Leibniz-Preise für DAAD-Alumni: Professor Eicke Latz im Porträt

DFG/David Ausserhofer

Eicke Latz: "Es ist zentral für das wissenschaftliche Vorankommen, dass exzellente Forscher aus aller Welt miteinander Ideen kochen"

Im Dienst der Gesundheit: Professor Eicke Latz, Direktor des Instituts für Angeborene Immunität an der Universität Bonn, erhält als einer der weltweit führenden Köpfe in der Grundlagenforschung zur Immunabwehr den Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG).

Als junger Mediziner arbeitete Eicke Latz in Afrika. Dort starben viele Menschen an der HIV-Infektion, die damals nur symptomatisch behandelt werden konnte. Eicke Latz wollte als Arzt helfen, aber die Situation war aussichtslos. „Viele Menschen waren an HIV erkrankt, es gab keine Aufklärung, keine Medikamente, und die meisten Patienten sind an Aids gestorben“, erinnert er sich. „Mir wurde klar, dass ich alle Kraft in eine Arbeit steckte, die keine Wirksamkeit entfaltete, dass nicht das Grundproblem der Erkrankung behandelt wurde und Infektionen durch mangelnde Aufklärung nicht verhindert wurden – das war für mich eine harte und prägende Erfahrung.“

Hoffnung in der Intensivmedizin

Um dem Gefühl der Machtlosigkeit etwas entgegenzusetzen, widmete sich Eicke Latz von Ende der 1990er-Jahre an der Intensivmedizin – auf den besten intensivmedizinischen Stationen in Berlin und Paris. Er wollte alles lernen. Es war das Gegenprogramm zu den Erfahrungen in Afrika. „Mit Hilfe der modernen Gerätemedizin konnten wir wenigstens einen Großteil der Patienten am Leben erhalten“, sagt der engagierte Wissenschaftler. Doch warum die Patienten zum Beispiel eine Sepsis hatten – eine Überreaktion des Körpers auf die Bakterien –, das lag im Dunkeln. „Wir hatten von den molekularen Mechanismen der Angeborenen Immunität im Grunde noch wenig Ahnung.“

Goldgräberstimmung in den USA

Eicke Latz gab sich nicht zufrieden mit den besten Möglichkeiten der Intensivmedizin: Er wollte die Black Box öffnen und verstehen. Mit einem DAAD-Stipendium ging er 2001 als Postdoktorand bewusst nach Massachusetts, in die seinerzeit weltweit wichtigste Forschungsschmiede zur Angeborenen Immunität – zuerst an die Boston University, dann an die University of Massachusetts Medical School, wo er zwölf Jahre als Professor an der vordersten Front dieser Forschung blieb. „Damals entdeckte man die entscheidenden Rezeptoren des angeborenen Immunsystems und es herrschte eine Art Goldgräberstimmung.“

Wissenstransfer nach Europa

„Die molekularen Mechanismen der angeborenen Immunabwehr begann man erst allmählich zu verstehen“, erklärt Eicke Latz. Für diese Anfänge ging 2011 der Nobelpreis für Medizin an drei Immunologen. Eicke Latz war da schon ein Jahr an der Universität Bonn – und baute mit dem neuesten Wissen das europaweit erste Institut für Angeborene Immunität auf. Das Bonner Institut bildet heute die inspirierende internationale Atmosphäre ab, in der Eicke Latz auch in den USA gearbeitet hat. „Es ist zentral für das wissenschaftliche Vorankommen, dass man Nationen zusammenbringt und dass exzellente Forscher aus aller Welt miteinander Ideen kochen“, betont der Leibniz-Preisträger. Viele Publikationen zu bahnbrechenden Entdeckungen zu Entzündungsreaktionen kommen heute aus dem Bonner Nukleus um Eicke Latz, zuletzt − im Januar 2018 − eine Studie, die alarmierende Erkenntnisse über den Zusammenhang von Fastfood und aggressiven Entzündungen aufzeigte.

Appell zur Aufklärung

Für Eicke Latz schließt sich hier der Kreis seiner Laufbahn, die in Afrika begann: „Jetzt müssen wir dringend auch wieder an Aufklärung denken“, meint der Top-Forscher, der im Herz ein Helfender geblieben ist. Er will die mit dem Leibniz-Preis verbundene Fördersumme auch für mehr Wissenschaftskommunikation einsetzen. „Die Fettleibigkeitskrise aufgrund von Fastfood-Ernährung ist ein weltweites Problem. Jetzt wissen wir zudem, dass diese problematische ‚westliche Diät‘ Immunreaktionen auslöst, den Menschen innerlich entflammt und krank macht.“

Bettina Mittelstraß (19. März 2018)