Partnerschaftlichkeit, Nachhaltigkeit, Transformation und Wirkungsmessung – umzusetzen. Wir legen Wert auf kooperative Partnerschaften, etwa in Form gemeinsam finanzierter Stipendienprogramme mit anderen Ländern oder auch bei Projekten mit Unternehmen. Zur Sicherung der Nachhaltigkeit trägt unsere Alumniarbeit ebenso bei wie die konsequente Integration von digitalen Elementen in Hochschulkooperationen. Bei der Transformation hin zu einer sozial, ökologisch und wirtschaftlich nachhaltigen Entwicklung setzen wir auf interdisziplinäre Themen. So auch bei den von uns seit 2016 neu geförderten Bilateralen SDG-Graduiertenkollegs. Für die Auswahl dieser Kollegs sind interdisziplinär zusammengesetzte Gutachterkommissionen verantwortlich. In diesen sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowohl aus Deutschland als auch dem globalen Süden vertreten. Hinzu kommt Expertise aus Entwicklungs-Think-Tanks. So steigt die Wahrscheinlichkeit, dass relevante Probleme des globalen Südens behandelt werden. Wichtig ist zudem, Maßnahmen durch Evaluierungen und Monitoring zu überprüfen. Gerade das Monitoring bauen wir gegenwärtig konsequent aus.

Partnerschaft ist das Schlüsselwort?

Wir müssen vor allem junge Hochschullehrerinnen und -lehrer in Entwicklungsländern exzellent ausbilden, damit dauerhaft Partnerschaften auf Augenhöhe entstehen. Stipendien sind auch angesichts sehr schnell wachsender Hochschulsysteme notwendig – allein in Afrika haben sich in den vergangenen zehn Jahren die Studierendenzahlen in vielen Ländern nahezu verdreifacht. Die Agenda, welche Probleme im globalen Süden am dringendsten gelöst werden sollten, müssen die Betroffenen und die Universitäten vor Ort mitbestimmen können. Dies wird zwingend erforderlich sein, sonst erreichen wir die Ziele nicht.

SDG-Graduiertenkollegs: CLIFOOD

Food Security Center/7visuals.com, Oskar Eyb

Veranstaltung des Bilateralen SDG-Graduiertenkollegs CLIFOOD an der Universität Hohenheim

Wie sieht der Einsatz des DAAD für die Sustainable Development Goals konkret aus?

Gemeinsam mit dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung haben wir beispielsweise unser Stipendienprogramm für angehende Hochschullehrerinnen und -lehrer aus Subsahara-Afrika seit 2015 durch eintausend zusätzliche Stipendien erheblich ausweiten können. Junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben zudem nun die Möglichkeit, für vier Wochen nach Deutschland zu kommen, um neueste Forschungsergebnisse kennenzulernen und ihr internationales Netzwerk auszubauen. Wir ermöglichen ihnen darüber hinaus vor Ort Fortbildungen zur aktiven Nutzung kostenfreier digitaler Bibliotheken.

Die Elemente der „Agenda 2030“ kommen ideal in den bereits erwähnten SDG-Graduiertenkollegs zusammen. Hochschulen aus dem globalen Süden und aus Deutschland kooperieren interdisziplinär und international. Sie arbeiten zu zentralen SDGs wie etwa den Auswirkungen des Klimawandels auf die Nahrungssicherheit im östlichen Afrika oder zur Frage des Umgangs mit ungleichen Besitzverhältnissen im Andenraum.

Diese beiden neuen Förderprogramme sind bei der jungen Zielgruppe und bei den Hochschulen auf eine enorme Nachfrage gestoßen. An vielen Dutzend Universitäten, vor allem in Afrika, wird heute besser unterrichtet und geforscht. Hunderte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler arbeiten nun intensiv zusammen. Wir sind sehr froh, dass wir diese Unterstützung anbieten können. Aber wir hoffen, dass dies erst der Anfang ist. Wollen wir die SDGs tatsächlich erreichen, wird das nur mit bahnbrechenden Innovationen und mit einem deutlichen Ausbau der internationalen Wissenschaftskooperation möglich werden.

Interview: Benjamin Haerdle (5. Juli 2018)