GUC: Studieren in Ägypten – nach deutschem Vorbild

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12.000 Studierende lernen an der German University in Cairo nach dem Modell deutscher technischer Universitäten

Die German University in Cairo (GUC) ist ein außerordentliches Beispiel Transnationaler Bildung (TNB). 12.000 Studierende lernen dort nach dem Modell deutscher technischer Universitäten. Für viele ist die Hochschule ein Sprungbrett zu einer internationalen Karriere.

Die German University in Cairo (GUC) vergleicht Professor Ashraf Mansour gerne mit einem sechsspurigen Highway. „Wir sind viel mehr als nur eine Hochschule“, sagt er. „Wir bieten neben Bildung und Forschung auch Anwendung, Unterstützung für die deutsche Industrie in Ägypten, wirtschaftliche Zusammenarbeit und kulturelle Aktivitäten.“ Wenn Ashraf Mansour über die GUC spricht, spürt man seine Begeisterung für dieses innovative Vorhaben, das in Zusammenarbeit mit den Universitäten Ulm, Stuttgart und Tübingen aufgebaut worden ist. „Wir hatten eine Vision“, sagt er. „Aber dass sie bis heute eine solche Sogwirkung entwickelt, das hätten wir uns damals nicht träumen lassen.“

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Etwa jeder zehnte der Absolventinnen und Absolventen der GUC arbeitet später in einem deutschen Unternehmen

In diesem Jahr feiert die private ägyptische Universität, an der Studierende in 72 auch in Deutschland akkreditierten und anerkannten Studiengängen Abschlüsse machen können, ihr 15-jähriges Bestehen. Dabei sei die Vision, das betont Ashraf Mansour gerne, schon viel älter. „1994 haben wir die Idee entwickelt, ein Curriculum aufgesetzt und Fächer nach deutschem Vorbild entworfen, die es bis dahin nirgendwo gab“, erzählt er. „Im Jahr 2001 konnten wir den Grundstein legen und erhielten 2002 mit dem Präsidialerlass sozusagen unsere Geburtsurkunde. Als wir die Hochschule im Jahr 2003 eröffneten, waren wir die erste deutsche Integrierte Universität der Welt – also eine Universität im Ausland, die sowohl Bachelor- und Masterstudiengänge als auch PhD-Programme nach deutschem Vorbild anbietet.“ Ein Aufenthalt an den Partneruniversitäten Ulm, Stuttgart und Tübingen gehört für die meisten Studierenden dazu, etwa jeder zehnte der Absolventinnen und Absolventen arbeitet später in einem deutschen Unternehmen. Die Federführung der binationalen Partnerschaft liegt bei der Universität Ulm.

Pionierin Transnationaler Bildung

Für den Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) gilt die Hochschule als eine Pionierin Transnationaler Bildung „made in Germany“. Hier wird nach dem Modell deutscher technischer Universitäten unterrichtet; fachliche Schwerpunkte sind Ingenieurwissenschaften, angewandte Naturwissenschaften, Pharmazie und technisch orientiertes Management. Der DAAD unterstützt die Universität Ulm seit 2001 im Rahmen des Programms „Studienangebote deutscher Hochschulen im Ausland“ aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Ebenfalls aus Mitteln des BMBF wird das Projekt seit 2015 über das Programm „Transnationale Bildung – Förderung binationaler Hochschulen“ unterstützt; gefördert wird aktuell der Aufbau einer nachhaltigen Forschungszusammenarbeit mit der GUC. Seit 2006 stellt der DAAD der GUC zudem Stipendien aus Mitteln des Auswärtigen Amts zur Verfügung.

Zur Feier des Jubiläums reiste eine hochrangige Delegation der DAAD-Führung im Oktober 2017 nach Kairo. „In den vergangenen 15 Jahren hat sich die GUC als Modellprojekt für die gesamte Region entwickelt. Sie steht für Qualität und Stabilität, sogar in schwierigen Zeiten“, sagte DAAD-Präsidentin Professor Margret Wintermantel beim Festakt in Kairo. „Die Programme der GUC zeichnen sich dadurch aus, dass sie höchste akademische und wissenschaftliche Standards mit praktischer Relevanz und konkreter Ausrichtung auf die Erfordernisse des Arbeitsmarktes kombinieren.“

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Jubiläumsfeier in Kairo: DAAD-Generalsekretärin Dorothea Rüland, Heidrun Tempel, Beauftragte im Auswärtigen Amt für Außenwissenschafts-, Bildungs- und Forschungspolitik und Auswärtige Kulturpolitik, der ägyptische Minister für Hochschulbildung, Khaled Abdel-Ghaffar, und GUC-Gründer Ashraf Mansour (v.l.n.r.)

Die deutschen Partnerhochschulen Ulm, Stuttgart und Tübingen tragen seit der Gründungsphase zum akademischen Profil der GUC bei; auch die Universität Mannheim und die HGB Leipzig sind hieran beteiligt. Neben dem fortlaufenden Austausch von Studierenden und Lehrenden kommen talentierte Studierende aus Ägypten an die drei deutschen Universitäten, um dort an Master- und Promotionsprogrammen teilzunehmen.

Wichtige Brückenfunktion

„Ein derartiges Projekt lebt von motivierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die mit ihrem persönlichen Einsatz ein solches Projekt vorantreiben“, sagt DAAD-Generalsekretärin Dr. Dorothea Rüland. „Durch das Engagement aller Akteure gelingt es – auf beispielhafte Art und Weise für die gesamte MENA-Region –, viele talentierte Nachwuchsakademikerinnen und -akademiker auszubilden, die eine starke Bindung an Deutschland und die deutschen Partnerhochschulen entwickeln. Als Multiplikatoren geben sie diese Nähe an zukünftige Studierendengenerationen weiter und übernehmen damit eine wichtige Brückenfunktion zwischen Ägypten und Deutschland.“

Fast 14.000 Studierende haben bislang ihren Abschluss an der GUC erworben. Aktuell studieren dort etwa 12.000 junge Männer und Frauen. Die Hochschule selbst hat in den vergangenen Jahren fünf verschiedene Förderprogramme etabliert, um jedem exzellenten Studierenden unabhängig von Herkunft und finanziellem Hintergrund ein Studium ermöglichen zu können. „Wir wollen, dass es auf die Leistung ankommt, nicht auf den sozialen Hintergrund“, sagt Mansour. „Wir wollen die Besten. Die finanziellen Mittel dürfen kein Hindernis sein.“ 52 Prozent der Studierenden der GUC erhalten Unterstützung, jeder zweite ein Exzellenz-Vollstipendium.

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Die GUC stehe für Qualität und Stabilität, sogar in schwierigen Zeiten, sagte DAAD-Präsidentin Margret Wintermantel beim Festakt in Kairo

Akram Abdellatif ist einer von ihnen – und der erste ägyptische Astronaut überhaupt. Dabei hatte der heute 29-Jährige einst eine staatliche Schule besucht. In Ägypten ist damit der akademische Weg normalerweise schon sehr klar vorgezeichnet. Doch für Akram Abdellatif sollte es anders kommen: Er machte im Jahr 2010 seinen Bachelor an der Fakultät für Ingenieurwesen und Informatik der GUC und lernte dort Deutsch. Für sein Masterstudium zog es ihn 2009 an die Partneruniversität Stuttgart, wie viele seiner Studienkollegen. Inzwischen ist er Doktorand der TU München und soll laut Ashraf Mansour schon bald das erste Mal ins All aufbrechen.

Plattform für Austausch

Auch Universitätsgründer Ashraf Mansour erhielt einst Unterstützung bei seinem akademischen Werdegang: 1992 wurde er als DAAD-Stipendiat an der Universität Ulm im Fach Polymerphysik promoviert, die Habilitation erfolgte ebenfalls dort. „Bei meiner Rückkehr nach Kairo hätte ich am liebsten die Universität Ulm mitgenommen“, erzählt er. Die Methode in der Arbeitsgruppe seines Doktorvaters, Experimente mit theoretischen Modellen eng zu verzahnen, inspirierte ihn und prägte seine eigene Auffassung von erfolgreicher Wissenschaft. Die Gründung der GUC war sein Traum – im Jahr 2012 hat Mansour einen weiteren Traum verwirklicht: die Gründung des GUC-Campus Berlin, der Studierenden die gleichen englischsprachigen Studiengänge wie in Kairo anbietet und gleichzeitig als Plattform für internationalen akademischen, wissenschaftlichen und kulturellen Austausch fungiert.

Allein rund 1.000 GUC-Studierende zieht es jedes Jahr nach Berlin. Um sie optimal auf das Studium an einer deutschen Hochschule vorzubereiten, bietet die Universität in Kairo Sprachkurse an. 5.500 Studierende lernen hier jedes Jahr Deutsch – etwa jeder fünfte besucht das sogenannte „Track to Germany“-Programm, das Sprachkurse auf hohem Niveau für den Aufenthalt in Deutschland anbietet.

„Unsere Studierenden lernen in den von uns entwickelten Fächern Fähigkeiten, die für Deutschland, Ägypten und die ganze Welt wichtig sind“, sagt Mansour. „Deutsch zu können ist dabei eine Qualifikation, die wir sicherstellen müssen.“ Nach dem Abschluss zieht es viele der Absolventen nach Deutschland, vor allem aufgrund der guten Perspektiven in der Industrie. Damit ist Deutschland das beliebteste Zielland – noch vor Großbritannien und den USA.

Sarah Kanning (5. Dezember 2017)