„DAAD-Lektoren berichten aus…“: Abidjan – Sigurd Jennerjahn

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Gefragter Lehrer: Sigurd Jennerjahn unterrichtet auch an der Université Alassane Ouattara in Bouaké

Seit 2014 unterrichtet DAAD-Lektor Sigurd Jennerjahn in der Elfenbeinküste, sowohl in der Hauptstadt Abidjan als auch in Bouaké im Landesinneren. Das Interesse an der deutschen Sprache wächst – und die Vorstellung von Deutschland wandelt sich.

Das Bild Deutschlands in der Elfenbeinküste ist vielschichtig. „Deutschland gilt als die potenteste Ökonomie Europas“, sagt Sigurd Jennerjahn, der seit 2014 als DAAD-Lektor in der Hauptstadt Abidjan tätig ist. „Gleichzeitig glauben viele Schüler und Studenten, dass Deutsche verschlossen sind und Vorurteile gegenüber Fremden haben.“ Doch Jennerjahn erzählt auch von den Deutsch-Klubs an Schulen und Hochschulen der Elfenbeinküste. Dort treffen sich Deutschlernende, um sich über Deutschland auszutauschen. „Diese Klubs arbeiten daran, dass sich das Image langsam wandelt“, sagt Sigurd Jennerjahn.

Hoher Bedarf an Deutschlehrern

Am Fachbereich Germanistik der Université Félix Houphouët-Boigny in Abidjan hält Jennerjahn pro Woche sechs bis acht Lehrveranstaltungen: je eine Vorlesung über Ästhetik und Didaktik sowie Seminare zur Literaturwissenschaft und zur deutschen Landeskunde. Die Studierenden, die er unterrichtet, sind zum Teil sehr jung; an der Elfenbeinküste kann der Wechsel von der Schule zur Universität schon mit 16 Jahren erfolgen. Das westafrikanische Land war bis 1960 französische Kolonie; Französisch ist die Amtssprache. Auch hat die Republik Côte d’Ivoire, so der offizielle Landesname, Grundlinien des französischen Bildungssystems übernommen. „Dazu gehört, dass die Schüler nach Englisch ab der neunten Klasse Spanisch oder Deutsch als zweite Fremdsprache lernen“, sagt Sigurd Jennerjahn. Der Bedarf an Deutschlehrern sei daher hoch, wenngleich Deutsch als schwierige Sprache mit hartem Klang gelte.

DAAD-Lektoren berichten aus: Abidjan – Sigurd Jennerjahn

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Im Gespräch mit Studierenden: Das Interesse wächst

Außer in Abidjan hält Jennerjahn mehrmals im Jahr in der Stadt Bouaké im Landesinneren Seminare. Die Elfenbeinküste ist nicht die erste Auslandsstation des DAAD-Lektors. Er studierte in Berlin Geschichte, Anglistik und Ethnologie und war für ein Erasmus-Semester in der irischen Stadt Cork. Schon als Student begann er, am Goethe-Institut und an anderen Sprachschulen Deutsch zu unterrichten. Es folgten ethnologische Feldforschungen in Brasilien, dem Land, in dem er auch seine Frau kennenlernte, die übrigens heute an der Universität in Abidjan Portugiesischkurse gibt. Später war Sigurd Jennerjahn in Brasilien als Sprachassistent tätig und von 2008 bis 2012 DAAD-Lektor in Belém do Pará, einer Stadt im Norden des Landes.

Motivierte Studierende

Abidjan hat Sigurd Jennerjahn angenehm überrascht. „Eine kosmopolitische Stadt“, sagt er. „Die Straßenkriminalität ist nicht so stark ausgeprägt wie etwa in vielen lateinamerikanischen Städten, und ich kann mich auch zu Fuß frei bewegen.“ An der Universität schätzt er die Motivation der Studierenden. Allerdings seien die meisten nicht daran gewöhnt, lange Texte oder gar Bücher zu lesen. „Das liegt auch daran, dass es aufgrund der politischen Unruhen der vergangenen Jahre kaum gut ausgestattete öffentliche Bibliotheken gibt.“ Während des Bürgerkrieges und der darauffolgenden Krisen, die bis 2011 andauerten, habe bisweilen monatelang gar kein Unterricht an Hochschulen stattgefunden.

Derzeit ist aber ein ruhiger Lehrbetrieb möglich. Viele Studierende interessieren sich für einen Auslandsaufenthalt. Aufgrund der Geschichte des Landes gehen viele junge Ivorer an Hochschulen in Frankreich oder im frankophonen Teil Kanadas. Wenn er in Abidjan und Bouaké über DAAD-Stipendien informiert, bemerkt Sigurd Jennerjahn jedoch auch ein sehr großes Interesse an Deutschland. Und schon heute gibt es regen Austausch zwischen den DAAD-Alumni in der Elfenbeinküste und in benachbarten westafrikanischen Staaten. „Erst kürzlich trafen sich 100 ehemalige DAAD-Stipendiaten in Abidjan“, erzählt Jennerjahn, der das Alumni-Treffen mit organisierte. „Sie wollen sich weiter vernetzen.“

Josefine Janert (8. Dezember 2017)

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