HOPES-Programm: Syriens Zukunft im Blick

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Stipendiat Ahmad Shaklab: "Es gibt ein kulturelles Erbe, auf das man aufbauen kann"

Ahmad Shaklab musste Syrien wegen des Bürgerkriegs verlassen – und absolviert mit Hilfe des HOPES-Programms in Kairo einen Master in Architektur und Stadtplanung. Er träumt davon, eines Tages den Wiederaufbau seiner Heimat mitzugestalten. 

Als Ahmad Shaklab noch ein Jugendlicher war, besuchte er regelmäßig seine Großmutter im alten Teil von Homs, der drittgrößten Stadt in Syrien. Sein Weg dorthin führte durch enge Gässchen, in denen sich ein kleiner Laden an den nächsten reihte. Über die zahlreichen Märkte hallten die Rufe der Händler und Käufer. Historische Gebäude wechselten sich mit Neubauten ab. Dann kam der Krieg und zerstörte den alten Teil der Stadt. 

Ahmad Shaklab musste – wie so viele – die Stadt verlassen. Zusammen mit seiner Familie zog er nach Kairo in Ägypten. Eines Tages jedoch will er zurückkommen. „Wenn der Krieg vorbei ist, will ich beim Wiederaufbau von Homs helfen“, sagt der 28-Jährige. Und er hat nicht nur den festen Willen dazu, sondern in den vergangenen Jahren auch ganz konkrete Ideen entwickelt, wie man den Wiederaufbau gestalten könnte. Denn zu diesem Thema hat er an der Ain-Schams-Universität in Kairo seine Masterarbeit verfasst.  

Zugang zur Hochschulbildung

Seinen Bachelorabschluss in Architektur machte Shaklab in Syrien. Auf dem Weg zu seinem Master half ihm das Programm HOPES (siehe Infobox unten). Das vom Madad Fund der Europäischen Union geförderte Projekt, bei dem der DAAD Konsortialführer ist, unterstützt unter anderem syrische Flüchtlinge in den Nachbarländern und anderen arabischen Ländern der Region beim Zugang zur Hochschulbildung. Ausgewählte Studierende erhalten eine monatliche Förderung, die ihre Lebenshaltungskosten abdeckt. „Das ist eine große Hilfe“, sagt Shaklab. „Mein Masterstudium hätte ich sonst so nicht absolvieren können.“

Für seine Masterarbeit nutzte er den Vergleich mit dem Wiederaufbau einer arabischen beziehungsweise einer westlichen Stadt: Beirut und München. In Beirut sei es gelungen, innerhalb von nur wenigen Jahren wieder für wirtschaftlichen Wohlstand zu sorgen. Dafür wurde die Innenstadt von Grund auf neu gebaut. „So hatten viele Leute das Gefühl: Das ist nicht mehr meine Heimat, sondern nur die Heimat von Investoren“, sagt Shaklab. In München hingegen sei es sehr gut gelungen, auch die historischen Gebäude der Vorkriegszeit wieder aufzubauen – das habe sich aber mehr als zwei Jahrzehnte lang hingezogen. 

Der frühere Charakter einer Stadt

Generell wichtig für den erfolgreichen Wiederaufbau einer Stadt sei es, unterschiedliche Dimensionen zu berücksichtigen, so Shaklab: soziale, kulturelle, wirtschaftliche und städtebauliche Aspekte. Mit Blick auf die Kultur sei es beispielsweise bedeutend, sich auch an der früheren Architektur zu orientieren. „Es gibt ein kulturelles Erbe, auf das man aufbauen kann“, sagt der junge Syrer. Dieses Erbe finde sich beispielsweise in früheren Marktplätzen, Moscheen oder Kirchen wieder. „Sie sind Teil der Identität der Menschen vor Ort. Deswegen sollten sie auch Teil der wiedererrichteten Stadt sein.“ 

Ein weiterer Aspekt, der Shaklab wichtig ist: Die Menschen vor Ort sollen bestimmen, wie der Wiederaufbau ablaufen soll – und nicht Investoren. „Die Stadt muss außerdem ein Haus für alle religiösen Gruppen sein“, betont er. Zudem sei es stets sinnvoll, zunächst die Ressourcen, die es vor Ort noch gibt, zu nutzen, beispielsweise Gebäude, die nicht so stark zerstört wurden, wiederaufzubauen. Auch das trage dazu bei, den früheren Charakter einer zerstörten Stadt wiederherzustellen.  

Neuanfang nach Katastrophen

Shaklab blickt noch weiter: „Es gibt bislang nur wenige Studien, die sich mit dem städtischen Wiederaufbau nach Katastrophen beschäftigen“, erzählt er. „Insbesondere auf Arabisch sind nicht viele verfügbar.“ Seine Arbeit könnte insofern auch eine Hilfe für kommende Studien sein.

Ahmad Shaklab muss nun noch seine Abschlussarbeit verteidigen. Danach würde er gerne einen PhD machen, um am Thema Wiederaufbau weiterzuarbeiten – und dann, so seine Hoffnung, eines Tages selbst beim Wiederaufbau seiner Heimatstadt mithelfen.

Hendrik Bensch (20. März 2018)

Update 28. Mai 2019: Ahmad Shaklab hat seine Abschlussarbeit mittlerweile erfolgreich verteidigt und arbeitet in Kairo.

Das Förderprogramm

HOPES (Higher and Further Education Opportunities and Perspectives for Syrians)

Zugang zur Hochschulbildung – das ermöglicht das Projekt HOPES syrischen Flüchtlingen und benachteiligten Studierfähigen aus den Aufnahmeländern der Geflüchteten. HOPES unterstützt sie durch Beihilfe zum Lebensunterhalt und übernimmt die Studiengebühren. Gefördert wird das Projekt vom Madad Fund der Europäischen Union, der ins Leben gerufen wurde, um die Folgen der anhaltenden Krise in Syrien zu mildern und einen späteren Wiederaufbau zu unterstützen. Das Projekt ist im April 2016 gestartet und läuft noch bis Ende 2019. In dieser Zeit sollen 400 bis 600 Vollstipendien vergeben werden. Bereits jetzt fördert HOPES etwa 400 Studierende, zehn weitere haben ihr Studium schon abgeschlossen. Das Projekt wird neben dem DAAD als Konsortialführer von drei weiteren europäischen Institutionen getragen: dem British Council, Campus France und EP-NUFFIC aus den Niederlanden.